Kids fragen Finnlands Regierung in einem Info-Event über Covid-19 aus

Erstmals hat ein finnischer Ministerpräsident, in diesem Fall eine Ministerpräsidentin, eine Pressekonferenz abgehalten, bei der die Journalisten mit ihren Fragen Schulkinder waren. Sanna Marin und ihre Kolleginnen wandten sich nämlich direkt an die Kids des Landes.

Wegen der Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 haben fast alle finnischen Schulkinder seit Mitte März 2020 Fernunterricht und sind zu Hause beim Online-Unterricht eingeloggt. Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Artikels würde die frühestmögliche Rückkehr in die Schulgebäude Mitte Mai stattfinden.

Die meisten Kinder sind es mittlerweile gewohnt, an Videokonferenzen teilzunehmen und Hausarbeiten online einzureichen. Viele Lehrer aber gaben ihren Schülern am 24. April 2020 einen einzigartigen Auftrag; sie forderten sie dazu auf, sich in eine Pressekonferenz einzuschalten, um sich Ministerpräsidentin Sanna Marin, Bildungsministerin Li Andersson und Ministerin für Wissenschaft und Kultur Hanna Kosonen anzuhören.

Dies war nicht irgendein Medienereignis, denn die Journalisten, die dort per Videolink Fragen stellten, waren Kinder.

Es handelte sich hier um die erste Pressekonferenz der finnischen Regierung für Kinder. Kinder konnten hören, wie Reporter in ihrem Alter die Bedenken äußerten, die die Gemüter der mehr als eine halbe Million Schulkinder in Finnland beschäftigen.

Und die Ministerinnen schauten direkt in die Kamera und standen Rede und Antwort.

Fragen in unseren Köpfen

Im YLE-Studio gaben Emma und Aaron nach Beendigung der Pressekonferenz zu, dass sie etwas nervös gewesen seien, der Ministerpräsidentin im nationalen Fernsehen Fragen zu stellen. In der Überschrift auf dem Bildschirm heißt es: „Die Ministerinnen beantworten Fragen von Kindern.“Foto: ThisisFINLAND.fi

Die Pressekonferenz fand auf Finnisch und Schwedisch statt, den beiden Hauptamtssprachen Finnlands, und wurde auch simultan in finnische Gebärdensprache übersetzt.

Sieben Kinder als Vertreter verschiedener Medien stellten Fragen. Emma und Aaron saßen im „Galaxi“-Studio von YLE, der Finnischen Fernseh- und Rundfunkanstalt, während Valdemar und Nuutti im Auftrag von „Lasten uutiset“ (Kindernachrichten), einer Abteilung der Tageszeitung „Helsingin Sanomat“, von zu Hause die Ministerinnen ins Kreuzfeuer nahmen.

Die Themen reichten von „Wann können wir wieder zurück in die Schule gehen?“ und „Werden wir diesen Sommer in den Vergnügungspark gehen können?“ bis zu „Wann können wir unsere Großeltern und andere ältliche Verwandte wieder besuchen?“ und „Was können wir tun, wenn wir uns aufgrund der Situation gestresst oder verängstigt fühlen?“

Zweifellos schauten auch viele Eltern und Großeltern interessiert zu. Schließlich haben auch sie die Fragen ihrer Kinder beantworteten müssen, zudem sind einige der Fragen allgemeingültig, ganz egal welches Alter.

„Wie lange wird es wohl dauern, bis Corona vorbei und alles wieder normal ist“, fragte ein Mädchen namens Ia.

Andersson antwortete: „Das ist eine sehr gute Frage, die Ia da gestellt hat, aber es ist auch sehr schwer, sie zu beantworten … Wir in der Regierung glauben, dass wir das Coronavirus wahrscheinlich ziemlich lange im Auge behalten müssen. Und die gemeinsam festgelegten Regeln darüber, wie wichtig es ist, sich die Hände zu waschen, Abstand zu anderen Menschen zu halten und die Großeltern nicht persönlich zu besuchen … da glauben wir, dass wir diese Regeln in Finnland für eine ganze Weile befolgen müssen, auch im Herbst noch.“

Aufeinander eingehen

”Während der Live-Sendung beantwortet die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin die Fragen eines Mädchens namens Iiris, während ein anderes Schulkind zu Hause dabei zuschaut. In der Überschrift auf dem Bildschirm heißt es: „Die finnische Regierung spricht über die Coronakrise.“Foto: ThisisFINLAND.fi

Die letzte Frage kam von Aaron von YLE: „Was kann ich für Finnland tun?“

Ministerpräsidentin Marin antwortete: „Natürlich ist es im Moment die wichtigste Aufgabe der Kinder, mit dem Fernunterricht Schritt zu halten, um sicherzustellen, dass sie weiter lernen, auch wenn diese Schule nicht so ist, wie wir sie gewohnt sind. Und natürlich ist es sehr wichtig, mit Verwandten, Freunden und anderen Menschen in Kontakt zu bleiben. Ich glaube, dass viele Großeltern sehr glücklich sind, wenn jemand anruft und fragt, wie es so geht und ihr ihnen sagt, was bei euch los ist.“

Andersson erklärte: „Ihr macht schon sehr viel. Wir wissen, dass Fernunterricht nicht die einfachste Sache der Welt ist … Eine andere Sache, die ihr tun könnt und die ich für sehr wichtig halte, ist, dass ihr euch nicht nur um eure Großeltern, sondern auch um eure Freunde kümmert. Wenn du bemerkt, dass du lange nicht mehr mit einem deiner Klassenkameraden gesprochen hast oder wenn jemand etwas niedergeschlagen zu sein scheint oder nicht wie gewohnt am Fernunterricht teilgenommen hat, ist es eine absolut gute Idee, Kontakt aufzunehmen und zu fragen, ob alles in Ordnung ist und ob du helfen kannst.“

„Wir können einander aufmuntern“, fügte Kosonen hinzu. „Das ist sehr wichtig, wie Sanna und Li es auch gesagt haben. Eine kleine Nachricht an einen Freund oder ein Anruf bei einem Freund oder zu einem Großelternteil … Das war eine großartige Frage.“

Zurück ins YLE-Studio: Nach der Pressekonferenz diskutierten Emma und Aaron, wie es gelaufen war. „Was habt ihr von den Antworten der Ministerinnen gehalten“, fragte „Galaxi“-Moderatorin Jasmin Beloued.

„Ich habe die Dinge ziemlich gut verstanden“, erwiderte Emma. „Sie drückten sich sehr direkt darüber aus, wie die Dinge stehen und was man tun darf und was nicht … Ich war enttäuscht, dass wir unsere Großeltern für eine Weile nicht besuchen können.“

Von Peter Marten, April 2020