Finnische Backtradition vereinigt Zimt, Zucker, Kardamom und Liebe

Es schmeckt göttlich, passt hervorragend zu Kaffee oder Tee und ist Teil der finnischen Gesellschaftsstruktur. Wer das Beste erleben möchte, was Finnland zu bieten hat, muss unbedingt Korvapuustis probieren.

Wir werden euch mit drei salbungsvollen Wörtern bombardieren; eines davon ist auf Finnisch: omnipräsent, essenziell und „korvapuusti“. Letzteres ist die Bezeichnung der Finnen für ihre ganz speziellen Zimtschnecken, die mit einer Prise Kardamom gewürzt sind.

„Omnipräsent“ und „essenziell“ sind Bezeichnungen, die Blogger gerne zur Beschreibung von Korvapuustis verwenden (auf Schwedisch, das ebenfalls eine Amtssprache in Finnland ist, heißen sie „örfil“). Die Wahl der Adjektive lässt darauf schließen, dass das leckere Gebäck ganz wie der Kaffee in Finnland allgegenwärtig und unerlässlich ist.

Es ist so beliebt, dass im Supermarkt auf praktisch jeder Tüte Mehl ein Korvapuusti-Rezept steht. In finnischen Haushalten werden sie oft als Wochenendschleckerei selbst gemacht. (Wir listen einen unserer Lieblingsrezept-Links am Ende dieses Artikels auf.) Für unerwartete Gäste verkaufen Läden auch gefrorene Varianten, die in den Ofen getan werden können und das Haus mit dem gleichen göttlichen Duft von Frischgebackenem erfüllen.

Professionellen Bäckern zufolge besteht das Geheimnis der perfekten Korvapuustis darin, ausreichend Zucker und Butter zu verwenden. Zur Abrundung wird Hagelzucker auf das Gebäck gestreut.

Verliebt in ein Gebäck

Dieser Schub von Korvapuustis von Helsinki Homemade besitzt eine eher unkonventionell gerollte Form.Foto: Mari Storpellinen

Lustigerweise bedeuten sowohl „korvapuusti“ als auch „örfil“ wörtlich übersetzt „Ohrfeige“. Warum aber hat das heißgeliebte Hefegebäck einen anscheinend so unerquicklichen Namen?

„Der Name kommt von der üblichen Form des Gebäcks, das zwei diametral entgegengesetzten Ohren ähnelt“, sagt Arja Hopsu-Neuvonen, Entwicklungsdirektorin bei Martat, einer finnischen Hauswirtschaftsorganisation, die 1899 gegründet wurde.

Es gibt jedoch auch andere Variationen der Korvapuustis, bei denen die Form des Ohrs aufgegeben worden ist, die Zutaten und Handwerkskunst aber gleich geblieben sind.

„Korvapuustis können auch in Form eines Kuchens schmecken“, meint Thomas Backman, Inhaber des Cafés Succès im zentralen Helsinkier Stadtteil Ullanlinna. Sie verkaufen sogar einen Korvapuusti-Zwieback, einen getrockneten, Keks-ähnlichen Snack. „Wir versuchen, unsere Auswahl an Korvapuusti-Nebenprodukten zu erweitern, da Korvapuustis unser Bestseller sind.“ Ihre Korvapuustis sind ein Spitzenreiter bei den Helsinkiern und berühmt für ihre überdurchschnittliche Größe.

Ein weiterer beliebter Ort für Korvapuusti-Fans ist Helsinki Homemade, eine Handwerksbäckerei im Stadtviertel Töölö. Sie stützt sich auf alte finnische Traditionen, frisch gemahlenen Filterkaffee aus Kaffeetassen mit Untertassen. Die glücklichen Anwohner erzählen, wie luxuriös es ist, zum Duft von frisch gebackenen Korvapuustis aufzuwachen.

„Die ganz besondere Zutat der Korvapuustis ist Liebe“, findet Klaus Ittonen, der keine Mühen scheut, auf die Tränendrüse zu drücken. Er ist Helsinki Homemades Mitbegründer und Bäcker und begann mit dem Verkauf von Korvapuustis und Karelischen Pasteten an Touristen, ehe er zusammen mit Kátia Corrêa die Bäckerei gründete.

„Die Korvapuustis müssen mit Liebe gemacht werden, um richtig zu werden“, sagt Ittonen. „Es klingt ein bisschen albern, aber so ist es nun mal.“

Langjähriger Liebling

Die Ursprünge der Korvapuustis können wenigstens bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgt werden.Foto: Taru Rantala/Vastavalo/Visit Finland

Versionen der Korvapuustis erfreuen den finnischen Gaumen seit dem 18. Jahrhundert.

„Weizengebäck kam im 18. Jahrhundert aus Deutschland über Schweden nach Finnland, war aber zunächst nur für die Oberschicht zugänglich“, erzählt Hopsu-Neuvonen. „Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatten die Korvapuustis dann auch die Küche des einfachen Volkes erreicht.“

Der Fortschritt gestaltete sich jedoch nur graduell: „Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Zutaten leichter verfügbar waren, wurden sie so richtig populär.“

Sobald die Korvapuustis ihren Weg in die Münder aller Finnen gefunden hatten, gab es kein Stoppen mehr; sie wurden zum bleibenden Liebling des Landes. Seit Mitte der 2000er Jahre ist dem Gebäck ein eigener offizieller Korvapuusti-Tag (ein Zimtschnecken-Tag) gewidmet, der am 4. Oktober gefeiert wird.

Die Schaffung einer besseren Welt

Die finnische Sprache besitzt eine spezielle Bezeichnung für Kaffee mit Hefegebäck: „pullakahvit“ (wörtlich übersetzt: Brötchen-Kaffee); Klaus Ittonen von Helsinki Homemade liebt das Wort.Foto: Mari Storpellinen

Für diejenigen, die die Kunst der Korvapuustis lernen wollen, organisiert Helsinki Homemade Back-Workshops. Ittonen ist eifrig bestrebt, diese finnische Delikatesse weit und breit bekanntzumachen. Bereit für eine weitere finnische Vokabel?

„ ‚Pullakahvit‘ ist das schönste Wort der Welt“, behauptet Ittonen, der den finnischen Begriff für Kaffeegenuss mit süßem Hefegebäck (wörtlich: ‚Brötchen-Kaffee‘) verwendet. In vielen Fällen ist dieses Gebäck ein Korvapuusti.

Ja, es stimmt: Die Finnen lieben ihren Kaffee und Korvapuusti so sehr, dass es dafür tatsächlich ein besonderes Wort gibt.

Aus wirklicher Leidenschaft für das, was er tut, sieht Ittonen Pullakahvit in einem ziemlich philosophischen Licht.

„Es stellt den Höhepunkt des Tages dar, ein Genuss, der Erinnerungen an die Kindheit zurückbringt. In diesem Zeitraum zählt man keine Kalorien. Guter Kaffee gepaart mit einem hausgemachten Korvapuusti lässt die Welt zu einem besseren Ort werden.“

Veganer Geschmack

Mehrere Orte in Helsinki offerieren auch vegane Varianten der Korvapuustis.

„Die Milch kann durch Hafermilch oder einfach nur Wasser ersetzt werden und die Butter durch pflanzliche Margarine“, erläutert Arja Hopsu-Neuvonen von der finnischen Hauswirtschaftsorganisation Martat. Und statt die Korvapuustis vor dem Backen mit einer Eimischung zu bestreichen, kann man ihnen mit geschmolzener Margarine den letzten Glanz verleihen.

Von Mari Storpellinen, September 2018