Freiwillige fördern finnische Festivals

Jedes Jahr, an einem Wochenende im Juli, verdoppelt sich die Bevölkerung der Stadt Joensuu, denn dann wird die nahe der finnisch-russischen Grenze liegende Stadt von Musikfans überlaufen, die zum Ilosaarirock-Festival pilgern. Freiwillige Helfer sind bei der Organisation dieser beliebten Veranstaltung nicht wegzudenken.

In der Woche vor dem Festival herrscht in der Laulurinne-Arena von Joensuu am Pyhäselkä-See Hochbetrieb. Hunderte von Helfern schuften wie besessen und bauen Konzertbühnen und Einrichtungen für Zehntausende von Festivalbesuchern auf. Ein Großteil dieser emsigen Arbeitskräfte sind unbezahlte Freiwillige.

Mehr als 2.000 Freiwillige helfen jedes Jahr bei der Durchführung des Ilosaarirock-Festivals. Die engagierten Helfer stechen während der gesamten Veranstaltung durch ihre unverwechselbaren T-Shirts hervor, die sie alle erhalten. Und wenn die Show vorüber ist, bleiben viele von ihnen noch, um alles wieder einzupacken und den hinterlassenen Unrat aufzuräumen.

Zwei Freiwillige haben sich in den Pausenraum von Ilosaarirock, der sich in einem Zelt befindet, zurückgezogen, um eine wohlverdiente Tasse Kaffee zu trinken.Foto: Tiina Haring/Keksi

Die finnische Sprache hat ein Wort für „Freiwilliger: „vapaaehtoinen“. Aber es gibt auch das spezielle Wort „talkoot“ für ein Ereignis, bei dem Nachbarn, Dorfbewohner oder Kollegen zusammenkommen, um eine größere Arbeit gemeinsam zu verrichten. Dabei kann es sich um die Säuberung eines Geländes um ein Wohnhaus handeln, die Sanierung eines örtlichen Schulhofs oder halt darum, ein Musikfestival überhaupt möglich zu machen. Ilosaarirock und Dutzende anderer Festivals im ganzen Land sind von der lebendigen Tradition der „talkoot“ abhängig, um sicher zu sein, dass die Veranstaltung im Ganzen reibungslos abläuft.

Hilfe, wo Hilfe benötigt wird

Die ersten Freiwilligen begegnen den Festivalbesuchern gleich am Einlasstor zum Veranstaltungsort. Sie sind mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut; so überprüfen sie die Festivalbändchen, die die Ticketinhaber ausweisen, und suchen in den Taschen und Beuteln der Besucher nach verbotenen Gegenständen wie Messer oder alkoholischen Getränken.

Ilosaarirock bemüht sich, ein grünes Festival zu sein. Die Freiwilligen helfen denn auch den Festivalbesuchern, den verschiedenen Müll in die richtigen Recycling- und Abfallbehälter zu sortieren

Ein Freiwilliger in einem orangefarbenen T-Shirt bindet einem kariert gekleideten Festivalbesucher ein Ilosaarirock-Eintrittsbändchen um. Foto: Tiina Haring/Keksi

Ilosaarirock wird seit 1971 veranstaltet. Es ist damit Finnlands zweitältestes Rockfestival. Aber nicht nur Rock, sondern auch viele andere Genre sowie Mainstream-Rock sind zu hören. Auf dem Programmzettel stehen finnische Stars wie Popsänger Antti Tuisku und Hip-Hop-Künstler Wange. Zahlreiche finnische Top-Metal-Bands wie Stam1na, Viikate und Apocalyptica gehören ebenfalls zu Ilosaarirocks Stammgästen.

Das Festival hat im Laufe der Jahre auch internationale Superstars angezogen, darunter Alice in Chains, der 2014 den Höhepunkt der Auftritte bildete, und im Jahr 2010 Faith No More. Höchstwahrscheinlich haben die freiwilligen Helfer den hungrigen Rockstars wie Faith No Mores Leadsänger Mike Patton das Essen gebracht.

Ein jährliches Highlight des Sommers

Viele Freiwillige arbeiten Jahr für Jahr fürs Ilosaarirock-Festival. Ada Eronen, 19, die Finnischlehrerin werden will, hilft zum fünften Mal auf dem Festival aus. In diesem Jahr serviert sie Getränke, davor war sie auch schon mal mit Reinigungsaufgaben betraut. „Das ist eine Sommertradition für mich“, sagt sie. „Es macht Spaß, hier zu arbeiten, denn hier tummelt sich eine große Menge von Menschen.“

Andy Johansen, 35, aus Dänemark, ist zum ersten Mal als helfende Hand beim Ilosaarirock mit von der Partie. Reinemachen und Recycling sind seine Aufgaben. Eigentlich arbeitet er als Sozialarbeiter in Helsinki. Weil er gegenwärtig in Vaterschaftsurlaub ist, hat er Zeit übrig, etwas freiwillige Arbeit zu verrichten. Obwohl er für seine Bemühungen nicht bezahlt wird, fühlt sich Johansen für diese freiwillige Arbeit angesichts der Vergünstigungen, wie freier Eintritt zum Festival, Unterkunft und Verpflegung, gut entschädigt. „Man erhält auch kostenlosen Kaffee und Tee, sofern man den eigenen Mug nicht vergisst“, schmunzelt er.

Auch Ada Eronen fühlt sich durch die Privilegien wie kostenlose Festivalbändchen motiviert mitzuhelfen, aber sie findet darüber hinaus, dass ihr freiwilliges Engagement ihr auch sinnvolle berufliche Erfahrungen beschert. „Ich habe eine offizielle Schankgenehmigung, aber um sie zu bekommen, braucht man bloß die Theorie lernen. Hier kann ich jedoch, was ich gelernt habe, in der Praxis austesten“, sagt sie. „Man kann hier auch lernen, wie man mit unbekannten Menschen umgeht.“

Von Jarkko Böhm, August 2016