Finnlands Pädagogik goes global

Eine Gruppe von finnischen Organisationen ist dabei, die vielgerühmte pädagogische Expertise des Landes in ein exportierbares, globales Wirtschaftsgut zu verwandeln.

Eine Gruppe von finnischen Organisationen ist dabei, die vielgerühmte pädagogische Expertise des Landes in ein exportierbares, globales Wirtschaftsgut zu verwandeln.

Die Finnen sind seit Langem stolz auf ihre pädagogische Kompetenz. Ihre breit publizierten, brillanten Ergebnisse im Programm zur internationalen Schülerbewertung (PISA) haben das Ansehen des finnischen Bildungssystems im Ausland noch erhöht. Der Verbund „Future Learning Finland“ (FLF) möchte nun finnische Bildungskompetenz und pädagogische Instrumente derart exportieren, dass ihr Nutzen in anderen Ländern zum Tragen kommt.

„Future Learning Finland“ wird von Finpro, einer Organisation für Handels- und Investitionsentwicklung, koordiniert. Unterstützt wird das Projekt auch von den Ministerien für Bildung und Kultur, Arbeit und Wirtschaft sowie auswärtige Angelegenheiten. Die 74 Mitglieder des Verbunds sind Universitäten, Berufsschulen, Stiftungen und Verbände. Unternehmen, insbesondere aus dem Bereich von Bildung und IKT, sind ebenfalls daran beteiligt, und das EduCluster Finnland, eine Organisation, die sich auf die Schaffung von Bildungskompetenz spezialisiert hat, spielt hierbei auch eine bedeutende Rolle.

Physisches und virtuelles Lernen

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Bildungsbotschafter: Projektmanager Niko Lindholm (links) und Projekdirektorin Eeva Nuutinen von Finpro engagieren sich für den Export von Bildungs-Know-how. Foto: Susanna Alatalo

„Future Learning Finland wurde im Zusammenhang mit der 2010 festgelegten Exportstrategie für das finnische Bildungsystem ins Leben gerufen“, sagt Eeva Nuutinen, Projektleiterin bei Finpro. „Finnland hatte bei der PISA-Studie gut abgeschnitten. Die Zielstrebung war nun zu ergründen, wie man diesen Erfolg vermarkten kann. Dabei stellte sich heraus, dass Finnlands Expertise grosses Marktpotenzial besitzt.“

„Den Bildungsexport als Exportbranche gab es vor drei Jahren in Finnland noch nicht. Er besteht erst seit der Einrichtung dieses Programms.“ Nuutinen weist darauf hin, dass der Bildungsexport meist mit dem Degree-Business assoziiert werde. Das sei aber bei Finnland nicht der Fall, deshalb habe es beim Bildungsexport einen anderen Weg einschlagen müssen.“

Doch was hat es nun mit diesem Know-how auf sich, und noch entscheidender, wie kann man es in andere Länder transferieren? Die Lehrerausbildung und vor allem die Entwicklung der beruflichen Ausbildung sowie IKT und gewerbliche bzw. akademische Qualifizierungen öffentlicher und privater Hand bilden wichtige Aspekte. „Wir exportieren nicht im eigentlichen Sinne Qualifizierungen, sondern wir entwickeln Bildungseinrichtungen, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind“, sagt Nuutinen. „Bildungsberatung findet ebenfalls statt. Das Bildungsniveau und der Bedarf eines Landes oder einer Region werden dabei ausgelotet und überlegt, wie sie weiterentwickelt werden können.“ Dabei stehen sowohl physische als auch virtuelle Lernumgebungen zur Debatte.

Gesellschaft im rasanten Umbruch

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IKT ist einer der Sektoren, den Future Learning Finland mit seiner Werbung für Finnlands Bildungskompetenz erreichen möchte. Foto: Riitta Supperi/Team Finland

IKT ist einer der Sektoren, den Future Learning Finland mit seiner Werbung für Finnlands Bildungskompetenz erreichen möchte.div>

FLF ist bei Veranstaltungen wie Foren, Seminaren und Roadshows mit von der Partie. Die Organisation ist wichtig Bedeutung, um bestimmte Segmente wie etwa IKT zu identifizieren bzw. Zugang zu ihnen zu finden. Die Medien vor Ort tragen dabei zur erhöhten Sichtbarkeit bei. Der Brückenschlag verläuft in beide Richtungen: Delegationen besuchen Finnland, und es gibt finnische Exportförderungsreisen ins Ausland.

Nuutinen bezeichnet Saudi-Arabien als momentan wichtigstes Marktgebiet für den FLF. Die massive Reform, die dort stattfindet, schliesse auch erhebliche Investitionen in Bildung ein. Finnland könne bei der Weitergabe von Fachwissen im Bereich der Bildung als auch der bildungsbezogenen Infrastruktur eine Rolle spielen. „Wenn etwa ganze Schulen gebaut werden sollen“, sagt Nuutinen. „dann haben wir in Finnland Architekturbüros, die Schulen planen, und Baufirmen (die sie bauen). Dem FLF sind auch Unternehmen angeschlossen, die eine geeignete Inneneinrichtung und Schulausstattung liefern können.“

Neben dem Persischen Golf gehören Russland, China und möglicherweise Hongkong zu den Regionen, auf die die finnischen Bildungsprofis ihr Augenmerk richten. Im Februar 2013 fand in Saudi-Arabien die jährliche Internationale Fachmesse und Forum für Bildung (IEFE) statt. Für Finpro-Projektleiter Niko Lindholm ist sie von erheblicher Bedeutung für die großangelegte finnische Bildungsförderung. Eine Reihe von Geschäftsabschlüssen wurden besiegelt, und Finnland weckte unübersehbare Aufmerksamkeit bei der Veranstaltung.

„Als die Saudis im Zuge ihrer Reform mit der Suche nach Standorten pädagogischer Kompetenz begannen, entpuppten sich Finnland, Singapur und Südkorea als Gesellschaften, die sich am rasantesten von Produktionsgesellschaften zu Informationsgesellschaften gewandelt hatten“, sagt Lindholm.

Eines der zahlreichen FLF-Mitgliedsunternehmen, die an der IEFE teilnahm, ist 10monkeys.com, ein auf dem Gebiet der Mathematik tätiges Internetunternehmen. Geschäftsführerin Katri Björklund bezeichnete die Veranstaltung als sehr gewinnbringend für ihre Firma, die mit einem örtlichen saudi-arabischen Vertreter einen Vertrag abschliessen konnte. „Als kleines Unternehmen war es toll, die Unterstützung einer Organisation wie Future Learning Finland zu haben, und damit vertrauenswürdig zu wirken“, sagt Björklund.

FLF ist auf drei Jahre angelegt. Dannach wird geprüft, ob das Projekt weiterläuft. „Wir sind momentan dabei, uns darüber Gedanken zu machen, wie das finnische Bildungssystem 2018 aussehen wird“, sagt Nuutinen. „Die Industrie wird (bis dahin) wohl kaum ausgedient haben, selbst wenn es bei diesem Projekt der Fall sein sollte.“

Es scheint passend, dass Future Learning Finland denn auch das Motto gewählt hat: „Wir sehen eine brillante Zukunft voraus.“

Von Annika Rautakoura, April 2013