Finnland würdigt und fördert die Pressefreiheit und ihre Rolle in der Demokratie

Der Tag der Pressefreiheit, der jährlich am 3. Mai stattfindet, mahnt die Menschen auf der ganzen Welt, dass freie, unabhängige Medien für eine gut funktionierende Demokratie unabdingbar sind. Am selben Tag erscheint auch die weltweite Rangliste der Pressefreiheit. 2022 rangiert Finnland auf Platz fünf.

Studien zeigen, dass die Menschen in Finnland ihren Nachrichtenmedien vertrauen, die zu den freiesten in der Welt gehören. Hinter dieser Errungenschaft steckt eine lange Geschichte, und es erfordert Wachsamkeit sowie Anstrengung, die Pressefreiheit zu bewahren.

 „Freie, unabhängige Medien werden nicht von einer externen Macht wie einer Regierung, einem Unternehmen oder Werbeträger gesteuert“, sagt Mervi Pantti, Professorin für Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Helsinki. „Sie dürfen die Machtträger kritisch unter die Lupe nehmen, die Wahrheit sagen und als Wachhund fungieren.“ (Anmerkung: Viele Links in diesem Artikel sind auf Englisch.)

Finnland steht in Sachen Pressefreiheit ganz oben

Eine riesige elektronische Werbefläche an einem Gebäude.

Als sich die Präsidenten der USA und Russlands 2018 in Helsinki trafen, publizierte Finnlands größte Tageszeitung, „Helsingin Sanomat“, auf Englisch und Russisch eine herausstechende Werbung mit der Botschaft: „Herr Präsident, willkommen im Land der freien Presse.“
Foto: Aleksi Tuomola/Lehtikuva

Reporter ohne Grenzen (bekannt unter der französischen Abkürzung RSF) stuft Finnland in seiner weltweiten Rangliste der Pressefreiheit (World Press Freedom Index), die jährlich im Zusammenhang mit dem Tag der Pressefreiheit publiziert wird, unter den Spitzenplätzen ein. Das Bewertungssystem umfasst fünf Kriterien: politischer Kontext, Rechtsrahmen, wirtschaftlicher Kontext, soziokultureller Kontext und Sicherheit.

Seit der Erstveröffentlichung der Rangliste 2002 hat sich Finnland in Bezug auf die Pressefreiheit immer wieder unter die besten Länder der Welt eingereiht. Finnland war mehr als zehn Mal die Nummer eins (manchmal teilte es sich den Platz mit anderen Ländern) und rutschte bislang nie unter den fünften Platz. In der Ausgabe 2022 der Rangliste liegt Finnland auf Platz fünf: An der Spitze wird es von drei weiteren nordischen Ländern begleitet, wobei Norwegen den ersten Platz, Dänemark den zweiten und Schweden den dritten sowie Estland den vierten Platz belegt.

„Finnland gehört zu den wenigen Ländern, in denen die Medien wirklich frei sind“, heißt es im Finnland-Informationspaket, das den Ergebnissen von 2022 beigefügt ist.

Solche Ergebnisse reflektieren und bestärken das große Vertrauen in die finnischen Medien. Eine 2021 durchgeführte Studie der Oxford-Universität und des Reuters-Instituts ergab, dass 65 Prozent der Finnen ihren Nachrichtenmedien mehr als jedes andere Land vertrauen.

Die Medienszene

Ein Screenshot von einem Telefon zeigt ein Podcast-Logo und Buttons für Wiedergabe, vorwärts und rückwärts.

„All Points North“ ist ein wöchentlicher englischsprachiger Nachrichten-Podcast der nationalen Rundfunkanstalt YLE.
Screenshot von der YLE-Areena-App

Lesern, Hörern und Zuschauern in Finnland wird ein großes, vielfältiges Medienangebot offeriert. Es gilt dabei vor allem auch zu beachten, dass selbst der vom Steuerzahler finanzierte öffentlich-rechtliche Sender YLE politisch, finanziell und redaktionell unabhängig ist.

„Die Finnen haben eine große Auswahl an Medien“, meint Salla Nazarenko, Expertin für internationale Angelegenheiten bei der finnischen Journalistengewerkschaft. „Wir haben die öffentlich-rechtliche Medienanstalt YLE, die eine besondere Mission in der Gesellschaft zu erfüllen hat und gesetzlich geregelt ist. Wir haben auch einen tragfähigen, kommerziellen Mediensektor, einschließlich regionaler Zeitungen und Radiosender. Es gibt auch gemeinnützige Organisationen, die ausgeprägten Journalismus unterstützen.“

Zu YLEs Mission gehört, dass der Sender „ein Dienstleistungsträger für das gesamte Land“ ist. YLE gilt als eine der populärsten Nachrichtenquellen. Die Medienanstalt produziert TV-, Radio-, Streaming-, Podcast- und Online-Inhalte in Sprachen wie Finnisch, Schwedisch, Samisch (die alle offiziellen Status in Finnland haben) sowie Englisch, Russisch und Ukrainisch.

„Helsingin Sanomat“ ist Finnlands größte Tageszeitung; zudem gibt es im ganzen Land auch zahlreiche größere und kleinere Lokalzeitungen von Städten und Regionen. Zwei beliebte Boulevardzeitungen, „Ilta-Sanomat“ und „Iltalehti“, buhlen um die Aufmerksamkeit der Leser. „MTV3“ und „Nelonen“ sind große kommerzielle Rundfunkanbieter, während Radio Nova und Radio Suomipop zu den beliebtesten kommerziellen Radiosendern gehören. Die größte schwedischsprachige Zeitung ist „Hufvudstadsbladet“, die sich im Besitz einer gemeinnützigen Organisation befindet.

Eine freie Presse ist Teil der Demokratie

Ein Arbeiter stapelt Zeitungsbündel auf der Ladefläche eines Lastwagens.

Arbeiter beladen 1929 in Helsinki einen Lastwagen mit frischen Exemplaren der schwedischsprachigen Tageszeitung „Hufvudstadsbladet“.
Foto: Eric Sundström/Helsinkier Stadtmuseum

Hochqualifizierte, unabhängige Journalisten sind notwendig, um qualitativ hochwertige Inhalte zu produzieren. Sie sind imstande, über Entwicklungen zu berichten, statt bloß zu wiederholen, was Entscheidungsträger sagen. Journalisten müssen sich sicher fühlen, wenn sie Politiker, Wirtschaftsführer und sogar ihre eigenen Chefs infrage stellen. Gleichzeitig bedeutet Macht die Übernahme von Verantwortung: Reporter müssen transparent sein und die Grundsätze eines fairen, ethischen Journalismus befolgen.

Die Bürger brauchen freie, unabhängige Medien, um zu wissen, was tatsächlich in der Welt passiert, was für eine gut funktionsfähige Demokratie von entscheidender Bedeutung ist.

„In einer Demokratie müssen die Bürger in der Lage sein, fundierte Entscheidungen zu treffen“, sagt Pantti. „Wir haben in Finnland eine gute Erziehung zur Medienkompetenz. Schulen lehren, wie die Medien funktionieren und wie Nachrichten produziert werden. Medienbesitz, die Wirkung von Werbung und der Einsatz von Propaganda sind ebenfalls Unterrichtsthemen. Eine informierte Bürgerschaft bildet das Rückgrat einer Demokratie.“

Meinungsfreiheit für die gesamte Gesellschaft

Ein Kind liest eine Zeitung.

Medienkompetenz beginnt früh: „Helsingin Sanomat“ publiziert in seinen Papier- und Online-Versionen einen Nachrichtenteil für Kinder.
Foto: Heikki Saukkomaa/Lehtikuva

Finnland besitzt eine mehr als ein Jahrhundert alte Tradition verfassungsrechtlich verankerter Meinungsfreiheit, und insbesondere in den letzten Jahrzehnten hat sich die Pressefreiheit kräftig entwickelt. In der modernen Fassung des Grundgesetzes steht: „Jeder hat das Recht auf freie Meinungsäußerung“, und es wird präzisiert, dass dies „das Recht auf die Äußerung, Verbreitung und den Erhalt von Informationen“ umfasst.

Derselbe Abschnitt des Grundgesetzes stellt auch die Verfügbarkeit von Informationen sicher: „Jeder hat das Recht auf Zugang zu öffentlichen Dokumenten und Aufzeichnungen.“ Dadurch wird Transparenz an der Quelle und in den Medien geschaffen.

„Wir haben es hier ziemlich gut“, sagt Yrsa Grüne-Luoma, Präsidentin des Ablegers von RSF in Finnland. „Man kann kritische Fragen stellen, die die Entscheidungsträger nicht hören wollen. RSF verteidigt nicht nur die Pressefreiheit, sondern auch die Redefreiheit für die gesamte Gesellschaft.“

Alle drei für diesen Artikel interviewten Personen machen sich Sorgen um die zunehmende Konzentration kommerzieller Medien und ihr Streben nach Profit zu Ungunsten der Nachrichten.

Rechte wie die Pressefreiheit müssen gepflegt und geschützt werden. Auf der ganzen Welt versuchen führende Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik weiterhin, die Presse zu beeinflussen.

„In den letzten zehn Jahren herrscht weltweit ein wachsender Trend zum Autoritarismus und zu populistischen Regimen“, sagt Pantti. „Die Gefahren für eine freie Presse wachsen, und die Dinge können sich sehr schnell ändern.“

In einer Erklärung zur weltweiten Rangliste der Pressefreiheit 2021 sagte RSF-Generalsekretär Christophe Deloire, dass „Journalismus der beste Impfstoff gegen Desinformation ist“ und „das wirksamste Mittel darstellt, sicherzustellen, dass die öffentliche Debatte auf einem breiten Spektrum etablierter Fakten basiert.”

Von David J. Cord, Mai 2022