Finnische KI für die reale Welt

Künstliche Intelligenz ist nicht nur Science-Fiction. Diese finnischen Projekte beinhalten KI, um drängende Probleme im Hier und Jetzt zu lösen.

Künstliche Intelligenz erhält viele Schlagzeilen, aber ein Großteil des Scheinwerferlichts ist auf Anwendungen gerichtet, die entweder hypothetisch oder nicht sehr nützlich sind.

Während Programme, die Schach spielen, durchaus interessant sind, gibt es auch KI-Anwendungen, die reale Probleme lösen. Hier werfen wir einen Blick auf einige der zahlreichen finnischen KI-Projekte, die daran arbeiten, eine bessere Welt zu schaffen.

„Bitte einsteigen“ am Optimal Airport

Ein Bodendienstangestellter am nordfinnischen Flughafen Kittilä lenkt ein Finnair-Flugzeug zu seinem angewiesenen Stellplatz.
Foto: Otto Ponto/Lehtikuva

Der finnische Flughafenbetreiber Finavia und das Beratungsunternehmen Fourkind haben sich zusammengetan, um am Flughafen Kittilä in Lappland ein Problem zu lösen. Kittilä ist ein kleiner Flughafen mit nur 12 Flugzeugstellplätzen. Im Winter landen jedoch täglich bis zu 58 Flüge voller Touristen, die den einzig wahren Weihnachtsmann sehen möchten, der im finnischen Lappland lebt. Ein einziges verspätetes Flugzeug könnte einen Schneeballeffekt auslösen und Dutzende anderer Flüge beeinträchtigen.

Finavia und Fourkind haben mithilfe von KI eine einzigartige Lösung gefunden, um den optimalen Platz für das Parken jedes Flugzeugs zu bestimmen. Das System arbeitete den besten Stellplatz für jedes Flugzeug aus, indem es alle verfügbaren Daten wie Passagierzahl, Ankunftszeit und Busse in Betracht zog, die erforderlich sein könnten, um Passagiere von der Rollbahn zu den Gates zu bringen. Die Situation kann sich jedoch im Laufe des Tages ändern, so kann KI denn auch ihre Planung in Echtzeit revidieren, um die Änderungen mit einzubeziehen.

Kittilä konnte die flughafenbedingten Verspätungen um 61 Prozent senken und allein in einem Monat Kosten in Höhe von einer halben Million Euro einsparen. Sogar die Emissionen verringerten sich, da Flugzeuge seltener Kreise über dem Flughafen ziehen mussten, weil sie auf einen verfügbaren Stellplatz warteten.

Alle Farben des Regenbogens und mehr

Avocado-Kunst: Spexel.ai hat ein Zusatzmodul für Smartphones, mit dem man Bilder mit einem viel breiteren Farbspektrum knipsen kann. KI analysiert dann die Daten und kann dadurch möglicherweise sogar sagen, wann eine Avocado reif ist.
Foto: Marjo Tynkkynen/Otavamedia/Lehtikuva

Ist die Avocado reif oder nicht? Das ist schwer zu beurteilen, da das menschliche Auge nur eine begrenzte Anzahl von Farben sieht. Wer 20.000 Euro übrig hat, kann ein hyperspektrales Bildgebungssystem kaufen, das prüft, ob die Avocados den richtigen Grünton haben.

Oder man wendet sich an Spexel.ai, ein Projekt, das an der Universität Helsinki entwickelt wird. „Wir verwenden ein einfaches Zusatzmodul, das an ein Mobiltelefon angeschlossen werden kann“, sagt Assistenzprofessor Arto Klami. „Die Bearbeitung erfolgt via KI in der Cloud.“

Die Forscher können ein breites Lichtspektrum analysieren, statt nur Rot, Grün und Blau, die normalerweise in der Bildgebung verwendet werden. Die von dem modifizierten Telefon aufgenommenen Bilder werden von KI analysiert, um eine Vielzahl von Farben zu ermitteln, die man sonst nicht sehen könnte.

„Für die Landwirtschaft ist das eine wichtige potenzielle Anwendung“, sagt Klami. „Zum Beispiel kann es genutzt werden, um Pflanzenkrankheiten oder die Fruchtbarkeit des Bodens zu erkennen oder um den Anbau von Pflanzenkulturen zu überwachen.“

Krebs finden ohne Messer

Die Ärzte des zentralen Helsinkier Universistätsklinikums wollten invasive Biopsien minimieren und baten deshalb um Hilfe bei der Diagnose von Prostatakrebs anhand von MRTs. Sie wandten sich an Top Data Science, ein junges Startup-Unternehmen, das KI-Technologie zur Lösung spezifischer Probleme bereitstellt. Der Algorithmus verwendete Beispiele früherer MRTs und Biopsien und lernte so, Krebs lediglich anhand von MRTs zu erkennen.

Richtiger Kraftstoff, richtiger Ort

Das Hafenterminal des nordeuropäischen Ölhandels in Oulu (die Ansammlung von Strukturen oben rechts) beherbergt Flüssigbrennstofftanks mit einem Fassungsvermögen von bis zu 67.000 Kubikmetern.
Foto: Hannu Vallas/Lehtikuva

Die nordfinnische Stadt Oulu verfügt über einen großen Betankungsterminal, der vielfältige Produkte des nordeuropäischen Ölhandels abwickelt. Die Herausforderung besteht nun darin, sicherzustellen, dass das komplizierte Be- und Entladesystem nicht dazu führt, dass Kraftstoffen wie Biodiesel versehentlich Benzin beigemischt wird.

Das Telekommunikationsunternehmen Telia Finland hat gemeinsam mit den Videospezialisten Finwe und FinCloud eine AI-basierte Lösung entwickelt. KI analysiert Videos der Verladearme, um sicherzustellen, dass der richtige Kraftstoff mit einer Zuverlässigkeit von 99 Prozent am richtigen Ort landet.

Erlösung für Büroangestellte

Noch heute bearbeiten viele Organisationen Dokumente von Hand. Das ist zeitaufwändig und teuer sowie langweilig für die Menschen, die Formulare, Rechnungen und Bestellungen hin- und herschieben müssen. Curious AI hat eine KI-Lösung entwickelt, mit der Dokumente nicht nur automatisch verarbeitet, sondern die Informationen auch in strukturierte Daten umgewandelt werden können.

Für das finnische Unternehmen sind zwei Denkweisen ersichtlich: schnelles, automatisches Erkennen von Mustern und gezieltes, methodisches Auffinden von Strukturen. Curious AI nutzt die zweite Methode, indem es tiefe neuronale Netze und Bayes’sche Inferenz kombiniert, wodurch statistische Wahrscheinlichkeiten aktualisiert werden, sobald mehr Informationen verfügbar sind.

Von David J. Cord, Dezember 2019