Bau einer noch besseren finnischen Schule

Die neue Saunalahti-Schule belegt, dass im finnischen Bildungswesen bessere Architektur zu besserer Schulbildung führt.

Die Saunalahti-Schule in Espoo, eine westlich gelegene Nachbarstadt Helsinkis, kann gleichsam als zukunftsweisendes Sinnbild für das finnische Bildungswesen gelten. Die Schule demonstriert, dass bessere Architektur zu besseren Schulerlebnissen verhilft.

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Mehr als bloß ein Ort für den Kunst-, Mathe- und Literaturunterricht: Die Saunalahti-Schule ist so konzipiert, dass sie den Schulkindern dient wie auch der sie umgebenden Wohngegend. Foto: Andreas Meichsner/Verstas

Die Saunalahti-Schule, die im Herbst 2012 ihre Pforten öffnete, wurde vom preisgekrönten Helsinkier Architektenbüro Verstas Architects gebaut. 750 Schüler, vom Vorschul- bis zum Teenager-Alter, werden hier unterrichtet. Das 10.000 Quadratmeter große Gebäude stieß auf unwahrscheinliche Resonanz und ist mittlerweile zum Wohnzimmer der gesamten Wohngegend avanciert.

„Das Gebäude wird optimal, fast rund um die Uhr, in Anspruch genommen“, sagt Schulleiterin Hanna Sarakorpi. „Es gibt viel Synergie, von der wir alle profitieren können.“

Die Schule sei nicht nur dazu gebaut worden, dort Kunst-, Mathe- und Literaturunterricht zu erhalten, sie sollte auch Fixpunkt dieses Teils von Espoo werden, erklärt Ilkka Salminen, der das Gebäude zusammen mit seinen Partnern bei Verstas, Väinö Nikkilä, Jussi Palva und Riina Palva, geplant hat.

Die Schulbibliothek ist abends der Öffentlichkeit zugänglich, und die Zusammenarbeit zwischen der Schule, der Kita und dem Jugendzentrum nimmt ständig zu.

Entschlüsselung des Erfolgsgeheimnisses

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Teile der Schule wie z. B. die Saunalahti-Bibliothek stehen abends der Öffentlichkeit zur Verfügung. Foto: Andreas Meichsner/Verstas

Das finnische Schulwesen, das von der internationalen Schulleistungsstudie der OECD (PISA) kontinuierlich als Spitzenreiter der internationalen Bildungssysteme eingestuft wird, bietet mehr als nur akademische Unterstützung. Medizinische und zahnärztliche Dienste sowie Beratungseinrichtungen stehen allen Schulen zur Verfügung und fördern das Wohlbefinden der Schüler.

Laut einem OECD-Bericht haben sich „finnische Schulen“ seit der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 „zu einer Art Touristenziel entwickelt“, denn Bildungsexperten und Politiker aus der ganzen Welt versuchen, „ihr Erfolgsgeheimnis“ zu lüften.

In den PISA-Studien der Jahre 2000, 2003 und 2006 stand Finnland in der Lesekompetenz, in Mathematik und in den Naturwissenschaften auf dem Spitzenplatz. Auch 2009 blieb das Land weiterhin unter den Top 10, wenn es auch in der Mathematik nur auf den sechsten, in den Naturwissenschaften auf den zweiten und im Lesen auf den dritten Platz gelangte. (Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels lagen die Ergebnisse von 2012 noch nicht vor. Sie werden am 3. Dezember 2013 veröffentlicht.)

Die Befähigung für den Lehrberuf in Finnland, selbst für die des Grundschullehrers, erfordert einen Hochschulabschluss. Das Lehramtsstudium an finnischen Universitäten genießt großes Ansehen. Daher ist die Zulassung zum Studium bekanntermaßen heiß umkämpft.

Unkonventionelles Klassenzimmer

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Das Baukonzept der Schule begünstigt eine unkonventionelle Unterrichtsumgebung und diverse Formen von Gruppenarbeit. Foto: Andreas Meichsner/Verstas

Zum Konzept der Saunalahti-Schule und ihres Unterrichts gehört auch das unkonventionelle Klassenzimmer, das neue Wege des Lernens erschließen soll, wobei der Schwerpunkt auf Zusammenarbeit liegt. So ermöglichen die Glaswände zwischen den Klassenzimmern den Schülern, in Gruppen zu arbeiten. Sie „wurden in erster Linie dazu gebaut, den pädagogischen Grundgedanken der Schule zu fördern“, sagt Salminen.

Es gibt auch Plätze, wo man für sich sein kann. Laut Sarakorpi macht es den Kindern Spaß, den weitläufigen Schulhof zu erkunden oder einfach nur auf den Fensterbänken zu sitzen und zu lesen.

„Manche Schüler fühlen sich in einem (traditionellen) Klassenzimmer nicht wohl“, sagt Salminen. „Jeder Innen- und Außenraum bietet einen möglichen Ort fürs Lernen.“

Die auf Workshops ausgerichteten Klassenräume besitzen Glastüren, die sich zu den benachbarten Schülergruppen hin öffnen, und es gibt genügend Freiraumangebote in den breiten Fluren, um dort zu sitzen, arbeiten und lernen. Mit anderen Worten unterstützt das Design das Lernen außerhalb der Klassenzimmer.

Inspirierende Architektur fördert das Lernen

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Die großen Fenster in der Saunalahti-Schule lassen möglichst viel Licht herein. Foto: Andreas Meichsner/Verstas

Alles begann 2008, als sich 13 Architekten von Verstas an die Planung der Schule machten. Mit dem Bau wurde 2010 begonnen; abgeschlossen war er dann 2012. Das Gebäude beflügelt seither Bildungs- und Kommunalinstitutionen.

Eine Seite des dreistöckigen Gebäudes verfügt über eine ausladende Glasfassade mit einem geschwungenen Holzdach darüber, das ein wenig wie eine Skipiste aussieht. Die Architekten mussten achtgeben, dass der Schulhof durch das Dach nicht schattig würde. Der gewölbte Glasbau beherbergt eine Kita, Vorschule, öffentliche Bibliothek und einen Jugendklub. Quadratische Fenster in verschiedenen Größen sind über eine wellenförmige Wand verstreut und überblicken den offenen Schulhof.

Die größte Herausforderung für die Schule seien der Budgetrahmen und die physischen Parameter gewesen, sagt Sarakorpi. Und was die Architekten anbelangt, sie wollten so viel Licht wie möglich in die Schule eindringen lassen, damit die Kinder möglichst viele Stunden Tageslicht hätten im dunklen finnischen Winter, wenn die Tage kurz und damit das genaue Gegenteil der weißen Nächte des nordischen Sommers sind.

Natürlich ist das innere Licht das Wichtigste. Der zentrale Kamin im Foyer bildet denn auch das Herzstück der Schule.

„Wir finden, dass inspirierende Architektur den Kindern einen positiven Antrieb fürs Heranwachsen und Lernen von Dingen gibt und die Lernstunden in begeisternde Erlebnisse verwandeln kann“, sagt Salminen.

Von Nadja Sayej, September 2013