In den letzten Jahren wurden weltweit mehr Bücher von finnischen Autorinnen veröffentlicht als je zuvor.
Wir haben uns mit Bibliothekaren und Literaturgesellschaften beraten, um eine Liste von bedeutenden Schriftstellerinnen der Gegenwart aus Finnland zusammenstellen zu können. Einige ihrer Karrieren erstrecken sich bereits über viele Jahrzehnte, während sich andere erst kürzlich mit Bestseller-Debüts einen Namen gemacht haben.
Für jede Autorin führen wir mindestens ein Buch auf. Um die Liste der Autorinnen einzugrenzen, haben wir uns auf Bücher beschränkt, die ab der Mitte der 2000er Jahre veröffentlicht worden und bereits zumindest in englischer Sprache verfügbar sind. Viele von ihnen sind auch in anderen Sprachen erschienen. Mit einer Ausnahme sind die Originale alle auf Finnisch oder Schwedisch, beides Amtssprachen in Finnland.
Inger-Mari Aikio
Inger-Mari Aikio ist Schriftstellerin und Übersetzerin, die auf Nordsamisch schreibt, eine der Sprachen der indigenen Samen, deren Heimat sich über Nordfinnland, Schweden, Norwegen sowie einen Winkel Russlands erstreckt. (Drei samische Sprachen werden in Nordfinnland gesprochen und haben dort den Status von Amtssprachen.)
Aikios Literatur durchforstet ihre Vorstellungen von authentischer samischer Identität und thematisiert kulturelle Andersheit und Geschlecht. Ihre zweisprachige Gedichtsammlung, die 2014 auf Nordsamisch und Finnisch unter dem Titel „Beaivváš čuohká gaba“ bzw. „Aurinko Juo Kermaa“ veröffentlicht wurde, enthält die Sprachen nebeneinander in einer Sammlung von haikuähnlichen, von der Natur inspirierten Versen. Damit die Leser ein ähnliches Zusammenspiel zwischen zwei Sprachen erleben können, wurde sie auf Deutsch und Englisch übersetzt („Sahne für die Sonne“ / „Cream for the Sun“, 2018).
Ein begleitendes Album, das zusammen mit dem Musiker Miro Mantere geschaffen wurde, ist auf Spotify erhältlich. Aikio liest eine Auswahl von Gedichten auf Nordsamisch und Mantere singt auf Finnisch zur Begleitung von Instrumentalmusik und Klängen aus der Natur.
Monika Fagerholm
Monika Fagerholm ist eine preisgekrönte, schwedischsprachige finnische Autorin. Ihr dritter Roman „Das amerikanische Mädchen“ (2008; Schwedisch: „Den amerikanska flickan“, 2004) erzählt die Geschichte eines Mädchens aus Coney Island, das nach seiner Ankunft in Helsinki in den 70er Jahren verschwindet. Der Krimi, der gleichzeitig eine feinfühlige Grübelei über weibliche Freundschaft darstellt, gewann 2005 den schwedischen August-Preis. „The Glitter Scene“ (2011; übers. Die Glitterszene, Swedisch: „Glitterscenen“, 2009) ist der zweite Band dieser Reihe.
Elina Hirvonen
Der Debütroman „Erinnere dich“ (2008; Finnisch: „Että hän muistaisi saman“, 2005) der Journalistin, Autorin und Dokumentarfilmerin, Elina Hirvonen, handelt von einer Journalistin, die nach den Anschlägen vom 11. September über ihr Leben und das ihres Bruders nachsinnt. Ein enorm nachdenklich machendes Buch. Es enthüllt den Prozess, den eine Frau durchlebt, wenn sie beschließt, ihre eigenen Erinnerungen zu erforschen. Hirvonen hat seither weitere Romane veröffentlicht und Dokumentarfilme gedreht.
Emmi Itäranta
Emmi Itäranta beendete ihren ersten Roman „Der Geschmack von Wasser“ (2014; Finnisch: „Teemestarin kirja“, 2012), als sie noch an der britischen Universität von Kent für einen MA in kreativem Schreiben studierte. Sie schrieb den Roman erst auf Englisch und übersetzte ihn dann auf Finnisch. Auf diese Weise schloss sie das Buch gleichzeitig auf Finnisch und Englisch ab. „Der Geschmack von Wasser“ ist eine Geschichte des Erwachsenwerdens. Sie spielt in einer Zukunftswelt, in der Süßwasser knapp wird. Rezensenten haben Itäranta mit Margaret Atwood verglichen, und „Der Geschmack von Wasser“ gewann ihr 2013 den Kalevi-Jäntti-Literaturpreis für junge Autoren und den Jung-Aleksis-Kivi-Preis 2012.
Katja Kettu
Katja Kettu ist Kolumnistin, Animationsfilm-Regisseurin und Autorin von „Wildauge“ (2014; Finnisch: “Kätilö“, 2011). Inspiriert von den dem wahren Leben entnommenen Geschichten der Großeltern erzählt Kettus historischer Roman die wilde Liebesgeschichte einer im abgelegenen Lappland arbeitenden Hebamme und eines deutschen Offiziers im Zweiten Weltkrieg.
Rosa Liksom
Die Bildende Künstlerin, Illustratorin und Schriftstellerin, Rosa Liksom, gewann 2011 mit „Abteil Nr.6“ (2013; Finnisch: „Hytti nro 6“, 2011) den prestigeträchtigen Finlandia-Preis. Liksoms Literatur konzentriert sich häufig auf die Unterschiede zwischen dem Leben in der Stadt und in der Zurückgezogenheit. „Abteil Nr. 6“ ist eine Ode an die dahinsiechende Sowjetunion.
Laura Lindstedt
Laura Lindstedts noch nicht auf Deutsch übersetzter zweiter Roman „Oneiron“ (2015; Englisch: „Oneiron“, 2018) gewann 2015 den Finlandia-Preis. In dem Buch experimentiert Lindstedt mit der Kombination verschiedener Literaturgattungen, einschließlich Poesie und Essays, um das Konzept des Lebens nach dem Tod zu erkunden. Sie erzählt die Geschichte von sieben Frauen, die sich nicht kennen und in einem Raum treffen, in dem es keine Zeit gibt. Gemeinsam rekonstruieren sie ihr Leben, um die Ereignisse aufzuspüren, die zu ihrem Tod geführt haben. Acht Jahre arbeitete Lindstedt an der komplexen Geschichte, die von Rezensenten aus aller Welt Lob erhielt.
Ulla-Lena Lundberg
Im Alter von 15 Jahren veröffentlichte Ulla-Lena Lundberg ihre erste Gedichtsammlung. Seitdem hat die schwedischsprachige Finnin Prosa über Orte geschrieben, an denen sie gelebt hat. Sie wurde auf Kökar im autonomen, zwischen Finnland und Schweden gelegenen finnischen Åland-Archipel geboren. Andere Schauplätze sind Botswana, Sambia, Kenia, Tansania und Sibirien. Ihr Roman „Eis“ (2014; Swedish: „Is“, 2012) gewann 2012 den Finlandia-Preis. „Eis“ spielt auf den Ålandinseln nach dem Zweiten Weltkrieg und erzählt die Geschichte eines Pfarrers, der sich in das abgelegene Inselleben verliebt. Die finnische Nationaloper hat das Buch für die Bühne bearbeitet. Die Oper wurde im Januar 2019 uraufgeführt.
Sofi Oksanen
Die in Finnland als Tochter eines finnischen Vaters und einer estnischen Mutter geborene Autorin, Sofi Oksanen, gilt als kulturelle Kommentatorin, die ausgiebig über Frauenrechte, Redefreiheit und Einwanderung geschrieben hat. Mit Übersetzungen in mehr als 40 Sprachen ist Oksanen Finnlands meistverkaufte lebende Schriftstellerin. Ihr bekanntester Roman, „Fegefeuer“ (2010; Finnisch: „Puhdistus“, 2008), erzählt das Leben der Frauen einer estnischen Familie von den 1930er bis zu den 1990er Jahren. „Die Sache mit Norma“ (2017; Finnisch: „Norma“, 2015) handelt von einer Mutter, die darum kämpft, das übernatürliche Geheimnis ihrer Tochter zu bewahren.
Riikka Pulkkinen
Riikka Pulkkinen ist eine ehemalige Athletin mit Romanen, die in rund 20 Sprachen übersetzt worden sind. Ihr zweiter Roman „Wahr“ (2012; Finnish: „Totta“, 2010) dreht sich um drei Generationen von Frauen, von denen die älteste die Diagnose Krebs im Endstadium erhält. Die elegant geschriebene Story ist voller scharfer Feststellungen zu Familien, Geschlecht und Tod.
Salla Simukka
Die Übersetzerin, Literaturkritikerin und Autorin, Salla Simukka, ist am bekanntesten für ihre Jugendkrimi-Trilogie, „So rot wie Blut“ (2014; Finnisch: „Punainen Kuin Veri“, 2013), „So weiß wie Schnee“ (2015; Finnish:Valkea kuin lumi, 2013) und „So schwarz wie Ebenholz“ (2015; Finnisch: „Musta kuin eebenpuu“, 2014). Die Bücher verfolgen das Leben eines jungen Mädchens, das aus ihrem Zuhause in der mittelwestfinnischen Stadt Tampere flieht, nachdem jemand, der im internationalen Drogenhandel verstrickt ist, ihr nachsetzt. Simukkas Schreibstil hat zu Vergleichen mit Jo Nesbø und Stieg Larsson geführt.
Anja Snellman
Anja Snellman ist Kolumnistin und Fernsehmoderatorin. Ihre Karriere als Autorin umspannt drei Jahrzehnte, in denen sie 24 Romane verfasst hat. Ihre Bücher wurden in 20 Sprachen übersetzt. „Pet Shop Girls“ (2013; übers. Die Mädchen der Tierhandlung, Finnisch: „Lemmikkikaupan tytöt“, 2007) ist das erste Snellman-Buch, das ins Englische übersetzt wurde. Der spannungsreiche Roman über eine vermisste Jugendliche nimmt besonders das Thema der Mutter-Tochter-Beziehungen auf.
Maria Turtschaninoff
Maria Turtschaninoff schreibt Fantasy-Romane wie die Buchreihe „The Red Abbey Chronicles“ (Die Chroniken des roten Klosters), zu der „Maresi: das Lied der Insel“ (2016; Schwedisch: „Maresi“, 2014) und „Naondel“ (2017; Schwedisch: „Naondel“, 2016) gehören. In einer isolierten Abtei, die nur von Frauen bewohnt wird, verbinden sich Feminismus mit Mythologie. Turtschaninoff gewann 2014 mit „Maresi: das Lied der Insel“ den Finlandia-Juniorenpreis für Jugendliteratur und Kinderliteratur. Zum Zeitpunkt des Schreibens wird dieses Buch vom britischen Film4 zu einem Film umgesetzt.
Alljährlich am 8. März wird der Internationale Frauentag gefeiert.
Von Tabatha Leggett, Februar 2019
Wir danken dem Samen-Rat; der Gesellschaft der schwedischen Literatur in Finnland; dem finnischen Zentrum für Literaturexport; und Frag einen Bibliothekar, Dienst von Libraries.fi für ihre Empfehlungen.