Der frühere Journalist Veli Holopainen, der sich selbst als Wanderer in den dunklen Gassen der finnischen Sprache bezeichnet, unterhielt kürzlich seine Twitter-Anhänger mit der Hervorhebung von finnischen Verben, die auf tierischen Nomen basieren (sein Handle ist @VeliHolopainen).
Seinem Leitgedanken zufolge sollte der Name des Tieres „in der Infinitivform des Verbs erscheinen“. So enthält „jänistää“ (den Mut verlieren, kalte Füße bekommen) das Wort „jänis“ (Hase), „pyytää“ (bitten, jagen) das Wort „pyy“ (Haselhuhn), einen in Finnland beliebten Wildvogel, und „pukata“ (etwas wie im Fußball mit dem Kopf stoßen) leitet sich von „pukki“ (Ziege) ab.
Es gibt übrigens einen finnischen Fußballstar namens Teemu Pukki. Man könnte also sagen, ”Teemu Pukki pukkasi palloa” (Teemu Pukki köpfte einen Ball).
Komplexe Ableitungen
Zwangsläufig hat die tierische Seite des Finnischen auch ihre Komplexität. „Aufgrund der Präsenz der Natur im finnischen Alltag möchte man sagen, dass finnische Verben und Tiernamen dieselbe Etymologie haben, aber das ist nicht immer der Fall“, sagt Professorin Ulla-Maija Forsberg, Direktorin des Instituts für Finnlands Sprachen.
Ihr zufolge hat das Finnische im Vergleich zu anderen Sprachen möglicherweise mehr Homonyme – also Wörter, die den gleichen Stamm oder die gleiche Schreibweise, aber unterschiedliche Bedeutungen haben – als Wörter, die eine ähnliche Schreibweise und Bedeutung haben.
„In der finnischen Sprache gibt es viele abgeleitete Wörter, sodass wir von einem Stamm eine Fülle von Wörtern mit unterschiedlichen Bedeutungen erhalten“, so Forsberg. „Aus diesem Grund scheint es so, als ob diese tierischen Wörter verwandt seien.“
Nicht täuschen lassen
In Wahrheit stammt „varistaa“ (fallen lassen, verlieren) nicht von „varis“ (Krähe), die Quelle des Verbs „hirvittää“ (entsetzen) ist nicht mit „hirvi“ (Elch), und „porottaa“ (glänzen, scheinen) ist nicht mit „poro“ (Rentier) verwandt. Dennoch sollte man sich nicht davon abhalten lassen zu sagen: „Aurinko porottaa“ (Die Sonne scheint).
Lassen Sie sich auch nicht von Verben wie „kanavoida“ oder „emuloida“ täuschen, auch wenn sie die Wörter „kana“ (Huhn) und emu (ja, ein Emu) enthalten. Sie bedeuten eigentlich „kanalisieren“ und „emulieren oder nachahmen“. Dies sind Lehnwörter. „Kanavoida“ kommt von „kanava“ (Kanal, Rinne) und „emuloida“ emuliert das englische Wort „emulate“.
(Fortsetzung des Artikels nach der Tabelle)
Tier-Verben
Finnischer Tiername | Deutsch | Finnisches Verb | Deutsch | Ursprung |
ahma | Vielfraß | ahmaista | verschlingen | Das Verb stammt von der Bezeichnung des Tieres. |
hirvi | Elch | hirvittää | entsetzt sein | Homonym, das bloß ähnlich klingt |
hukka | Wolf | hukata | verlieren, verlegen | Der Tiername kommt von dem Verb. |
jänis | Hase | jänistää | kalte Füße bekommen | Das Verb stammt von dem Tiernamen. |
karhu | Bär | karhuta | Geld abmahnen | Das Verb stammt von dem Tiernamen, Lehnwort |
katka | Krustentier | katkaista | unterbrechen, brechen | Der Tiername kommt vom Verb. |
kettu | Fuchs | kettuilla | mobben, nerven | Euphemismus |
kotka | Adler | kotkata | erledigen | Der Tiername kommt vom Verb. |
kurki | Kranich | kurkistaa | linsen | Homonym |
kyy | Otter, Viper | kyyditä | mitfahren, chauffieren | Homonym |
poro | Rentier | porottaa | Glänzen, scheinen | Homonym |
pukki | Bock, Ziege | pukata | anführen, einen Kopfstoß machen | Das Verb stammt vom Tiernamen. |
pyy | Haselhuhn | pyytää | bitten oder jagen | Das Verb stammt vom Tiernamen. |
repo | Fuchs | repostella | kritisieren | Homonym |
saivare | Nisse | saivarrella | herummäkeln | Das Verb stammt vom Tiernamen. |
varis | Krähe | varistaa | verlieren, fallen lassen | Homonym |
Zahlreiche andere Wörter und Redewendungen könnten Ihr Finnisch an neue Ufer animalischen Selbstausdrucks führen. „Ketunhäntä kainalossa“, was wörtlich übersetzt „Fuchsschwanz in der Achselhöhle“ hieße, beschreibt jedoch jemanden, der „unehrlich“ ist. Wer „selässä jäniksen“ ist, der befindet sich „auf dem Rücken eines Hasens“, also „in Eile“.
Finnisch-Lappland, das nördliche Drittel des Landes, ist Rentiergebiet. Dort wird gesagt, dass jede Entfernung in Form eines „poronkusema“ gemessen wird, d. h. die Entfernung, die ein Rentier einen Schlitten ziehen kann, ohne zu urinieren. Es braucht nach maximal 7,5 Kilometern eine Pause, und das ist gut zu wissen, falls man die Auskunft erhält, dass die nächste Bar, ein Geschäft oder eine Telefonladestation zehn „poronkusemaa“ entfernt ist.
Und wenn man schon im Norden ist, sieht man mit etwas Glück die „revontulet“ (Fuchsfeuer), die „Nordlichter“.
Von Carina Chela, Juli 2019