Um die internationale Diskussion über Gleichstellung und Inklusivität anzuregen und alle zu unterstützen, die sich für ihre Förderung einsetzen, wirft Finnland das „Hän“-Pronomen als Aufhänger in die Debatte.
„Hän“ (es wird so ausgesprochen, wie es geschrieben ist) existierte auf Finnisch schon immer, noch vor dem ersten Buch in finnischer Sprache, das 1543 erschien. Finnisch ist nicht die einzige Sprache, die ein geschlechtsneutrales Pronomen der dritten Person hat, aber wenn man eine germanische, romanische oder slawische Sprache spricht, fällt es einem vermutlich sofort auf.
Das Vokabular der Gleichstellung
Der Bevölkerung von Berlin, Brüssel und London ist vielleicht die Außenwerbung aufgefallen, in welcher der deutschen, französischen und englischen Sprache für ihre Lehnwörter gedankt wird. Wie bei anderen Sprachen steckt auch das Finnische voller Lehnwörter, Wörter, die irgendwann aus anderen Sprachen übernommen und ins Finnische eingebunden wurden.
Es gibt sogar einen Online-Wortgenerator im Hän-Webportal, der Listen von Wörtern aufzeigt, die das Finnische aus anderen Sprachen entlehnt hat. Da nicht für jede Sprache ein Generator erstellt werden konnte, wurden die fünf weit verbreitetesten Sprachen ausgewählt.
So wurde das englische Wort „team“ zum finnischen „tiimi“, während der Sportbegriff „tackle“ (im Deutschen gibt es ebenfalls das Wort Tackling) zum „taklata“ wurde. Die deutsche „Mettwurst“ heißt auf Finnisch „meetvursti“ und „der Flügel“ „flyygeli“. „Bailar“ (tanzen) auf Spanisch wurde zu „bailata“ auf Finnisch (was eher eine Party feiern bedeutet), und „caramelo“ (Karamell) zu karamelli.
Das französische Wort „boulevard“ wurde auf Finnisch zu „bulevardi“, während „boutique“ zu „putiikki“ wurde. Der finnische „lääkäri“ (Arzt) stammt offensichtlich vom schwedischen „läkare“, und das finnische „sänky“ (Bett) vom schwedischen „säng“.
In jedem Land erfordert die Wahrung und Verbesserung der Gleichstellung ständige Wachsamkeit und kontinuierliche Maßnahmen. Gleichstellung ist zwar durch das geschlechtsneutrale Pronomen „hän“ sozusagen ein direkter Bestandteil der finnischen Sprache, doch auch das Finnische enthält wie jede andere Sprache immer noch Wörter und Ausdrücke, die geschlechtsspezifische Bedeutung haben.
Mit der Lancierung von „hän“ bringt Finnland nun seine Dankbarkeit für die Lehnwörter zum Ausdruck und offeriert der übrigen Welt mit Bedacht ein Wort, eine Idee, die die Bedeutung der Gleichheit und ihrer Kraft betont, die Gesellschaft in Finnland und anderswo zu gestalten, unabhängig davon, welche Sprache die Menschen sprechen.
Stellen, an denen Gleichheit funktioniert
Die Qualität des finnischen Bildungswesens ist weithin bekannt, denn die Schülerinnen und Schüler des Landes haben im weltweiten Vergleich ̶ wie den PISA-Studien, den internationalen Schulleistungsuntersuchungen der OECD ̶ wiederholt die Spitzenplätze belegt oder rangierten weit oben. Einer der Gründe dafür ist die ununterbrochene Arbeit an der Gewährleistung der Gleichstellung, die eine treibende Kraft im Bildungssystem darstellt.
Schon 1866 sorgte Finnland dafür, dass Bildung für alle zugänglich war, und vermied damit die soziale Ungleichheit, die von einer gebildeten Elite und einer ungebildeten Unterschicht herrührt. 1921 machte die Regierung eine sechsjährige Grundschulzeit für alle Kinder zur Pflicht. In den 1970er Jahren erhöhte das Land die Schulpflicht auf neun Jahre und unternahm zusätzliche Schritte, um allen Kindern unabhängig vom sozioökonomischen Status eine chancengleiche und kostenlose Bildung zu garantieren.
Aus dem gleichen Grund verfügt Finnland auch über ein Netzwerk von Schwangerschaftskliniken, die alle werdenden Mütter unabhängig von ihrer Herkunft gleichermaßen medizinisch versorgen und beraten. Das System entstand in den 1930er Jahren und ist einer der Faktoren dafür, dass Finnlands Kinder- und Müttersterblichkeitsquote zu den niedrigsten der Welt gehört. Manchmal wundert es die Leute, dass Jenni Haukio, die Frau des finnischen Präsidenten Sauli Niinistö, ihren Sohn wie alle anderen Frauen in Finnland in einem öffentlichen Krankenhaus zur Welt gebracht hat.
Anerkennung für Erfolge in Sachen Gleichstellung
Finnlands Botschaften rund um die Welt haben jetzt lokale Personen, Projekte und Gruppen ausgewählt, die offiziell ausgezeichnet werden sollen. Ziel ist es, ihnen für die Förderung von Gleichstellung und Inklusivität in den unterschiedlichsten Gesellschaftsbereichen Dank zu zollen.
Die ersten 16 Empfänger dieser Anerkennung, die den Titel „Hän Honour“ trägt, kommen aus Belgien, Kroatien, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Indonesien, Italien, Japan, Namibia, Norwegen, Polen, Singapur, Spanien, Thailand, Großbritannien und den USA. Sie sind auf so manchen Gebieten tätig, darunter Bildung, Minderheitenrechte und Gleichstellung der Geschlechter.
In Polen unterstützt Kampania Przeciw Homofobii (KPH) die Gleichstellung und Chancengleichheit aller Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität. In Norwegen hat sich Jenter og teknologi (Mädchen und Technologie) zum Ziel gesetzt, die Zahl der Mädchen zu erhöhen, die sich für eine technische Ausbildung entscheiden, um eine künftige Diversität im Technologiebereich zu gewährleisten.
In Indonesien zielt die Rumah Kita Bersama Foundation darauf ab, die Position von Frauen, Kindern und Randgruppen durch Anwaltschaft, Aufklärung und Bewusstseinsbildung zu stärken. In Japan ist Chizuko Ueno die Wegbereiterin in Sachen Feminismus- und Geschlechterforschung, die sich unermüdlich und furchtlos mit kontroversen Themen auseinandergesetzt hat.
Die vollständige Liste der ersten Hän-Honour-Empfänger und weitere Informationen über den Grund, warum sie eine Anerkennung verdienen, sind hier zu finden.
Jeder ist herzlich eingeladen, an der Debatte teilzunehmen, zu der Finnland beiträgt, indem es die Aufmerksamkeit der Welt auf das Wort „hän“ und seine Bedeutung lenkt.
Vom ThisisFINLAND-Mitarbeiterstab, Juni 2019