Finnland wählt erstmals auf regionaler Ebene Entscheidungsträger für Wohlfahrtsdienste

Am 23. Januar 2022 finden Wahlen auf einer völlig neuen Ebene statt. Sie sind Voraussetzung für die Reform des Sozial- und Gesundheitswesens, die am 1. Januar 2023 in Kraft tritt. Auch in Finnland lebende Ausländer haben das Recht zu wählen und für ein Amt zu kandidieren.

Bisher gab es in Finnland Parlaments-, Präsidentschafts-, Kommunal- und Europawahlen. Nun kommen die Regionalwahlen neu hinzu.

Bei den Regionen handelt es sich um 21 neu geschaffene Gebiete, sogenannte Wohlfahrtsregionen. Bei diesen Wahlen wählen die Wählerinnen und Wähler die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Regionalräte, die für die Sozialfürsorge, die Gesundheitsversorgung und die Rettungsdienste der Region zuständig sind. Im Gegensatz dazu geht es bei den Kommunalwahlen um kleinere geografische Einheiten; es gibt etwa 300 Gemeinden.

Die Gemeinden werden die Verantwortung für die Organisation der Sozial-, Gesundheits- und Rettungsdienste Anfang 2023 an die neuen Regionalräte für Wohlfahrtsdienste übergeben. Helsinki nimmt nicht an den Regionalwahlen teil – seine Wohlfahrtsdienste bleiben in den Händen des Stadtrats. Die autonomen Åland-Inseln sind von der Reform nicht betroffen, so dass auch dort keine Regionalwahlen stattfinden werden.

Ausländische Einwohner sind wahlberechtigt

Auf schneebedecktem Boden vor einem Einkaufszentrum unterhalten sich Wahlkampfhelfer mit Passanten.

Trotz der eisigen Temperaturen machen die politischen Parteien in ganz Finnland Wahlkampf vor Einkaufszentren und auf öffentlichen Plätzen.
Foto: Emmi Korhonen/Lehtikuva

An den Regionalwahlen können Bürger aus den nordischen Ländern und den EU-Staaten teilnehmen, wenn sie seit mindestens 51 Tagen vor dem Wahltag in der Region wohnhaft sind. Andere ausländische Staatsangehörige müssen seit 51 Tagen in der Region wohnen und seit mindestens zwei Jahren in Finnland ansässig sein.

Nach denselben Kriterien können Ausländer auch für die Wahl zu den Regionalräten kandidieren.
Da Finnland im Juni 2021 Kommunalwahlen abgehalten hat, verfügt es bereits über Erfahrungen mit der Organisation von Wahlen während der Corona-Pandemie und den benötigten Gesundheitsschutzmaßnahmen. Außerdem sind die Impfraten im Januar 2022 viel höher als im Sommer 2021. (Bei Verfassen dieses Artikels Mitte Januar haben 88 Prozent der Personen über 11 Jahren mindestens eine Impfung erhalten, 84 Prozent haben sich zweimal und 32 Prozent dreimal impfen lassen).

Bei Wahlen in Finnland gibt es immer eine vorzeitige Stimmabgabe in verschiedenen Wahllokalen (diesmal vom 12. bis 18. Januar), was dazu beiträgt, dass sich am Wahltag keine langen Schlangen bilden. In Fällen von coronabedingter Quarantäne oder Isolierung war es auch möglich, sich für die Stimmabgabe zu Hause zu registrieren. Außerdem gibt es viele Drive-in-Wahllokale und häufig kann man seine Stimme auch im Freien abgeben (bei einigen Wahllokalen muss man vorher anrufen). Apropos Autofahren und Wählen: In einigen ländlichen Gebieten gibt es Wahlbusse, die wie die Bibliotheksbusse von Stadt zu Stadt fahren und planmäßige Stopps einlegen.

Mitentscheiden ist wichtig

Eine Person steht auf schneebedecktem Boden vor einer Reihe von Wahlplakaten.

Die Kandidaten der verschiedenen Parteien sind auf Plakaten aufgelistet, aber man kann sich auch aus Online-Quellen wie dem Wahl-O-Mat des nationalen Rundfunksenders Yle informieren.
Foto: Heikki Saukkomaa/Lehtikuva

Die Wahlen für die Wohlfahrtsregionen haben vielleicht nicht den Glanz von Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen. Sie bieten aber die Möglichkeit mitzubestimmen, wer Entscheidungen über lokale Gesundheits-, Sozial- und Rettungsdienste trifft – dies sind „wichtige Angelegenheiten, die das tägliche Leben aller betreffen“, wie es auf der Wahlinformationsplattform des Justizministeriums heißt.

Die finnische Rundfunkanstalt Yle stellt einen Wahl-O-Mat online, mit dem sich die Leser über die zentralen Themen und die Positionen der Parteien und Kandidaten informieren können (auf Englisch, Russisch und Arabisch). Dort kann man Fragen beantworten und der Computer vergleicht diese Antworten mit den Antworten der Parteien und Kandidaten und zeigt, mit wem es die meisten Gemeinsamkeiten gibt. Darüber hinaus gibt es Infoboxen zu jedem Thema, Kandidaten und jeder Partei.

In einem Wahlkampf, in dem es neben einer Reihe von bekannten Politikern auch viele praktisch unbekannte Kandidaten gibt, hilft der Wahl-O-Mat, das große Feld der potenziellen Regionalratsmitglieder zu überschauen.

Von der ThisisFINLAND-Redaktion, Januar 2022