Finnische Omas treten gegen den Klimawandel an

Zwölf finnische Superomas haben eine soziale Bewegung ins Leben gerufen, die den Klimawandel mit einer Botschaft der Hoffnung angeht. Ihre Mission: den Bürgern mit „Omas Lebensweisheit“ beizubringen, dass ein nachhaltiges Leben ein erfülltes Leben ist.

„Warum hast du nichts getan, um den Planeten zu retten, Oma?“

Diese Frage, bzw. der Wunsch, so etwas nie hören zu müssen, inspirierte 12 Großmütter, die Gruppe „Aktivistimummot“ (übers. Oma-Aktivisten) zu gründen.

Was 2019 begann, als sich ein Dutzend Großmütter zum Kaffee versammelten, ist heute eine Facebook-Gemeinschaft von fast 6.000 Personen und eine generationenübergreifende Bewegung, die versucht, die entscheidendste Notlage der Menschheit zu lösen: den Klimawandel.

Wissen und Netze

Neun Frauen stehen bei kaltem Wetter vor einem Steingebäude in Helsinki.

Mitglieder der Aktivistimummot stehen vor dem Gebäude des Umweltministeriums in Helsinki.Foto mit freundlicher Genehmigung von Aktivistimummot

Die ursprüngliche Idee kam von Seija Kurunmäki. Mit etwas über 60 war sie erst kürzlich Großmutter geworden und nach einer 40-jährigen Karriere als Kommunikationsmanagerin in den Ruhestand getreten.

„Als Oma machte ich mir Sorgen um die Zukunft“, sagt sie. „Ich wollte mein Wissen und meine Netze zum Nutzen unserer Enkelkinder einsetzen. Es ist an der Zeit, dass unsere Generation etwas zurückgibt.“

Die zwölf an der Gründung beteiligten Großmütter sind Vertreterinnen vieler verschiedener Fachgebiete, darunter Umweltwissenschaft, Medizin, Finanzen und Ingenieurwesen. Einhergehend mit ihrer langjährigen Erfahrung gebrauchen sie ihre Website und ihre Social-Media-Plattformen, um wissenschaftlich fundierte Fakten über den Klimawandel auszutauschen und Ratschläge für ein nachhaltiges Leben zu geben.

Sowohl Kurunmäki als auch die Mitbegründerin Eeva-Riitta Piispanen bringen ihren Kommunikationshintergrund in der Verbreitung des Oma-Manifests zum Einsatz.

„Wir möchten, dass unsere Enkelkinder und alle Kinder auf der Welt auf einem existenzfähigen Planeten leben können“, meint Piispanen, eine viel beschäftigte Unternehmerin Mitte 60 mit sieben Enkelkindern. „Es ist nicht ihre Aufgabe, unsere Fehler zu beheben. Unsere Generation muss sich ihrer Verantwortung stellen.“

Botschafterinnen der Hoffnung

Rentiere stehen auf einem Berg in Nordfinnland.

Arktische Ökosysteme wie das im hohen Norden Finnlands spüren die Auswirkungen des Klimawandels noch stärker als viele andere Regionen. Die Aktivisten-Omas versuchen sicherzustellen, dass die natürliche Umwelt auch zukünftigen Generationen erhalten bleibt. Foto: Visit Finland

Es ist zwar sinnvoll, sich Sorgen um den Planeten zu machen, aber es ist kontraproduktiv, von Klima-Ängsten erdrückt zu werden. Als Gegenmittel gegen Weltuntergangsschlagzeilen versuchen die Omas eine Haltung des „Wir können es schaffen“ zu vermitteln.

„Wir sind Omas, um Himmels willen!“, bekundet Piispanen. „Wir wollen Botschafter der Hoffnung sein.“ Eines ihrer Ziele ist es, den Menschen bewusst zu machen, dass ein umweltfreundliches Leben nicht nur leicht zu erreichen ist, sondern auch ein besseres und glücklicheres Leben darstellt.

„Idiotischer Konsum macht niemanden glücklich“, findet Helena Kääriäinen. Als Genetikerin mit vier Enkelkindern ist sie Anfang 70. „Wir wissen aus Erfahrung, dass sich ein einfaches, moderates Leben lohnt. Außerdem sind alle Dinge, die wir für das Klima tun, auch gut für unsere Gesundheit, z. B. weniger Fleisch essen und weniger Autofahren. “

Babyboomer für Biodiversität

Ein Eichhörnchen kauert auf einem Baumstamm.

Selbst die kleinsten Kreaturen spüren die Auswirkungen des Klimawandels. Foto: Visit Finland

Vor Covid-19 hatten die Großmütter diverse Events und Vorträge zu Umweltfragen veranstaltet, die dann in Form von Online-Webinaren fortgesetzt wurden.

Auch Lobbying ist ein wesentlicher Bestandteil ihres Aktivismus. Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Artikels stehen in Finnland Kommunalwahlen vor der Tür, und die Omas sind damit beschäftigt, den Kandidaten Briefe zuzusenden.

„Den Politikern dämmert es, dass wir Babyboomer eine große Wählergruppe darstellen“, sagt Kääriäinen. „Wir möchten ihnen einschärfen, dass die Klimabewegung nicht nur für Schulkinder da ist. Greta Thunberg ist nicht die einzige, die sich darum kümmert.“

Die Großmütter arbeiten oft mit Aktivisten zusammen, die Jahrzehnte jünger sind als sie. So nahmen die Aktivistimummot an einer Kampagne mit dem finnischen 4H-Netzwerk teil, um 10.000 Bäume zu pflanzen, und an der Kampagne „Bestgenügendes Weihnachten“ mit Climate Move. Bestgenügendes Weihnachten ist ein Wortspiel, das darauf hinweist, dass man nicht übertreiben muss; ein Weihnachten, das einfach „gut genug“ ist, kann auch das beste Weihnachten aller Zeiten sein. In der Kampagne gab Frau Nikolaus Tipps für eine nachhaltige Weihnachtszeit.

„Es war ein Privileg, mit den Omas zusammenzuarbeiten“, sagt Wilhelm Blomberg von Climate Move, ein 30-jähriger, der dabei ist, eine Ausbildung zum Nachhaltigkeitspädagogen zu absolvieren. „Dank ihres massiven Fachwissens und ihrer Ressourcen gehören sie zu den besten KlimakämpferInnen in Finnland. Sie haben dieses gewisse warme, feministische Vorgehen, das bei den Menschen auf Resonanz stößt, weil sie die Verkörperung von Großmutterschaft sind.“

Oma-Upgrade

Verschiedene Porträts befinden sich nebeneinander, in denen jeweils eine Frau von der Hand eines Kindes gezeichnet wurde.

Die Porträts der Oma-Aktivisten-Website repräsentieren zahlreiche künstlerische Stile.Bilder mit freundlicher Genehmigung von Aktivistimummot

Die Omas verhehlen ihre Freude nicht, dass ihre Bewegung altersdikriminierende Stereotypen infrage stellt.“Wir upgraden das Wort ‚Oma‘“, meint Piispanen. „Wir sind aktiv sowie lebensweise, und unsere Weisheit ist eine wertvolle Ressource im Einsatz für Umweltveränderungen. Eine Oma ist nicht nur eine gebrechliche alte Dame, die Socken im Schaukelstuhl strickt.“

Das ermutigendste Feedback, das sie bisher erhalten hat, kam von ihrer zehnjährigen Enkelin. „Sie hat mir gesagt, dass sie, wenn sie einmal groß ist, genau wie ich eine Oma-Aktivistin sein möchte. Das macht mich stolz, obwohl sie (dann) nicht mehr für die Bekämpfung der globalen Erwärmung Verantwortung tragen sollte.““

Wenn es nach den Aktivistimummot und vielen anderen geht, werden die Menschen Lösungen für die Probleme des Klimawandels gefunden haben, bis die heutigen Kinder erwachsen sind.

Von Silja Kudel, März 2021