Literatur liegt den Finnen sehr am Herzen, heute vielleicht mehr denn je. In Finnland werden pro Jahr über 20 Millionen Bücher verkauft. Das sind durchschnittlich vier Bücher pro Kopf, inklusive Kinder.
In Finnland wie überall teilt sich die Leserschaft deutlich in Großverbraucher und sonstige Gruppen auf. Rund jeder sechste Finne im Alter zwischen 15 und 79 kauft mindestens zehn Bücher pro Jahr. An diese Konsumenten geht damit über die Hälfte aller verkauften Bücher. Allgemein ist der Bücherkauf weit verbreitet: Drei von vier Finnen erwerben mindestens ein Buch pro Jahr.
Das Internet scheint die Beliebtheit von Büchern nicht wesentlich beeinträchtigt zu haben. So wurden in Finnland beispielsweise 1995 — vor der starken Verbreitung des Internets — weitaus weniger Bücher gekauft als heute. Das gedruckte Buch ist demnach trotz der Verbreitung elektronischer Medien populärer geworden. Und der Bücherverkauf ist im Wert noch schneller gestiegen als im Volumen. Die Leserschaft ist also bereit, mehr für ihre Bücher auszugeben.
Finnische Belletristik ist nach wie vor das beliebteste Genre in Finnland, obwohl übersetzte Erzählliteratur trotz eines leichten Rückgangs weiterhin einen soliden Anteil des Verkaufs ausmacht. Rund jeder dritte Finne hat im letzten Monat finnische Belletristik gelesen. Ferner lesen die Finnen Bücher über Geschichte und Hauswirtschaft (vor allem Kochbücher) sowie Memoiren, Krimis und Kinderbücher, und sie lesen zunehmend ausländische Belletristik in anderen Sprachen als Finnisch.
In Finnland war das Buch lange ein traditionelles Geschenk. Was dies betrifft, ändert sich die Welt: Immer mehr Menschen kaufen Bücher, um sie selbst zu lesen. Rund die Hälfte aller Buchgeschenke gehen an Familienmitglieder und werden eventuell auch vom Geschenkgeber gelesen.
Ein Land der Bibliotheken
Finnland ist voller Bibliotheken. In jeder Gemeinde gibt es mindestens eine. Die mehr als 300 Zentralbibliotheken Finnlands werden von 500 Zweigbibliotheken unterstützt, in besonders dünn besiedelten Gegenden auch von Mobilbibliotheken. Knapp unter 10 Prozent der Ausleihe von Büchern entfallen auf Mobilbibliotheken. Finnland hat sogar ein Bibliotheksschiff. In der Praxis bieten mobile Bibliotheken die gleichen Bücher wie die zentralen Bibliotheken an, zumindest über das Reservierungssystem.
Die moderne Mobilbibliothek trägt eine Auswahl von über 4000 Titeln, darunter nicht nur Bücher, sondern auch Zeitschriften, Zeitungen und audiovisuelle Materialien. Mobilbibliotheken haben ausgedehnte Routen mit zahlreichen Stopps. Selbst in einer relativ dicht besiedelten Region wie Südfinnland kann eine Mobilbibliothek im Jahr 50.000 Kilometer zurücklegen und im Norden sind es noch mehr.
Gemessen an europäischen Standards ist Finnlands öffentlicher Bibliotheksdienst umfangreich, was das Volumen betrifft, und dazu technologisch ausgereift. Bibliotheken sind kostenlos, obwohl gelegentlich geringe Gebühren erhoben werden, z. B. bei verspäteter Buchrückgabe.
Finnlands Bibliotheksdienste erfreuen sich großer Beliebtheit und werden viel genutzt. Rund 40 Prozent der Bürger sind aktive Benutzer und besuchen die Bibliothek etwa zweimal monatlich. Die Finnen leihen sich im Durchschnitt mehr als einmal im Monat ein Buch von einer öffentlichen Bibliothek aus. Oder — aus einem anderen Blickwinkel betrachtet — Bibliotheken halten pro Finne etwas über sieben Bücher bereit, und jedes Buch wird durchschnittlich 2,5 Mal pro Jahr gelesen.
Bibliotheken sind auch bedeutende Buchkäufer. Sie wenden für den Erwerb von Büchern und anderer Dinge im Jahr pro Finne deutlich über 300 Euro auf. Schriftsteller profitieren ebenfalls von Bibliotheken: Autoren und Übersetzer können zur Finanzierung ihres Schreibens sogenannte Bibliotheksstipendien beantragen. Diese Stipendien werden auch an Autoren vergeben, die aufgrund ihres Alters oder einer Krankheit nicht in der Lage sind zu arbeiten.
Obwohl Bücher den Löwenanteil der Buchsammlungen öffentlicher Bibliotheken bestreiten, bieten diese vieles mehr: Zeitschriften, Zeitungen und audiovisuelle Medien.
Bibliotheksnetz in Finnland Mehr als 300 Zentralbibliotheken |
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Von Matti Sovijärvi, März 2014