Die vielen verschiedenen Milchprodukte in den Kühlregalen eines finnischen Supermarkts verblüffen vielleicht auf den ersten Blick und sind auch teilweise ungewohnt; doch keine Bange: Wir machen Sie mit der finnischen Milchwirtschaft und ihren Molkereiprodukten bestens vertraut.
Die Finnen sind auf Milch geradezu versessen. Finnlands Milchleidenschaft kann nach neueren Forschungsergebnissen der Universitäten Bristol und Helsinki sogar bis in die Jahre 2500 vor unserer Zeitrechnung zurückverfolgt werden. Haben Sie gewusst, dass die Finnen pro Person eine der größten Milchmengen in der Welt verkonsumieren?
„Der jährliche Milchverbrauch beträgt etwa 130 Liter pro Person“, bestätigt Anni Lehtonen, eine approbierte Ernährungsspezialistin des Dairy Nutrition Councils (Verband für Milch und Gesundheit). „Das bedeutet einen Tageskonsum von 3,55 Deziliter pro Kopf.“
Die Milchbegeisterung beginnt bereits in frühem Kindesalter. „Die Finnen gewöhnen sich schon in der Kindheit ans Essen und Trinken von Milchprodukten“, erklärt Lehtonen. „Milchprodukte spielen eine riesige Rolle in der finnischen Esskultur und Landwirtschaft.“
Milch in den Knochen
Als gegenwärtige Milchbotschafterin des Dairy Nutrition Councils besucht Lehtonen Schulen und Arbeitsplätze, um die Menschen über „gesundheitsförderndes Essverhalten, gesunden Lebensstil und selbstverständlich die Milchernährung“ aufzuklären, so Lehtonen.
Die aktive Werbung für Molkereiprodukte erklärt bis zu einem gewissen Grad, warum sie im finnischen Haushalt eine so herausragende Stellung einnehmen. Aber wie ist es um die Auswahl bestellt?
Finnen trinken zum Essen gerne ein Glas „piimä“, ein Zwischending zwischen Buttermilch und Dickmilch. Dieses und ähnliche Produkte lassen den Jahresgesamtverbrauch von flüssigen Molkereiprodukten um weitere 25 Liter pro Person ansteigen.
„In Finnland stellen wir eine Vielzahl von unterschiedlichen Milchprodukten her“, sagt Lehtonen. „Sauermilchprodukte wie ‚piimä‘ könnte man als ‚am finnischsten‘ bezeichnen. Ferner gehören dazu verschiedene Varianten von Dickmilch (viili), Hausmacherkäse (kotijuusto) und Brotkäse aus Lappland (leipäjuusto, der nichts mit Brot zu tun hat).“
Darüber hinaus findet man in finnischen Haushalten eine große Auswahl an Joghurts, Käsen und Speiseeis sowie Quark. Finnland ist zudem führend in der Forschung, Produktion und im Verkauf von laktosearmen oder sogar laktosefreien Sorten von Milch und zahlreichen anderen Milchprodukten.
Veganern und anderen Menschen mit spezifischen gesundheitlichen oder ideologischen Anliegen bieten Geschäfte milchähnliche Produkte aus Sojabohnen, Hafer, Mandeln, Reis, Haselnüssen und sogar Buchweizen.
Ein Verlangen nach Forschung
Es wird immer gesagt, dass Milch uns gut tut. Nun wird diese Ansicht durch die umfangreiche Forschung in Finnland noch aktiv bestätigt. Valio ist das Unternehmen mit dem größten hiesigen Marktanteil an Molkereiprodukten. Es wird zu 100 Prozent von finnischen Landwirten getragen und steht an der Spitze der diesbezüglichen Forschung und Entwicklung.
Die Menschen neigen heute zu funktionellen Lebensmitteln. Valio hat eine Reihe von Milchprodukten entwickelt, die sich rühmen, positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Verbraucher zu haben. Eine führende Innovation war die Einbindung des probiotischen Lactobacillus rhamnosus GG in Milchprodukte. Das Bakterium ist das bestdokumentierte Probiotikum der Welt. Es überlebt im menschlichen Magen-Darm-Trakt und schützt den Körper gegen Infektionen und körperliche Störungen. Die Produkte werden unter den Marken LGG und Gefilus vertrieben.
Gefilus kam bereits 1990 neu auf den Markt. Heute wird rund um den Globus eine ganze Palette von Valio-LGG-Gefilus-Produkten in mehr als 50 Ländern verkauft.
„Einer der Gründe, warum Valio so erfolgreich ist, liegt darin, dass es fähig ist, sich, was Entwicklung und Anwendung von Technologien betrifft, den wechselnden Bedürfnissen der Verbraucher anzupassen“, sagt Ross Crittenden, Valios Vizedirektor der Forschungs- und Entwicklungsabteilung. „Als Beispiel sei zum einen die Separationstechnologie genannt, mit deren Hilfe das Unternehmen proteinreiche Milchprodukte produzieren kann, die den sich wandelnden Ernährungs- und Verbraucheransprüchen nachkommen; und zum anderen „Zero Lactose“-Produkte (laktosefreie Produkte), die – ohne geschmackliche Kompromisse einzugehen – eine Grundvoraussetzung für Verbraucher erfüllen, die Laktose nicht vertragen.“
Laut Lehtonen tragen „die hohen Hygienestandards und die Gesetzgebung in Bezug auf Milchprodukte, die vom Erzeuger bis zum Verbraucher reicht,“ das ihre zu den Errungenschaften der finnischen Milchwirtschaft bei.
Diese Milchprodukte in Finnland sollte man kennen
Diese fünf Molkereiprodukte fehlen auf kaum einer finnischen Einkaufsliste:
Piimä
Finnische Sauermilch, ein Zwischending zwischen Buttermilch und Dickmilch.
Viili
Eine vielseitig verwendbare Dickmilch, die als Dessert oder pikante Beilage genossen werden kann.
Rahka
Quark wird hier hauptsächlich zur Süßspeise verarbeitet.
Laktosefreie Produkte
Finnland hat Pionierarbeit geleistet, was eine vielfältige Produktpalette für Menschen mit Laktoseintoleranz angeht.
Leipäjuusto
Dieser “quietschige finnische Käse“ aus Lappland schmeckt warm, mit einem Löffel Preiselbeerkonfitüre drauf, einfach köstlich..
Von James O’Sullivan, März 2015