In Helsinki findet vom 12. bis 18.Juli das größte Turnfest der Welt statt, das TurnerInnen eher zur gemeinsamen Vorführung einlädt, als gegeneinander zu wetteifern.
Ganz nach dem Motto „Bring die Erde in Bewegung“ wird alle vier Jahre die Gymnaestrada abgehalten, die Menschen aus mehr als 50 Ländern in ihren Bann zieht. Diesmal wird die Woche der Vorführungen und Ausgelassenheit in Finnland veranstaltet. Im Mittelpunkt stehen Gruppen-Shows, die Teilnehmern jeden Alters offenstehen.
Teresa Anderson aus Kamloops in der kanadischen Provinz British Columbia begleitet ihre Tochter Katie, 13, nach Helsinki. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Textes zählten sie eifrig die Tage bis zum großen Moment.
Möglicherweise die größte Party aller Zeiten
Bei der Gymnaestrada dreht sich alle um die reine Freude am Turnen und jeder kann mitmachen; Begabung oder Alter zählt dabei nicht“, sagt Teresa. „Das Turnfest bringt Menschen aus allen Winkeln der Erde zusammen, um an etwas teilzuhaben, das ihnen Spaß macht. Wie kann es somit etwas anderes sein als die größte Party aller Zeiten?“
Katie stimmt zu: „Jeder kann mitmachen. Man wetteifert hier nicht mit seinen Teamkollegen; man tritt gemeinsam mit ihnen auf. Man braucht auch über kein bestimmtes Qualifikationsniveau zu verfügen, sondern muss bloß eine Begeisterung fürs Turnen mitbringen.“
Neben den Vorführungen lockt auch Helsinki selber die Andersons an. „Ich hoffe, Suomenlinna zu sehen und Salmiak, „salmiakki“ auf Finnisch (traditionelle salzige Lakritzepastillen), und Sauna zu probieren“, sagt Teresa. „Das Team freut sich schon darauf, die finnischen Worte, die es gelernt hat, anzuwenden. Einige unserer Mädchen sind noch nie außerhalb Kanadas gewesen. Das ist für sie wirklich die Reise Ihres Lebens.“
„Und ich will den Vergnügungspark Linnanmäki besuchen,“ fügt Katie hinzu.
Eine Jugendliche aus einer anderen Hemisphäre ist Gaëlle vom simbabwischen Team. Das 22-köpfige Team, dessen Alter von 13 bis 25 Jahre reicht, wartet mit akrobatischem Tanz auf. „Gymnaestrada ist ein ganz besonderes Ereignis wegen der vielen Kulturen, die dort vertreten sind“, meint sie. „Es ist eine Chance, neue Leute zu treffen, neue Freunde zu finden und neue Kulturen zu entdecken, über die man zuvor noch nicht einmal etwas gehört hat.“ „Wir freuen uns alle darauf, Finnland zu entdecken, mit den Menschen des Landes in Kontakt zu treten und uns vielleicht bei unserem Besuch einige Denkmäler anzuschauen.“
Unmöglich zu erklären
Die Gymnaestrada in ihrer jetzigen Form nahm 1953 in Rotterdam ihren Anfang. Sie sollte die Vielfalt des Turnens zur Schau stellen und gleichzeitig Brücken zwischen den Nationen schlagen. Dies ist das erste Mal, dass Finnland Gastgeber der Veranstaltung ist, die nach internationalen Maßstäben groß, aber hier nicht so bekannt ist.
Das wird sich sicher ändern. Der schiere Umfang der Gymnaestrada ist jedoch schwer zu begreifen. Er umfasst 21.000 Teilnehmer aus mehr als 50 Ländern und rund 200 Stunden Vorführungen, die innerhalb von nur sieben Tagen an verschiedenen Orten in der gesamten finnischen Hauptstadt über die Bühne rollen.
Kirsti Partanen vom finnischen Turnverband ist die Leiterin des hiesigen Organisationskomitees. Sie verbindet viele schöne Erinnerungen mit den vorherigen Gymnaestradas.
“Es gab eine Zeit, als meine damals über 80-jährige Mutter, ich und meine Tochter im selben Jahr in der Gymnaestrada auftraten,“, sagt sie. „Bei Wettkämpfen geht es in der Regel um die Ankunft, den Wettbewerb und die Abreise. Im Fokus der Gymnaestrada stehen jedoch das Gemeinschaftserlebnis und der Gedankenaustausch. Menschen aus unterschiedlichen Weltgegenden knüpfen Freundschaften miteinander. Es ist unmöglich, den Geist dieser Veranstaltung zu erklären. Man muss sie selbst erlebt haben.“
Von Joanna Nylund, Juni 2015