In Inari, einem Dorf am gleichnamigen See in Finnisch-Lappland gelegen, feierte das Urvolk der Samen unlängst die Errichtung einer neuen, unverwechselbaren Sehenswürdigkeit, die sich der Landschaft zugesellt hat, das Sajos-Zentrum für samische Kultur und Politik.
Das markante Gebäude wurde teilweise dazu geschaffen, um dem Sámediggi (Samiparlament) ein dauerhaftes Zuhause zu bieten. Das Samiparlament vertritt die Interessen der finnischen Samen in nationalen und internationalen Foren und klärt Streitfragen, die sich auf die Sprachen, Kulturen und Rechte der Samen beziehen. Das Siedlungsgebiet der Samen, Europas einziges Urvolk, reicht vom nördlichen Norwegen und Schweden bis hin zu kleinen Teilen Russlands.
Das Sajos (was „Basislager“ auf Samisch bedeutet) beherbergt auch das neue samische Kulturzentrum mit seinem 430 Sitze fassenden Auditorium, das als Theater oder Konzerthalle genutzt werden kann, seinen Tagungsräumlichkeiten für lokale Vereine, Klassenräumen für Erwachsenenbildung, dem samischen Sozialamt, Samiarchiven, einer Bibliothek und einem Fachladen für samische Bücher und samisches Kunsthandwerk.
„Die Eröffnung des Sajos stellt für uns Samen eine wunderbare, neue Gelegenheit dar. Das Zentrum bietet einen idealen Ort für alle möglichen kulturellen Veranstaltungen“, sagt die samische Sängerin, Anna Näkkäläjärvi, deren Band, Ánnámáret Ensemble, bei der offiziellen Einweihungsfeier des Gebäudes am 3. April 2012 auftrat. Die Veranstaltung fand zeitgleich mit der vom finnischen Präsidenten Sauli Niinistö zeremoniell eröffneten neuen Legislaturperiode des für vier Jahre neu gewählten 21-köpfigen samischen Parlaments statt.
Näkkäläjärvi verwaltet das samische Musikzentrum, das ebenfalls im Sajos-Zentrum untergebracht ist. Wie andere Samimusiker auch ist das Ánnámáret Ensemble stolz auf seine Wurzeln und die eindringlichen Klänge des traditionellen samischen Gesangsstils, scheut sich aber nicht, Einflüsse anderer Musikkulturen einfließen zu lassen. „Es ist wichtig, dies zu tun, um unsere eigene Kultur tatsächlich am Leben zu erhalten“, findet Näkkäläjärvi.
Unter einem Dach zusammenkommen
„Dies ist das erste Mal, dass Finnlands Sami wirklich ein eigenes Haus haben, wo wir unter einem Dach zusammen kommen können“, sagt Sajos-Leiterin, Marja Männistö.
"Es hat sich wunderbar angefühlt, als hier bei uns im März bei einer Kinderkunstveranstaltung zusammen gesungen haben. Und ich freue mich schon sehr auf das Musikfestival der indigenen Völker, Ijahis idja (Nachtlose Nacht), zu dem wir im August Gastkünstler anderer indigener Völker sowie samische Musiker begrüßen werden.“ Es ist zu hoffen, dass das Sajos auch wieder eine Reaktivierung der samischen Theater-Tradition in Gang setzen wird, denn um die ist es wegen des Fehlens eines geeigneten Aufführungsorts letztens nicht gut bestellt.
„Hier in der Schule werden auch Bücher in allen drei verschiedenen in Finnland gesprochenen samischen Sprachen produziert“, fügt Männistö hinzu, die Mitglied der Skoltsamen ist, eine Minderheit innerhalb der Minderheit. In Finnisch-Lappland sprechen heutzutage nur noch etwa 300 Personen Skolt-Samisch. Ungefähr ebenso viele sprechen Inari-Samisch und rund 2 000 Menschen Nord-Samisch. Die Gemeinde Inari nennt einzigartigerweise vier offizielle Landessprachen ihr Eigen, die drei verschiedenen samischen Sprachen und das Finnische.
Formen der Natur und samische Traditionen
Das Sajos-Zentrum ist ein wahrer architektonischer Blickfang, der sehr deutlich von der nördlichen Landschaft geprägt ist. Die geschwungenen Wände des Gebäudes sind aus lokalem Kiefern-, Birken- und Fichtenholz gemacht.
Der Grundriss ähnelt dem traditionellen vierzackigen Vierwindhut der Samen, und die Formen der inneren Räume spiegeln weitere altehrwürdige, samische Gegenstände, Strukturen und Muster wieder.
Der Parlamentssaal ähnelt einer riesigen, ovalen, schamanistischen Trommel. Er verfügt über separate Kabäuschen für Dolmetscher, die während der Parlamentssitzungen von einer in eine der anderen samischen Sprachen übersetzen.
Der 15-Millionen-Euro-Bau wurde mit Mitteln des finnischen Staats und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung errichtet.
Männistö genießt den Blick aus ihrem neuen Hauptquartier über den Fluss Juvduu hinweg zu einer weiteren Sehenswürdigkeit in Inari, der Siida, dem Samim-Museum und -Naturzentrum, dessen Ausstellungen einen farbenfrohen und stimmungsvollen Einblick in das Leben von Finnlands hohem Norden geben.
„Die Siida erzählt von unserer Geschichte und unserer natürlichen Umgebung, und wir sind überglücklich, dass das Sajos uns nun ein fantastisches Zentrum für zeitgenössische samische Kultur bietet“, sagt Männistö.
Von Fran Weaver, April 2012