Zu den häufigsten finnischen Familiennamen zählen Korhonen, Virtanen, Nieminen, Mäkinen, Hämäläinen, Koskinen, Heikkinen und Järvinen. Finnland liebt die Nachsilbe –nen, an der man ziemlich sicher einen finnischen Nachnamen erkennen kann.
Mehr als ein Drittel der Finnen besitzen einen Familiennamen, der auf dem Suffix –nen endet. Obwohl die finnische Nachsilbe –nen gewöhnlich der Verniedlichung eines Substantivs dient, verweist sie in Familiennamen eher auf den Wohnort der Familie. Virtanen könnte wörtlich “kleiner Strom” bedeuten. Mit dem Namen sollte aber verdeutlicht werden, dass die Familie an einem Strom wohnt. Mäkinen, wörtlich “kleiner Berg”, meint demgemäβ die Familie vom Berg.
“Besonders in der nationalromantischen Periode des 19. Jahrhunderts wählten viele Familien Namen, die aus Merkmalen der natürlichen Umgebung und der Nachsilbe –nen gebildet wurden”, erläutert Sirkka Paikkala. Die Wissenschaftlerin untersucht finnische Familiennamen am Finnischen Sprachforschungsinstitut.
“Die Endung –nen gehörte ursprünglich in die östliche Traditionslinie der Familiennamen in Finnland. Im 18. Jahrhundert wurden jedoch solche Familiennamen auch in den westlichen Landesregionen angenommen. Dies erklärt ihre groβe Verbreitung”, sagt Paikkala.
Korhonen im Duell mit Virtanen
Erst kürzlich tobte ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Spitzenplatz zwischen den häufigsten finnischen Familiennamen Virtanen und Korhonen (vergleichbar etwa mit Müller und Schulze). Momentan scheinen die Korhonen vorne zu liegen, was daran liegen kann, dass derzeit entweder mehr Korhonengeboren werden oder sie einfach länger leben. Im April 2011 waren beim Familien mit dem Namen Korhonens gemeldet, verglichen mit 23.458 Virtanens.
Auf dem dritten Rang liegt Nieminen (21.358), dicht gefolgt von Mäkinen (21.327) auf Rang vier. Der Ursprung des Topnamens Korhonen ist unklar. Er könnte sich auf Taubheit oder ein Wort beziehen, das “alter Mann” bedeutet.
Nachnamen ohne -nen
Aber es geht nicht allein um den Suffix –nen. Viele westfinnische Familiennamen enden auf die Suffixe –la oder –lä, die auf einen bestimmten Ort (zum Beispiel Mäkelä bezieht sich auf einen Berg) oder auf einen Bauernhof (Juhani Mattila – “Juhani von Matti´s Bauernhof”) hindeuten. “Einige Familiennamen verweisen auch auf Berufe. Der Name Seppälä zum Beispiel deutet auf jemanden von einer Schmiede”, ergänzt Paikkala.
Zahlreiche Familiennamen spiegeln die enge Beziehung der Finnen zur Natur wider. Das wird deutlich in Familiennamen wie Kanerva (Heidekraut), Nummi (Heide), Kivi (Stein), Niemi (Halbinsel) oder Halla (Frost).
In einer Helsinkier Vorstadtsiedlung wohnen ein Herr Susi (Wolf) und nebenan die Familie Sikanen, deren Name auch die Bedeutung ”kleine Ferkel” haben kann.
Frühere und heutige Trends
Das Buch von Paikkala “Se tavallinen Virtanen” (frei übersetzt “Der Otto Normalbürger”) ist eine umfangreiche Untersuchung finnischer Familiennamen in der Periode 1850-1921, als viele Familien erstmals offiziell erbliche Nachnamen annahmen. Während der Fennomanen-Bewegung Anfang des 20. Jahrhunderts übersetzten viele Finnen ihre früheren schwedischen Namen ins Finnische. So wandelte der Schriftsteller Aleksis Stenvall seinen Namen in Alexis Kivi um, und der angesehene Maler Axel Waldemar Gallén übersetzte seinen Namen in Akseli Gallen-Kallela.
Mit Nachdruck betont jedoch Paikkala, dass ihre Arbeit nicht allein im Durchforsten von Archiven besteht: “Ich erhalte viele Anfragen per Email oder Telefon, in denen Bürger nach der Entstehungsgeschichte eines Nachnamens fragen oder den Wunsch haben, sich einen völlig neuen Familiennamen zuzulegen.”
Einige ungewöhnliche Nachnamen, deren Ursprung ungewiss ist, besitzen im modernen Finnisch recht merkwürdige Bedeutungen. Dazu zählen Kiimamaa (Brunftland), Patja (Matratze), Makkara (Wurst), Kaalipää (Kohlkopf), Punkki (Milbe), Romu (Schrott) und Hikipää (Schwitzkopf).
Paikkala macht auch auf einen neuen Trend unter Neuvermählten aufmerksam: “Paare mit Heiratsplänen suchen nach einem völlig neuen Nachnamen, um damit den Start in ein neues Leben zu signalisieren. Der Trend begann in den 1990er Jahren nach einer Gesetzesänderung, die es sowohl der Frau als auch dem Mann gestattet, ihren Nachnamen zu wählen.”
Dennoch nehmen nach wie vor rund 80 Prozent der finnischen Frauen bei der Heirat den Nachnamen ihres Gatten an oder kombinieren ihren eigenen Geburtsnamen mit dem Namen ihres Gatten.
Das Kombinieren finnischer Nachnamen kann dabei zu amüsanten Namensschöpfungen führen. Falls sich Herr Pulska (drall, rundlich) mit Fräulein Orava (Eichhörnchen) verheiratet, könnte Pulska-Orava (dralles Eichhörnchen). Und falls Fräulein Nälkäinen (hungrig) Herrn Karhu (Bär), könnte sie den Ehenamen Nälkäinen-Karhu (hungriger Bär) erhalten.
Von Carina Chela und Fran Weaver, Juni 2011, aktualisiert Juli 2014