Noch vor einigen Jahren bot sich das finnische Startup-Ökosystem relativ bescheiden und in sich gekehrt dar. Heute nimmt es die brillantesten High-Tech-Gurus und innovativsten Unternehmen aus aller Welt für sich ein. Slush Helsinki findet am 18. und 19. November 2014 statt.
Jerome Chang befindet sich auf dem Weg nach Finnland. Er ist der Geschäftsführer von iCubis, einem kleinen High-Tech-Unternehmen mit Hauptsitz in Anyang, Südkorea. Für Tausende Unternehmen rund um den Erdball wie seins ist Finnland jeden Herbst der Treffpunkt, wo man einfach hin muss. Die Rede ist von Slush Helsinki, eines der führenden Tech- und Startup-Events der Welt.
Slush bringt Unternehmer, Investoren und High-Tech-Führungskräfte zusammen und verknüpft dabei zwei Tage lang Geschäft mit Vergnügen. Die Teilnehmer erhoffen sich von Slush, Finanzierung für ihr Unternehmen oder Partner für ihre Projekte oder einfach nur, mit anderen in der Branche in Kontakt zu treten. 2013 nahmen 7.000 Besucher aus 68 Ländern an dem Event teil, und 2014 werden insgesamt 10.000 Personen erwartet.
Slush passt Chang perfekt ins Konzept. iCubis hat bereits eine Smartphone-App geschaffen, mit der Kinder Englisch lernen können, indem sie die Abenteuer eines Fuchses und eines Elefanten namens Easy und Elly verfolgen. Doch Chang hat hochfliegendere Pläne für die Zukunft und hofft, auf der Slush-Veranstaltung dafür Partner zu finden.
„Wir bieten sinnvolle Inhalte“, sagt er. „Unsere Bildungsapp hat Aufmerksamkeit erregt, und nun würden wir gerne auch die Produktion von Animationen aufnehmen.“
Das coolste Tech-Event
Boris Milkowski arbeitet für das in Tokio ansässige Software-Unternehmen Goodpatch. Als Leiter der Unternehmensentwicklung und Expansion ins Ausland besuchte Milkowski 2013 Slush und mochte es so sehr, dass er es gleich für 2014 in seinem Kalender vermerkte.
„Ich bin wirklich stolz, dass Helsinki solch ein cooles Event stemmen konnte“, sagt er. „Es unterscheidet sich von anderen Veranstaltungen ungemein. Es herrscht eine sehr ungezwungene und dennoch professionelle und aufs Geschäftemachen fokussierte Atmosphäre. Die Organisatoren haben an alles gedacht, um es zum coolsten Tech-Event, das es gibt, zu machen: Partys, Catering, Sauna und was immer man will.“
Goodpatch hilft bei der Gestaltung von Benutzeroberflächen und Dashboards für Anwendungen. Das Unternehmen dient Unternehmern auch in anderer Weise, etwa mit seinem Rapid-Prototyping-Tool Prott für mobile Apps.
„Japan besitzt einen großen Markt, aber er wächst nicht“, führt Milkowski weiter aus. „So viele Startups scheitern in Japan, weil sie in zu kleinen Dimensionen denken. Sie müssen sich im globalen Wettbewerb erneut behaupten. Viele interessieren sich für Silicon Valley, aber kulturell passt Europa besser zu ihnen. Finnland und Japan stehen sich in vielerlei Hinsicht eigentlich sehr nahe, angefangen von der Kultur bis zu der Tatsache, dass bei uns Vertrauen eine große Rolle spielt.“
Goodpatch ist wegen Slush nach Helsinki gereist, aber das Unternehmen hat Slush auch mit sich nach Tokio genommen. Das Konzept hat sich als so einleuchtend erwiesen, dass die Organisatoren auf der ganzen Welt Satellitenveranstaltungen arrangieren.
„Wir haben acht Teams gehabt, die für ihre Unternehmen und Ideen geworben haben“, sagt Milkowski. „Die Sieger des Pitching-Wettbewerbs haben einen Flug nach Helsinki erhalten.“
Startup-Sauna im Ausland
„Wir wollen Finnland zu einem der besten Standorte für die Gründung und den Aufbau von Unternehmen machen“, sagt Juuso Koskinen von der Startup-Sauna, eine gemeinnützige Stiftung zur Verbesserung des Startup-Ökosystems in der Region. „Deshalb ist es so fantastisch, anderen Ländern zu zeigen, was wir in Finnland besitzen, und unseren internationalen Auftritt von den anderen Ländern abzuheben.“
Außer als organisierende Kraft der Slush-Konferenz fungiert die Startup-Sauna auch als Accelerator-Programm und verhilft Studierenden zu Praktika in Hightech-Unternehmen.
„Die internationalen Tätigkeiten der Startup-Sauna haben bisher zur Hauptsache aus eintägigen Coaching-Veranstaltungen in den verschiedenen Städten unserer Kernregion Skandinavien, Osteuropas und Russlands bestanden“, sagt Koskinen. „Doch in diesem Jahr haben wir auch Events in Nairobi, Kenia und Seoul, Südkorea abgehalten. Die Events haben zum Ziel, Begegnungen und Hilfestellungen für örtliche Startups zu fördern sowie darüber unterrichtet zu werden, was sich im lokalen Ökosystem tut.“
„In den letzten fünf Jahren hat sich Finnlands Kultur in eine Kultur des sogenannten Glücksprinzips oder Pay-it-forward verwandelt“, sagt er. „Das bedeutet, dass Serienunternehmer und Investoren heutzutage neuen Unternehmen Beistand leisten. Das Ökosystem ist im Allgemeinen ist sehr engmaschig; man kann also wirklich auf jemanden zugehen und ziemlich leicht Hilfe bekommen.“
Von David J. Cord, November 2014