Die meisten Computerprogramme, die verwendet werden, sind wohl von Männern geschrieben worden.
Die Menschen in Finnland haben guten Grund, stolz auf die Gleichstellung der Geschlechter in ihrem Land zu sein, welches im Global Gender Gap Report 2021 des Weltwirtschaftsforums (Link auf Englisch) den zweiten Platz belegte. Aber es bleibt noch viel zu tun. So sind nur 25 Prozent der IKT-Stellen in Finnland von Frauen besetzt. Das ist zwar ein größerer Prozentsatz als in vielen anderen europäischen Ländern, aber dennoch besteht ein dringender Bedarf, den Frauenanteil in der Softwarebranche zu erhöhen.
So entstand die Organisation „Mimmit koodaa“.
„Es ist eine Frage der Gleichstellung, mit der sich unsere Gesellschaft unbedingt befassen muss“, sagt Milja Köpsi, die Programmdirektorin von „Mimmit koodaa“. „Das ist auch ein Problem für Unternehmen.“ Es besteht ein Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften in diesem Industriezweig, „der behoben werden kann, indem man mehr Fachleute in die Branche holt“, meint sie.
Klischeevorstellungen beenden
„Mimmit koodaa“, was im finnischen Slang „Frauen programmieren“ bedeutet, gehört zu den Initiativen, die von der 1989 geschaffenen Vereinigung für finnische Software und E-Unternehmen ins Leben gerufen wurde. Es handelt sich dabei um eine Gemeinschaft für Unternehmensleiter, der rund 600 Unternehmen angehören. Nach der Gründung von „Mimmit koodaa“ 2018 ging es zunächst um das Angebot von Programmier-Workshops für Frauen. Doch zu aller Überraschung meldeten sich für den ersten Workshop 800 Personen, obwohl man nur mit höchstens 100 Teilnehmern gerechnet hatte.
Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Bewegung immer weiter. Heute bietet sie Workshops, Schulungen, Networking sowie Webinare an und ermuntert zur Karriereförderung durch Kollegen.
Ihre Veranstaltungen decken eine Vielzahl von Thematiken ab. So kann ein Anfänger beispielsweise an einem Event teilnehmen, um zu entscheiden, welche Programmiersprache sie oder er lernen möchte oder etwa wie man eine App erstellt. Auch große internationale Unternehmen arbeiten mit „Mimmit koodaa“ zusammen. So wurden gemeinsam mit Amazon Web Services ein Webinar über ihre Cloud-Lösungen und mit TietoEVRY ein Kurs über DevOps in der Gesundheitstechnologie veranstaltet. „Mimmit koodaa“-Events werden auf Finnisch und Englisch abgehalten, da Englisch in der Softwarebranche weit verbreitet ist und in vielen finnischen Unternehmen Englisch gesprochen wird.
„Wir räumen mit den Klischeevorstellungen auf, dass man ein Mann sein muss, um auf dem Gebiet der Naturwissenschaften, Technologie, des Ingenieurwesens und der Mathematik zu arbeiten – das stimmt einfach nicht“, sagt Köpsi. „Wir erzählen gerne Geschichten von Frauen, die ihr Leben und ihre Karriere verändert haben.“
„Mädchen haben nicht programmiert“
Ein Paradebeispiel dafür ist Eeva-Jonna Panula, die zum Stamm der „Mimmit koodaa“ gehört und leitende Softwareentwicklerin beim finnischen Smart-Ring-Unternehmen Oura ist.
„Als ich aufwuchs, kannte ich keine Frauen, die Programmiererin waren“, erzählt Panula. „Einen magischen Sommer lang, als ich 15 Jahre alt war, lernte ich zwar programmieren, vergaß es dann aber wieder, weil Mädchen dort, wo ich aufgewachsen bin, nicht programmieren.“
Erst zehn Jahre später kehrte Panula zum Programmieren zurück, um sich vom Stress beim Schreiben ihrer Masterarbeit zu erholen. Sie genoss es so sehr, dass sie in die Softwarebranche überwechselte und durch einen glücklichen Zufall mit „Mimmit koodaa“ in Kontakt kam.
„Ich hatte mich für einen „Mimmit-Koodaa“-Workshop angemeldet, um mehr über React, die JavaScript-Software-Bibliothek, zu erfahren“, erklärt sie. „Ich dachte, es wäre ein Kurs für Fortgeschrittene, aber es stellte sich heraus, dass es eher einführend war. Tatsächlich hätte ich ihn lehren können.“
Panula befasste sich bald intensiv mit „Mimmit koodaa“, organisierte Workshops, Live-Programmierung in Webinaren, schrieb Blogbeiträge und übernahm eine Woche lang das Instagram-Konto der Gruppe. Darüber hinaus ist sie auch in ähnlichen Gruppen aktiv, wie z. B. bei den „LevelUP koodarit“, einer Community für Frauen und non-binäre Menschen, die sich fürs Programmieren interessieren.
Vielfalt verbessert die Gewinne
„Es ist wichtig, dass wir Frauen in der Technologie sichtbar zu Tage treten“, sagt Köpsi. „Wir sehen Superstars wie Linda Liukas, aber wir müssen auch Frauen aus unseren Kreisen – unter unseren Freunden und unserer Familie – beobachten können, die in der Technologie arbeiten.“
Die von „Mimmit koodaa“ geleistete Arbeit ist wichtig, um die geschlechtsspezifischen Verdienstlücken zu verringern, die wirtschaftliche Sicherheit von Frauen und non-binären Menschen zu verbessern, vielfältiges und talentiertes Personal zu gewährleisten und Vorurteile in der von der Branche entwickelten Software zu verhindern.
Das macht auch wirtschaftlich Sinn. Eine große Studie der Internationalen Arbeitsorganisation ergab, dass ein vielfältiges Personal die Kreativität, Innovation, das Ansehen und die Gewinne verbessert.
„Ich arbeite seit fünf Jahren in der Branche und mag den Wandel, den ich erlebt habe, sehr“, sagt Panula. „Immer mehr Frauen steigen in den Industriezweig ein und haben möglicherweise Kolleginnen in ihrem IT-Team. „Mimmit koodaa“ haben ihren Beitrag zu einer verbesserten Vielfalt geleistet.“
Von David J. Cord, Februar 2022
Der 11. Februar gilt als Internationaler UN-Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft.
Finnland nimmt von 2022 bis 2024 als Mitglied am UN-Menschenrechtsrat (Link auf Englisch) teil. Zu den erklärten Verpflichtungen des Landes als Mitglied gehören der Einsatz für die vollständige, konstruktive Teilhabe von Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft sowie ein Engagement für LGBTIQ+-Personen, damit diese ein Leben ohne Diskriminierung und Belästigungen führen können.