Sechs finnische Pioniere der Klimaneutralität

Die EU-Kommission hat sechs finnische Städte als Vorreiter in Sachen Klimaneutralität ausgezeichnet.

Wir werfen einen Blick auf ehrgeizige Projekte in Espoo, Helsinki, Lahti, Lappeenranta, Tampere und Turku.

Espoo

Ein verschwommener orangefarbener U-Bahn-Zug verlässt einen Bahnhof in der südfinnischen Stadt Espoo.

Foto: Elias Metsämaa/City of Espoo

Die Stadt Espoo setzt bei ihren Plänen zur Erreichung der CO2-Neutralität auf Energie- und Verkehrslösungen. Sie hat vor kurzem die Website „Espoo Climate Watch“ veröffentlicht, auf der die kommunalen Klimaschutzmaßnahmen zusammengestellt, die Fortschritte überwacht und ihre Auswirkungen beurteilt werden.

Fortum, ein staatliches Energieunternehmen mit Sitz in Espoo, entwickelt ein Fernwärmesystem der nächsten Generation. Die Produktion wird weitgehend auf Abwärme, Wärmepumpen und elektrischen Heizkesseln basieren, einschließlich der überschüssigen Wärme aus den benachbarten neuen Microsoft-Rechenzentren.

Eine neue Stadtbahnlinie verbindet Espoo auf direktem Weg mit Nord- und Ost-Helsinki. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Inbetriebnahme für Ende 2023 oder 2024 geplant. 2022 eröffnete die U-Bahn-Linie der Hauptstadtregion fünf neue Stationen in West-Espoo.

Helsinki

Ein Mann in schwarzer Jacke, Jeans, gelber Mütze und gelben Schuhen radelt an einem Herbsttag durch Helsinki, eine Stadt im Süden Finnlands.

Foto: Matti Pyykkö

Die Stadt Helsinki konzentriert ihre Maßnahmen in Sachen CO2-Neutralität auf die Bereiche Energie, Bau und Verkehr. Auf Grundstücken, die der Stadt gehören, dürfen nur Gebäude mit höchster Energieeffizienz errichtet werden. Schon bald wird CO2-armer Beton bei Infrastrukturprojekten zur Vorschrift werden.

Das örtliche Energieunternehmen Helen Ltd. wird bis 2025 seine Kohlekraftwerke schließen. Geothermiequellen für Privatgrundstücke sind auch in öffentlichen Bereichen zulässig, was auf nationaler Ebene eine einzigartige Regelung darstellt. Die Stadt berät Wohnungsgesellschaften bei energiesparenden Sanierungen.

Helsinki wird als polyzentrisches Netzwerk entwickelt, in dem die meisten Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden können. Helsinki hat sich ein Fahrradwegenetz nach dänischem und niederländischem Vorbild zum Ziel gesetzt. Die Stadt möchte mit einer Analyse neue Wege zur weiteren Senkung verkehrsbedingter Emissionen finden.

Lappeenranta

Der Blick von einem grünen Hügel in einem Park von Lappeenranta, einer Stadt am Ufer des Saimaa-Sees im Südosten Finnlands, zeigt Gebäude und einen Hafen.

Foto: Mikko Lemola

Die Stadt Lappeenranta ist ein Experimentierfeld für globale CO2- neutrale Lösungen und arbeitet eng mit der Technischen Universität Lappeenranta-Lahti und örtlichen Unternehmen zusammen.

Seit 2010 nutzt die Stadt für die Fernwärme kein Erdgas mehr, sondern Nebenströme aus der Forstwirtschaft. Alle städtischen Angebote, von der Bildung bis zu Sportanlagen, nutzen grünen Strom. Lappeenranta liegt am Ufer des Saimaa-Sees, so dass fast kein Einwohner mehr als 100 Meter zurücklegen muss, um eine Grünfläche zu erreichen.

Das Kraftstoffunternehmen St1 plant, in Lappeenranta die erste grüne Methanolproduktionsanlage Finnlands in Betrieb zu nehmen. Grünes Methanol ist ein nachhaltiger Rohstoff für Kraft- und Kunststoffe. Forus, ein Unternehmen zur Finanzierung von Energieinvestitionen, plant den Bau eines 250-MW-Solarkraftwerks in Lappeenranta, das Strom für 150.000 Haushalte produzieren soll.

Lahti

In der südfinnischen Stadt Lahti fahren Menschen unter blauem Himmel Langlauf über einen zugefrorenen See.

Foto: Lassi Häkkinen

Das Klimabewusstsein der Entscheidungsträger in der Stadt Lahti reicht weit zurück. Das örtliche Stromversorgungsunternehmen, Lahti Energy, hat Kohle durch Biomasse ersetzt. Die Einwohner bevorzugen Wärmepumpen gegenüber Ölheizungen.

Im Verkehrssektor untersuchen Lahti Energy und Nordic Ren-Gas die Machbarkeit eines Power-to- Gas-Projekts, das die Produktion von grünem Wasserstoff und erneuerbarem Methan für den Einsatz in schweren Straßenfahrzeugen vorsieht.

Lahti verfügt über einen bedeutenden Cluster der E-Mobilität mit mehr als 30 Unternehmen, die Technologien zur Dekarbonisierung im Verkehr entwickeln. Lahti motiviert seine Einwohner auch zum Radfahren und zu Fuß gehen, indem es die Vorteile für die Gesundheit aufzeigt und das Radwegenetz ausbaut. Die Stadt hat bereits ein Citybike-System gestartet.

Tampere

Zwei Personen laufen auf einem von grünen Bäumen gesäumten Bahnsteig in Tampere, einer Stadt im mittleren Westen Finnlands, neben einer roten Straßenbahn her.

Foto: Laura Vanzo/Visit Tampere

Die Stadt Tampere präsentiert ihre Klimaschutzmaßnahmen und ihre Wirkung auf der Website „Tampere Climate Watch“, damit Einwohner, Partner und andere Interessierte sie leicht verfolgen können.

Tampereen Sähkölaitos, das stadteigene Stromversorgungsunternehmen, investiert weiter in erneuerbare Energien. Erst kürzlich wurde das Bioenergiekraftwerk Naistenlahti 3 eingeweiht, das Wärme und Strom hauptsächlich aus Holzspänen und anderen Nebenströmen der Forstindustrie erzeugt.

Die Stadt legt ihren Einwohnern nahe, ihre Verkehrs- und Konsumgewohnheiten entsprechend den Möglichkeiten in ihren Wohngebieten anzupassen. Zu den Entwicklungen gehören die Straßenbahn von Tampere und neue Fahrradwege.

Die Stadt versucht, in Kooperation mit lokalen Unternehmen eine Kreislaufwirtschaft zu stimulieren. Ein Beispiel dafür sind die Beschaffungsrichtlinien für Straßenbauarbeiten, die den Einsatz recycelter Materialien vorsehen.

Turku

Drei Frauen essen Erdbeeren, während sie auf einer Böschung an einem von Bäumen gesäumten Fluss in der südwestfinnischen Stadt Turku sitzen.

Foto: Terri Vahtera/Visit Turku

Die Stadt Turku animiert ihre Einwohner zu klimafreundlichen Entscheidungen, indem sie ihnen klimaneutrale Fernwärme und Strom, öffentliche Verkehrsmittel und klimafreundliche Mietwohnungen bietet.

Die Kohle ist bereits durch erneuerbare Energien ersetzt worden. Ein großer Teil der Fernwärme wird durch Wärmerückgewinnung aus Abwasser erzeugt. Die Stadt verwandelt das Studentenviertel und das Universitätsgelände in ein energie-positives Gebiet mit Solarkraftwerken, geothermischen Feldern und Wärmepumpen.

Beispielsweise kooperiert die Stadt eng mit allen fünf lokalen Hochschulen und mit Unternehmen. The Promise, ein Film, der 2020 in Turku gedreht wurde, war eine der ersten CO2-negativen Produktionen der Welt. Die Produktion beschränkte sich auf Reisen innerhalb Finnlands, die Kostüme wurden aus recycelten Kleidungsstücken und Materialien hergestellt, und es wurden ausschließlich Elektro- und Hybridautos verwendet.

Von Katja Alaja, ThisisFINLAND Magazine 2023