Finnische Sitten und Bräuche

Lernen Sie die Finnen, ihre Etikette und Kultur in unserem eingehenden Leitfaden kennen.

Vor Finnland brauchen ausländische Besucher keine Angst zu haben, denn abgesehen von einem gelegentlichen nationalen Einschlag gleichen die Sitten und Bräuche den europäischen prinzipiell sind die Finnen liberal eingestellt. Deshalb ist die Gefahr gering, dass ein ausländischer Gast aus Versehen ins Fettnäpfchen tritt.

Die finnischen Benimmregeln sind ziemlich unverkrampft. Einen guten oder schlechten Ruf eignet man sich hier erst nach einer längeren Zeitspanne an. Und dabei geht es dann eher um das Gesamtverhalten, die einzelnen Aktionen eines Menschen als um Konformismus. Ein einziges gesellschaftliches Missgeschick artet in Finnland nur selten zu einer Katastrophe für den guten Ruf aus.

Finnland ist ein Land, in dem Wörter eine starke Bedeutung haben und eine Botschaft vermitteln sollen. Weil es auf die Botschaft ankommt, werden die einzelnen Wörter auch sorgsam abgewogen. Daher neigen Finnen auch eher zur Wortkargheit und gehen dem sogenannten Small Talk aus dem Weg. „Was du sagst, sollte besser sein als dein Schweigen. Wenn nicht, dann sag nichts“. Dieses chinesische Sprichwort könnte ebenso gut aus Finnland stammen.

Nationale Identität

Die Finnen haben ein stark ausgeprägtes Nationalgefühl. Sie freuen sich, wenn ausländische Gäste etwas über bekannte finnische Sportler und Kulturschaffende wissen.

Die Finnen haben ein stark ausgeprägtes Nationalgefühl. Sie freuen sich, wenn ausländische Gäste etwas über bekannte finnische Sportler und Kulturschaffende wissen.

Die Finnen haben ein stark ausgeprägtes Nationalgefühl. Es wurzelt in der Geschichte. Sie sind vor allem stolz auf die als ruhmvoll empfundenen Kriege, die sportlichen Erfolge und neuerdings auch ihre spitzentechnologischen Leistungen. Als Realisten erwarten die Finnen nicht, dass Besucher viel über ihr Land und die Persönlichkeiten, die gestern und heute Geschichte gemacht haben, wissen. Sie freuen sich schon, wenn jemand wenigstens über die entscheidenden Ereignisse in der Geschichte ihres Landes oder die sportlichen Heldentaten von Paavo Nurmi und Lasse Viren Bescheid weiß. Ganz begeistert sind sie, wenn der Gast die finnischen Rallye- und Formel-1-Fahrer kennt oder weiß, dass die Fußballstars Jari Litmanen und Sami Hyypiä Finnen sind.

Kulturell orientierte Finnen setzen als selbstverständlich voraus, dass ihr gleich gesinnter Gast neben Sibelius auch die zeitgenössischen Komponisten Kaija Saariaho und Magnus Lindberg sowie die Dirigenten Esa-Pekka Salonen, Jukka-Pekka Saraste, Sakari Oramo und Osmo Vänskä kennt.

Stolz ist man hierzulande auch darauf, dass der Erfinder des Betriebssystems Linux, Linus Thorvalds, ein Finne ist. Und wohlwollendes Mitleid hat man für diejenigen übrig, die immer noch denken, Nokia sei ein japanisches Unternehmen.

Andererseits verfolgen die von Minderwertigkeitsgefühl geplagten Finnen aufmerksam, was im Ausland über sie geschrieben und berichtet wird, und keiner sollte sich unwohl fühlen, wenn er dauernd gefragt wird, was er über Finnland denkt. Doch aufgepasst! Die Finnen selbst mögen zwar ihrem Land durchaus kritisch gegenüberstehen, aber möchten die gleiche Kritik nicht unbedingt aus dem Munde ihres ausländischen Gasts hören.

Religion

Die meisten Finnen sind evangelisch-lutherisch, ein kleiner Teil der Bevölkerung gehört der griechisch-orthodoxen Kirche an. Frauen sind auf Kanzeln evangelischer Kirchen ein vertrauter Anblick.

Die meisten Finnen sind evangelisch-lutherisch, ein kleiner Teil der Bevölkerung gehört der griechisch-orthodoxen Kirche an. Frauen sind auf Kanzeln evangelischer Kirchen ein vertrauter Anblick.

Was Religion betrifft, da lauern für den Finnlandreisenden nur selten Gefahren, selbst bei Themen, auf die andere Kulturen empfindlich reagieren. Die meisten Finnen sind evangelisch-lutherisch (ca. 83 % der Bevölkerung); 1,1 % gehören der griechisch-orthodoxen Kirche an. Der Großteil der Bevölkerung hat keine ausgesprochen religiösen Anschauungen. Dennoch genießen die Kirche und ihre Diener hohe Wertschätzung, und die religiöse Überzeugung der Mitbürger wird respektiert.

Geschlechterbeziehung

Gleichberechtigung prägt das Verhältnis zwischen den Geschlechtern in Finnland zu einem hohen Grad. Das zeigt sich beispielsweise in der relativ großen Zahl von Frauen, die höhere Ämter in der Politik bekleiden oder sonstige hohe Posten in Sektoren der Gesellschaft einnehmen. Zum Zeitpunkt der Niederschrift dieser Zeilen ist Tarja Halonen Staatspräsidentin. Sie war nicht nur die erste Frau auf diesem einflussreichen Posten, sondern vormals als Außenministerin.

Auch in bedeutenden akademischen Funktionen sind Frauen heute keine Ausnahme mehr, und in den letzten Jahren haben sich Geschäftsreisende aus dem Ausland daran gewöhnen müssen, am anderen Ende des Konferenztisches eine Frau sitzen zu haben. Irja Askola wurde Anfang Juni 2010 zur ersten Bischöfin in der Evangelisch-Lutherischen Kirrche Finnlands gewähl. Sie ist die lutherische Bischöfin des Bistums Helsinki.

Männlicher Chauvinismus und eine herablassende Haltung gegenüber Frauen gelten allgemein als unakzeptabel, wenn sie auch in der Praxis weiter vorkommen. In Gelddingen sind die Frauen in der Regel selbstständig, und es ist keinesfalls ungewöhnlich, dass sie ihr Essen im Restaurant selbst zahlen.

In der Kommunikation mit Anderssprachigen bemühen sich die Finnen um einen geschlechtlich korrekten Sprachgebrauch. In ihrer eigenen Sprache kennen die Finnen dieses Problem nicht, denn das finnische »hän« ist geschlechtsneutral. Zwar gibt es im Finnischen eine ganze Reihe von Amtsbezeichnungen, die auf die Silbe -mies (-Mann) enden, aber sie werden nicht als diskriminierend empfunden.

Konversation

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Die Finnen nehmen Worte ernst. Sie neigen zur Wortkargheit und vermeiden unnötiges Geschwätz. Sie hören lieber zu, statt zu reden.

Diese überkommene Auffassung von Reserviertheit trifft nicht mehr so ganz auf die jüngere Generation zu. Doch auch bei ihnen gilt, dass man jeden beim Wort nimmt. „Pack den Stier bei den Hörnern (im Finnischen ‚das Pferd beim Zaum’) und den Mann beim Wort „, lautet ein finnisches Sprichwort.

Mündliche Vereinbarungen und Versprechungen sehen Finnen im Allgemeinen als für beide Seiten verbindlich an, egal, in was für einer Situation sie geäußert wurden. Ausländische Besucher sollten sich bewusst sein, dass leichthin vorgetragene Höflichkeitsfloskeln nach dem Muster „Wir müssen mal zusammen essen gehen“ häufig beim Wort genommen werden und zu Missbehagen führen können, wenn sie vergessen werden.

„Small Talk“ dagegen, ist eine Kunst, die den Finnen notorisch abgeht, ihnen suspekt vorkommt und nicht eben geschätzt wird. Noch seltener knüpfen Finnen mit Unbekannten ein Gespräch an, es sei denn, sie treibe ein ungewöhnlich starker Impuls. Ausländischen Besuchern fällt häufig auf, wie still es in der U-Bahn, im Bus und in der Straßenbahn ist.

Hingegen wird ein Besucher, der auf der Straße mit seinem Stadtplan kämpft, keine Schwierigkeiten haben, hilfsbereite Seelen zu finden, denn die Gastfreundlichkeit der Finnen gewinnt leicht Oberhand über ihre Wortkargheit.

Zuhören können Finnen besser als reden. Auch empfinden sie es als unhöflich, anderen ins Wort zu fallen. Finnen werden nicht unruhig, wenn der Gesprächsfluss einmal abreißt – auch Schweigen empfinden sie als eine Art der Kommunikation.

Doch auch Finnen können in Fahrt kommen, wenn ihnen danach ist. Und wenn sie erst mal ihren ausländischen Gast etwas näher kennengelernt haben, diskutieren sie auch gerne über alle erdenklichen Themen, wobei normalerweise auch Religion und Politik nicht tabu sind.

Als Leser von Büchern und Zeitungen sowie als Bibliotheksbenutzer rangieren sie im Spitzenfeld der Weltstatistiken, und so ist der Durchschnittsfinne ziemlich gut über das Geschehen im eigenen Lande und anderen Teilen der Welt informiert und kann darüber reden. Sport ist immer ein guter Ansatzpunkt, mit einem Finnen ins Gespräch zu kommen.

Kommunikationstechnologie

Das allgegenwärtige Handy hat die Vorstellung, die man sich bisher von der Kommunikationsfähigkeit der Finnen machte, verwandelt. Die ständig zu hörenden, zeitweilig zur Kakofonie ausartenden Klingeltöne der Mobiltelefone berichten vom Drang der Finnen, miteinander zu kommunizieren – besonders dann, wenn der Gesprächspartner unsichtbar ist. Ein ausländischer Journalist beschrieb einmal folgende Szene als typisch finnisch: Ein einsamer Mann sitzt an der Bartheke und spricht ins Handy. Und erfragte sich: Ist das die finnische Version des „Small Talks“?

Auch in Finnland haben Internet und E-Mail die Informationsbeschaffung und die Kommunikation zwischen den Menschen radikal verändert. Für die Jugend ist der Gebrauch der immer größer werden Palette von Informationstechnologie Alltag und ein gestaltendes Element ihrer Kultur. Auch immer mehr Politiker und Unternehmensmanager unterhalten eigene Websites und berichten in persönlichen Blogs für alle zugänglich aus ihrem Leben und verkünden ihre Gedanken.

Sprachen

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Die Finnen haben mehrere Muttersprachen, Finnisch, Schwedisch, das 5,6 % der Bevölkerung sprich, und Samisch, davon rund 8000 Samen in Lappland gesprochen wird. Das Finnische gehört zur kleinen finnisch-ugrischen Sprachfamilie. Das einzige andere Land, in dem man sich relativ mühelos auf Finnisch verständigen kann, ist Estland. Weil es also nur wenige sprachverwandte Länder gibt, haben sich die Finnen stets um gute Fremdsprachkenntnisse bemüht, die ihnen die Schulen auch in Hülle und Fülle bieten.

Ein ziemlich großer Teil der Finnen spricht Englisch. Einige größere Unternehmen kommunizieren sogar nur in dieser Sprache. Deutsch wird heutzutage weniger unterrichtet. Früher dagegen war Deutsch erste Fremdsprache in den Schulen, was so manche über 50-Jährigen bis jetzt nicht vergessen haben. Französisch, Spanisch und Russisch werden neuerdings immer beliebter. Finnlands EU-Mitgliedschaft hat den Druck, aus Berufs- oder Studiengründen, europäische Sprachen zu lernen, erhöht.

Die meisten Finnen mit höherer Ausbildung sprechen bis zu einem gewissen Grade Schwedisch, während fast alle Schwedischsprachigen Finnisch beherrschen. Nur einige Küstenregionen und die autonomen Ålandinseln sind praktisch rein schwedischsprachig. Schwedisch gilt als zweite offizielle Landessprache, daher die zweisprachigen Straßennamen und schwedischsprachigen Radio- und Fernsehprogramme.

Die schwedischsprachige Bevölkerung hat eine eigenständige Kultur und weitaus skandinavisch geprägtere Sitten und Gebräuche als die Finnisch-Sprachigen.

Namen und Titel

Wenn Finnen sich vorstellen, nennen sie erst ihren Vor- und danach ihren Nachnamen. Verheiratete Frauen, die einen Doppelnamen tragen, nennen zuerst ihren Geburtsnamen und danach den ihres Ehemanns. Obwohl auch Finnen auf ihre Titel stolz sind, stellen sie sich selten mit ihnen vor. Sie erwarten jedoch, dass man sie im beruflichen oder offiziellen Kontext mit Titel anspricht: Doktor Virtanen, Generaldirektor Kannisto etc.

In Finnland wird viel geduzt. Es ist ganz normal, dass man sich am Arbeitsplatz über alle Rangunterschiede hinweg bis zur obersten Etage duzt, oder dass ein Dienstleister seinen Kunden duzt. Nur älteren Menschen mag das zu intim erscheinen, deshalb siezen die Jungen sie häufig auch vorsichtshalber.

Obwohl die Verwendung des Vornamens schon eine etwas persönlichere Beziehung voraussetzt, geht das heutzutage im Nu, besonders wenn absehbar ist, dass beide bald wieder beruflich oder privat zusammenkommen werden. Es gehört sich aber, sich förmlich auf die Anrede mit Vornamen zu einigen.

Ansonsten sind die Finnen, was Namensgedächtnis anbelangt, bei Weitem nicht so anspruchsvoll wie viele andere Nationen. Es ist nicht unbedingt üblich, jemanden mit Namen zu begrüßen, selbst wenn man sich näher kennt.

Im Unternehmensbereich oder öffentlichen Ämtern werden als Gedächtnishilfe Visitenkarten ausgeteilt. Besondere Etikette müssen dabei in Finnland nicht berücksichtigt werden. Ausländern bietet der Austausch von Visitenkarten eine gute Gelegenheit zu fragen, wie der Name des Gegenübers ausgesprochen wird oder was sich hinter der mysteriösen Berufstitulierung verbirgt.

Grüßen

Beim Grüßen ist es in Finnland üblich, sich kurz und fest die Hand zu geben und auf Augenkontakt zu gehen. Andere Körperkontakte gibt es dabei nicht.

Beim Grüßen ist es in Finnland üblich, sich kurz und fest die Hand zu geben und auf Augenkontakt zu gehen. Andere Körperkontakte gibt es dabei nicht.

Beim Grüßen ist es üblich, sich die Hand zu geben und einander in die Augen zu blicken. Eine Verbeugung ist ein Zeichen für besonderen Respekt – ansonsten reicht ein leichtes Nicken mit dem Kopf. Der finnische Handschlag ist kurz und fest ohne weiteren Körperkontakt. Umarmt wird in Finnland nur selten.

Auch in Finnland wird geküsst, aber nur selten beim normalen Begrüßen. Freunde und Bekannte umarmen sich desweilen und geben sich Küsschen auf die Wange, doch eher in den Städten als auf dem Land, und auch nur selten, wenn sie Männer sind.

Essen

Die finnische Esskultur ist eine Mischung aus europäischen, skandinavischen und östlichen Elementen; die Tischsitten sind europäisch. Den Tag leitet ein des Öfteren ziemlich deftiges Frühstück ein. Zu Mittag wird zwischen 11 und 13 Uhr gegessen. Gewöhnlich dauert die Mittagspause weniger als eine Stunde. Die früher in der Geschäftswelt üblichen ausgedehnten Mittagessen haben sich auf anderthalb, zwei Stunden verkürzt. Zwischen etwa 17-18 Uhr wird zu Abend gegessen. Ab 18 Uhr beginnen in den Restaurants, die Gäste einzutrudeln. Wann sie schließen, ist unterschiedlich. Deshalb sollte man sich schon beim Reservieren eines Tisches erkundigen, bis wann serviert wird.

Im Restaurant und bei einer privaten Einladung wird der westliche Ausländer nur selten Speisen finden, die ihm völlig unbekannt sind. Die einst ziemlich schwere und fetthaltige Kost der Finnen ist im Zuge des gewachsenen Gesundheitsbewusstseins deutlich leichter geworden, und die besseren Restaurants können auch spezielle Diätwünsche erfüllen. Die Zahl ethnischer Gaststätten hat stark zugenommen und erleichtert einem nicht gerade die Qual der Wahl.Am Abend begleiten Bier und Wein das Essen, wohingegen sie beim Mittagessen heutzutage fast gar nicht mehr getrunken werden.

Am Tisch bestimmt der Gastgeber die Sitzordnung. Der Ehrengast sitzt rechts von der Dame des Hauses oder in reiner Herrengesellschaft rechts vom Platz des Gastgebers. Der Ehrengastplatz ist bei den schweigsamen Finnen nicht sehr begehrt, da von seinem Halter erwartet wird, dass er eine kleine Tischrede hält. Während des Essens halten Finnen nur selten Reden, außer bei förmlichen Gelegenheiten; dann fallen die Reden auf die Pausen zwischen den Gängen.

Das Mahl wird gewöhnlich mit Kaffee beschlossen, zu dem vielfach ein alkoholisches Getränk wie etwa Kognak serviert wird.

Beim Aufstehen danken die Gäste dem Gastgeber für das Essen aus. Selbst im Kreise der Familie ist es üblich, beim Aufstehen „kiitos“- danke – zu sagen.

Trinken

Zeit für einen Kaffee ist immer. Die Finnen trinken bei jeder denkbaren Gelegenheit Kaffee. Der Pro-Kopf-Verbrauch ist größer als in jedem anderen Land der Welt.

Zeit für einen Kaffee ist immer. Die Finnen trinken bei jeder denkbaren Gelegenheit Kaffee. Der Pro-Kopf-Verbrauch ist größer als in jedem anderen Land der Welt.

Die Finnen konsumieren im Durchschnitt etwas über 10 Liter reinen Alkohol im Jahr, das ist fast europäischer Mittelwert. Die Trinksitten gleichen denen in Skandinavien und Europa, haben also weniger nationale Eigenheiten, als man angesichts des Rufs, der den Finnen als Säufernation anhaftet, erwarten könnte. Allerdings sind Alkoholexzesse vor allem am Wochenende, wie in anderen nordeuropäischen Ländern und etwa in Großbritannien auch, durchaus üblich.

Der Konsum von Wein und Bier statt hochprozentiger Getränke wie früher hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen, und damit hat das Trinkverhalten auch kultiviertere Züge angenommen. Bei Geschäftsessen ist heute ein wesentlich gemäßigterer Umgang mit Alkohol üblich als früher.

Die Formen des Alkoholgenusses variieren je nach Sozialschicht und teilweise auch Geografie; so ist die Weinkultur mitteleuropäischen und mediterranen Zuschnitts bislang noch typischerweise vor allem bei urbanen, jungen Erwachsenen der Mittel- und Oberschicht sowie bei älteren Jahrgängen mit höherer Ausbildung anzutreffen.

Der Import und Verkauf von Weinen und anderen alkoholischen Getränken liegt zu einem großen Teil beim staatlichen Unternehmen Alko. Nur in dessen Läden können private Verbraucher alkoholhaltige Getränke kaufen, mit Ausnahme von mittelstarkem Bier und Cider, das es auch in anderen Geschäften gibt.

Zu Hause wird fast nur am Wochenende Wein zum Essen getrunken. Doch wenn man Gäste bewirtet oder im Restaurant iss, gehört Wein meist dazu. Oft – bei Finnlandschweden fast immer – wird dem Gast gleich mit der Vorspeise ein Schnaps serviert. Beim kalten Fisch ist er üblich, beim Krebsessen ein Muss. Unter den Finnlandschweden ist es Brauch, vor jedem Schnaps ein kurzes Lied voranzuschicken – bei größeren Festen wird ein »Toast Master« ernannt, der bestimmt, wann nachgeschenkt wird und den Ton anstimmt.

Die Etikette der finnischsprachigen Bevölkerung sind schlichter und weniger strukturiert. Zusammen mit dem Schnaps wird gewöhnlich Mineralwasser gereicht, manchmal auch Bier, das sich auch sonst bei den Finnen großer Beliebtheit erfreut. Mit Bier wird auch der gewaltige Durst gelöscht, der sich nach der Sauna einstellt.

Der Gast braucht sich nicht an die finnischen Trinksitten zu halten, muss sein Schnapsglas nicht bis zum letzten Tropfen leeren wie sein Tischnachbar. Man kann also getrost ein Mineralwasser oder etwa alkoholfreien Wein bestellen. Alkoholfreie Getränke werden auch vom Gesetz favorisiert; Trunkenheit am Steuer ahndet es ziemlich streng, und es setzt die Promillegrenze sehr niedrig an.

Trinkgelder

Trinkgelder haben nie so recht zum finnischen Lebensstil gepasst. Das mag ursprünglich seine Ursache in der Sparsamkeit gehabt haben, die einst zu den Tugenden der protestantischen Religion zählte. Heute gibt es einen profaneren Grund: Nach allgemeiner Auffassung sind mit den Preisen, die in Rechnung gestellt werden, auch zufriedenstellender Service und Freundlichkeit des Personals abgegolten. Was aber nicht bedeutet, dass Trinkgelder hierzulande unbekannt wären. Natürlich hat niemand etwas gegen ein Trinkgeld, ist aber andererseits auch meist nicht gekränkt, wenn er keins bekommt.

In aller Regel ist die Bedienung in Restaurantrechnungen als inbegriffen. Wer sein Essen selbst und bar bezahlt, rundet den Betrag häufig auf die nächste ganze Zahl auf.

In Hotels sind Trinkgelder eher die Ausnahme. Falls Sie dem Reinigungspersonal zusätzliche Mühen bereitet haben, ist es sicherlich eine freundliche Geste, ein paar Euro im Zimmer zurückzulassen. Wie ihre Kollegen in allen Teilen der Welt freuen sich finnische Hotelportiers über ein Trinkgeld in Höhe eines kleinen Bieres. Ebenso ist es in Ordnung, für den Barkeeper ein paar Münzen auf dem Tresen zu hinterlassen.

Taxifahrer erwarten an und für sich kein Trinkgeld, aber viele Kunden runden den Taxameterbetrag auf. Wenn Sie Ihre Taxirechnung mit Kreditkarte – alle gängigen Karten werden akzeptiert – begleichen, dann zahlen Sie ein etwaiges Trinkgeld am besten mit Münzen.

Falls ein Finne Sie in ein Restaurant eingeladen hat, sollten Sie die Trinkgeldfrage Ihrem Gastgeber überlassen.

Rauchen

Das Rauchen hat in den letzten Jahren abgenommen, und die Finnen legen dem Paffen gegenüber ein immer ablehnenderes Verhalten an den Tag. Heutzutage raucht rund 20% der Bevölkerung. Das Gesetz verbietet das Rauchen in öffentlichen Einrichtungen, am Arbeitsplatz, in Restaurants sowie Bars, und die gesetztreuen Finnen halten sich an diese Verbote und rauchen nur an Orten, wo dies noch erlaubt ist.

Finnlands Regierung plant momentan eines der strengsten Anti-Raucher-Gesetze der Welt. Bald soll Rauchen in Autos, in denen Minderjährige sitzen, verboten werden.In den Läden dürfen Tabakwaren nicht mehr sichtbar sein und bald nur noch unter der Theke verkauft werden. Bis 2040 soll Finnland ganz rauchfrei werden, ist der Plan.

In Privatwohnungen werden Raucher vielfach auf den Balkon, die Terrasse oder den Hinterhof verwiesen, was vor allem an kalten Wintertagen den Nikotinkonsum der Gäste erheblich reduzieren kann. Und schon jetzt gibt es Wohnhäuser, in denen die Hausgemeinschaft auch das verbietet.

Privat zu Gast

Das eigene Heim ist in Finnland der Mittelpunkt des sozialen Lebens, mehr jedenfalls als in jenen Ländern, in denen man häufiger mit Freunden und Bekannten ausgeht. Hierfür gibt es kulturelle, aber auch ökonomische Gründe sowie ein vermehrtes Interesse an der eigenen Kochkunst.

Der ausländische Gast kann einer privaten Einladung entspannt entgegensehen und sich auf eine ziemlich lockere Atmosphäre einstellen; geeignete Mitbringsel sind ein Blumenstrauß oder gegebenenfalls eine Flasche Wein.

Größere Ansprüche an die kulturelle Anpassungsfähigkeit des ausländischen Gasts stellt eine Einladung in eines der Sommerhäuser, die in großer Zahl die Küsten und Binnenseeufer des Landes säumen. Etwa ein Viertel der Finnen hat ein Ferienhaus, das für viele ein zweites Zuhause ist. Die Soziologen erklären das gern mit dem nicht allzu fern zurückliegenden ländlichen Hintergrund der Finnen. Tatsache ist, dass die Finnen auf ihrem Landsitz zu überraschend geschickten Anglern, Gärtnern, Bauern, Zimmermännern und Waldarbeitern mutieren.

Der Gast braucht sich nicht sonderlich aktiv an diesem Rollenspiel zu beteiligen. Dagegen erwartet man von ihm, dass er sich klaglos in die nicht selten recht primitiven Verhältnisse des Ferienhauses fügt, denn Strom, fließend Wasser, WC mit Wasserspülung und andere urbane Annehmlichkeiten fehlen oft. Viele Familien empfinden auch den Fernseher als unvereinbar mit echten Sommerhüttenleben.

Vom Gast wird erwartet, dass er sich für den Zweck salopp und praktisch einkleidet. Der Gastgeber hat meist Gummistiefel, Regenjacken und Anoraks übrig, in die der Gast schlüpfen kann, wenn es bei Wind und Wetter zum Angeln, Pilze-Sammeln oder Waldausflug geht. Anschließend bereitet man dann häufig gemeinsam das Essen zu.

Falls nicht von vornherein vereinbart, sollte man seine Rückreise beim Frühstück des dritten Tages zur Sprache zu bringen und nur aufschieben, wenn es überzeugende Proteste hagelt.

Jahreszeiten und Termine

Im Leben der Finnen spielen Jahreszeiten eine besonders große Rolle. In dem bis weit über den Polarkreis hinaus reichenden Land sind schon allein die Temperatur- und Lichtunterschiede zwischen Sommer und Winter so drastisch, dass man geradezu von zwei finnischen Kulturen sprechen kann: Die eine wird vom fast rund um die Uhr scheinenden Sonnenlicht und zeitweilig überraschend hohen Temperaturen geprägt, die andere wird, wenn auch regional etwas mehr oder weniger, durch mitunter unbarmherzigen Frost und arktisches Dämmerlicht diktiert.

Der Sommer ist den Finnen so wichtig, dass das Land in der Praxis – wie viele Ausländer zu ihrem Verdruss haben feststellen müssen – für fünf bis sechs Wochen dichtmacht. Spätestens nach dem Mittsommernachtsfest ziehen die Finnen aufs Land in ihre Sommerhäuser. Der Rest verbringt seine Zeit gesellig und froh gestimmt im Freien – in Straßencafés und Biergärten, in Parks und am Wasser.

Briefe von Geschäftspartnern oder Freunden bleiben unter Umständen längere Zeit unbeantwortet bleiben, E-Mail-Sendungen werden einen Monat lang prompt mit einem automatischen „Out-of-office“ beantwortet, und die Gespräche drehen sich mehr um den besten Angelköder oder um Tipps für den Gewürzgarten als um internationale Politik und Wirtschaft.

Wenn der Winter kommt, verriegeln die Finnen ihre Sommerhäuser, verstauen ihre Boote, tauschen ihre Sommer- gegen Winterreifen aus, schieben ihre Golfausrüstung in den Keller und überprüfen ihre Skier. Jetzt ist die richtige Zeit, im Büro zu schuften, um das Land zu einem noch effizienteren und moderneren Musterland der Technologie zu machen.

Pünktlichkeit

Die Finnen sind pünktliche Menschen. Wie sonst wo auch haben Finnen in verantwortlichen Positionen einen vollgepackten Terminkalender. Die Nichteinhaltung einer Verabredung kann deshalb Ärger auslösen. Man hält sich also lieber an die Abmachung und ist auf die Minute pünktlich. Eine Verspätung von mehr als einer Viertelstunde gilt bereits als unhöflich und verlangt eine kurze Entschuldigung.

Auch im privaten Bereich ist es üblich, die vereinbarte Uhrzeit einzuhalten. Konzerte, Theatervorstellungen und andere öffentliche Veranstaltungen beginnen auf die Minute genau, und im inländischen Fernverkehr sind Verspätungen von Zügen und Bussen eher die Ausnahme als die Regel.

Ein mit Begegnungen und Besprechungen vollgepackter Terminkalender gilt hierzulande eher als Statussymbol denn als ein Zeichen für mangelhaftes Zeitmanagement. Deshalb gilt die Zeitspanne, die ein Gastgeber seinem Gast widmet, auch als Indiz der Wertschätzung. Wenn er beim Mittagessen nicht ständig auf die Uhr schielt, sondern noch ein Häppchen oder noch einen Drink vorschlägt und sogar eine gemeinsame Sauna, dann kann der Gast sicher sein, dass eine dauerhafte Partnerschaft oder gar eine Freundschaft in der Luft liegt.

Feste und Feiertage

Spätestens nach dem Mittsommernachtsfest ziehen die Finnen in ihre Sommerhäuser. Etwa ein Viertel besitzt ein solches "mökki". Nach der Sauna kühlen sie sich im angrenzenden See ab, und bekrönten das Ganze mit einer Flasche Bier, das sie gerne auch mit einer Grillwurst genießen.

Spätestens nach dem Mittsommernachtsfest ziehen die Finnen in ihre Sommerhäuser. Etwa ein Viertel besitzt ein solches „mökki“. Nach der Sauna kühlen sie sich im angrenzenden See ab, und bekrönten das Ganze mit einer Flasche Bier, das sie gerne auch mit einer Grillwurst genießen.

Die Finnen feiern gern, und im Kalender der Fest- und Feiertage gibt es keine großen Unterschiede zu anderen europäischen Nationen, mit dem einen Unterschied, dass sich im protestantisch-lutherischen Kalender nicht alle katholischen Feiertage wiederfinden. Ausländischen Gästen mag es allerdings seltsam erscheinen, dass es bei manchen finnischen Festen ruhig und ernst zugeht, die anderswo überschwänglich und fröhlich gefeiert werden.

Das Weihnachtsfest, besonders der Heilige Abend, wird in Finnland meist im reinen Familienkreis daheim gefeiert. Zum Weihnachtsfest gehört ein Friedhofsbesuch, bei dem Kerzen auf den Gräbern von verstorbenen Verwandten angezündet werden. Finnen wünschen einander ein „fröhliches“, oft aber auch ein „friedliches“ Weihnachtsfest. Bleibt man am ersten Weihnachtsfeiertag noch unter sich, läuft das gesellschaftliche Leben dann am Zweiten Feiertag wieder an.

Statt Nikolaus feiern die Finnen am 6. Dezember ihre 1917 erlangte Unabhängigkeit. Der Tag wird mit großem Ernst und feierlichem Zeremoniell begangen, denn dann gedenken die Finnen ihrer für die Selbstständigkeit des Landes gefallenen Landsleute. Am Abend gibt der Staatspräsident bzw. die Staatspräsidentin einen Empfang für rund zweitausend geladene Gäste, darunter auch die in Finnland akkreditierten Botschafter anderer Ländern. Dessen Liveübertragung im Fernsehen vereint Jahr für Jahr einen Großteil des Volks vor dem Bildschirm.

Das einzige winterliche Fest, bei dem es zu dem ein gewisses Maß ausgelassen zugeht, ist der Fastnachtsdienstag, wenngleich auch er sich in keinerlei Weise mit den Karnevalsfeiern südlicherer Gefilde vergleichen lässt.

Die fröhlicheren Feste sind in Finnland natürlich dem Sommer vorbehalten. Der Erste Mai, international als Tag der Arbeiter und Studenten gefeiert, trägt die feuchtfröhlichen nördlichen Züge eines Karnevals, und das Johannis- bzw. Mittsommernachtsfest, das große Fest der „nachtlosen Nacht“, ist ein hemmungsloses Freudenfest, beginnt doch dann der Sommerurlaub und der Umzug ins Sommerhaus aufs Land.

Sauna

Die Sauna ist für Finnen etwas ganz Selbstverständliches. Erstlinge lernen die finnische Sauna am besten in Gesellschaft eines finnischen Freundes kennen.

Die Sauna ist für Finnen etwas ganz Selbstverständliches. Erstlinge lernen die finnische Sauna am besten in Gesellschaft eines finnischen Freundes kennen.

Eine Nation, in der auf 5 Millionen Einwohner 1,5 Millionen Saunen kommen, benötigt keine Saunaregeln. Die Finnen lernen das Saunabaden auf so natürliche Weise wie das Sprechen. Für den ausländischen Gast ist es besser, die finnische Sauna in Gesellschaft eines finnischen Freundes oder Bekannten kennenzulernen, anstatt sich an irgendwelche mechanischen Anweisungen zu halten, in denen der Saunabesuch als eine genau zu befolgende Kette von Verrichtungen dargestellt wird.

In Finnland saunen Frauen und Männer nicht zusammen, nur im Familienkreis. Gemischte öffentliche Saunen gibt es hier nicht. Wir bei einem Privatbesuch beschlossen zu saunen, wird vereinbart, wer zuerst an der Reihe ist, Frauen oder Männer.

Da Saunen für Finnen etwas Natürliches ist, saunt jeder auf seine Weise. Und niemand wird jemand anderem sagen, er mache was falsch. Es ist auch nicht verwerflich, nicht in die Sauna zu gehen.

Beim Saunen lauscht jeder seinem eigenen Körper und folgt seinem eigenen Rhythmus, wenn er zwischen Sauna, Waschraum, dem Freien und vielleicht dem See bzw. Meer hin und her wechselt. Am einfachsten folgt man dem Beispiel der anderen, ohne aber Eskapaden mitzumachen: Manche finnische Männer wollen ihre »Sisu« unter Beweis stellen und in der kochend heißen Sauna unmenschlich lange auszuharren. Der weise Gast flüchtet in einer solchen Situation ins Freie, trinkt was und genießt die Landschaft.

Andererseits hat es auch seine Reize, an Ritualen teilzunehmen, die etwas seltsam erscheinen mögen: Das Gefühl, das sich des Körpers bemächtigt, wenn man ihn in der heißen, dampfgeschwängerten Sauna mit einem Quast aus weichen Birkenzweigen gepeitscht wird, kann ein überraschend heilsames Erlebnis sein.

Die Sauna ist kein Ort der Hektik. Nach der Sauna sitzt man zusammen, plaudert, trinkt was und genießt vielleicht ein leichtes Abendessen, wobei man ruhig sein Saunaerlebnis kommentieren kann. Auch Fragen zum Saunen kommen gut an, denn übers Saunen reden die Finnen immer gerne.

Von Prof. Olli Alho, November 2002; aktualisiert im Mai 2007 und Februar 2010
Illustrationen: Mika Launis