Jedes Jahr am 6. November wird in Finnland der Tag des finnisch-schwedischen Kulturerbes gefeiert, um die Bedeutung des Schwedischen, einer der offiziellen Sprachen des Landes, zu würdigen. Die schwedischsprachige finnische Journalistin Anna-Lena Laurén erläutert uns, was die schwedische Sprache für Finnland bedeutet.
Der finnlandschwedische Dichter Henry Parland (1908-30) schrieb einmal in einem Brief: „Ich bin ein Fremder, wohin ich auch gehe“. Der Schriftsteller hatte den für viele Finnlandschweden (schwedischsprachige Finnen) typischen vielseitigen Hintergrund:
Parland wurde in Wyborg (damals Teil Finnlands und heute Teil Russlands) in eine Familie mit schottischen Wurzeln geboren und besuchte die Schule in deutscher Sprache. Obwohl er auch Russisch und Finnisch beherrschte, war Schwedisch die Sprache seiner schriftstellerischen Karriere.
In Finnland gibt es seit 1100, als schwedische Kreuzfahrer kamen, eine schwedischsprachige Bevölkerung, aber die Finnlandschweden verfügen über ein viel breiteres kulturelles und genetisches Erbe. Russisches, deutsches, schottisches und baltisches Blut fließt in den Adern vieler Finnlandschweden.
Finnen oder Schweden?
Finnische Flaggen im Stadion: Finnlandschweden unterstützen auf keine Fall Schweden bei Sportereignissen.Foto: Heikki Saukkomaa/Lehtikuva
Als Parland schrieb, dass er überall, wo er hinkomme, ein Fremder wäre, bezog er sich nicht nur auf seinen multikulturellen Hintergrund. Wahrscheinlich meinte er auch, dass es äußerst schwierig sein kann, seine Identität Menschen zu erklären, die glauben, dass Nationalität und Sprache ein und dasselbe sind. Ein Finne, der Schwedisch spricht? Wie ist das möglich?
Tatsache ist, dass Finnlandschweden sich selbst als Finnen betrachten. Das heißt, wir sind keine Schweden, die in Finnland leben, sondern Finnen, deren Muttersprache Schwedisch ist. Mehrsprachige Länder sind nicht ungewöhnlich – in Europa gibt es auch Belgien und die Schweiz –, aber der Irrglaube, dass ein Land nur eine Sprache haben kann, ist immer noch recht verbreitet.
Fragen Sie also niemals Finnlandschweden, ob sie im Eishockey für Finnland oder Schweden sind. Sie werden es schlicht als Beleidigung empfinden.
Eine der Amtssprachen Finnlands
Marschall C.G. Mannerheim, gemalt von Akseli Gallen-Kallela, einem der bekanntesten finnischen Künstler, dessen Muttersprache ebenfalls Schwedisch war.Foto: Jussi Nukari/Lehtikuva
Ausländer fragen oft, warum Schwedisch in Finnland eine Amtssprache ist, da nur 5,2 Prozent der Bevölkerung Schwedisch sprechen.
Die Antwort ist, dass die schwedische Sprache in Finnland eine kulturelle und historische Bedeutung hat, die sich nicht in Prozenten messen lässt. Finnland war 700 Jahre lang Teil Schwedens, eine Zeit, die Finnland eine westeuropäische Sozialstruktur bescherte. Im Gegensatz zu Russland und den baltischen Staaten wurde Finnland keine Feudalgesellschaft, sondern eine Gesellschaft, die aus freien Bauern bestand.
Als sich das Finnische um 1800 als Sprache der Verwaltung und schöpferischen Künste durchzusetzen begann, waren es schwedischsprachige Intellektuelle, die diesen Prozess anführten. Sie betrachteten sich als finnische Patrioten. Gleichzeitig behielt das Schwedische seine kulturelle Bedeutung.
Ein großer Teil der wichtigsten finnischen Literatur wurde auf Schwedisch verfasst – die Nationalhymne zum Beispiel von dem Nationaldichter Johan Ludvig Runeberg. Finnlands bekanntester Komponist, Jean Sibelius, sprach Schwedisch, ebenso wie Marschall C.G. Mannerheim, der Finnland durch die Weltkriege führte. Neben seiner Muttersprache sprach Mannerheim auch Russisch, Deutsch, Französisch und Englisch – und Finnisch war eigentlich seine schwächste Sprache. Das machte ihn aber nicht weniger zu einem Finnen.
Finnisch-schwedische Stärke in der Kunst
Die finnisch-schwedische Künstlerin und Autorin Tove Jansson schuf die beliebten Mumin-Trolle, von denen hier einige als kleine Figuren zu sehen sind.Foto: C.G. Hagström
Bis heute produzieren die Finnlandschweden einen viel größeren Anteil an Literatur, als man bei 5,2 Prozent der Bevölkerung erwarten würde. Die Mumins, Finnlands größter Exportartikel, wurden von der finnlandschwedischen Autorin und Künstlerin Tove Jansson geschaffen.
Drei schwedischsprachige Theater in der Hauptstadt, 15 Zeitungen im ganzen Land, mehrere Radiosender und ein Fernsehsender: In Finnland gibt es eine ganze Welt der Kultur und Kunst in schwedischer Sprache, parallel zu und im Dialog mit der finnischsprachigen Welt.
Das ist einer der Gründe, warum die schwedische Sprache in Finnland so tief verwurzelt ist. Sie ist keine Fremdsprache, sondern Teil des kulturellen Erbes der ganzen Nation.
Von Anna-Lena Laurén, aktualisiert Mai 2025