Finnlands Geschichte der Weltraumforschung begann bereits im frühen 18. Jahrhundert mit Magnetometern und erstreckte sich fortan über das vergangene Jahrhundert bis in die jetzige Zeit. Heute arbeitet Finnland mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zusammen und verfügt nun über einen neuen kommerziellen Wachstumssektor in der Weltraumwirtschaft.
In diesem kurzen Interview beschreibt Minna Palmroth, Direktorin des finnischen Kompetenzzentrums für nachhaltige Weltraumforschung von der Universität Helsinki, was Finnland im All so alles macht.
ThisisFINLAND: Für uns ist es natürlich normal, aber einige Leute fragen sich sicherlich: „Moment mal, Finnland hat eine Raumfahrtindustrie?“
Minna Palmroth: Finnland verfügt über Know-how in Bereichen, die sich auf den Weltraum anwenden lassen, wie Kommunikation, Software und technische Hardware. Außerdem hat Finnland eine lange Geschichte in internationaler Zusammenarbeit und Grundlagenforschung, die für die neue Weltraumwirtschaft von wesentlicher Bedeutung sind.
Was sind Finnlands Stärken im Weltraum?
Finnland ist besonders stark in Nischenbereichen, die das Wetter betreffen. So haben das Finnische Meteorologische Institut ( FMI ) und Vaisala einen Teil der weltweit besten Instrumente zur Messung von Druck und Feuchtigkeit entwickelt. Diese Geräte werden bei amerikanischen und europäischen Marssonden eingesetzt. Das FMI stellt auch eine Autorität auf dem Gebiet der Erdbeobachtung dar, während die Universität Helsinki weltweit führend in der Simulation und Modellierung der Weltraumumgebung ist. Die US-amerikanische National Oceanic and Atmospheric Administration verwendet finnische Technologie zur Überwachung des Weltraumwetters, wie beispielsweise Röntgeneruptionen aus den koronalen Massenauswürfen der Sonne, die Millionen Tonnen Materie in den Weltraum schleudern. (Anmerkung: Fast alle Links in diesem Artikel sind auf Englisch.)
Miniatursatelliten gehören ebenfalls zu Finnlands Pluspunkten. Der erste finnische Satellit, Aalto-1 , wog bloß vier Kilogramm. Er wurde von Studenten der Aalto-Universität entwickelt und 2017 ins All geschickt. In Finnland gibt es überdies mehrere kommerzielle Unternehmen, die auf Mikrosatelliten spezialisiert sind.
So manche weiteren finnische Innovationen und Fachkenntnisse werden ebenfalls in der Raumfahrt eingesetzt, auch wenn sie ursprünglich nicht für diesen Bereich entwickelt worden sind. Gute Beispiele hierfür sind KI und Datenanalyse, die für das Analysieren großer Mengen an Informationen aus Satelliten von Nutzen sind. Dies kann in der Land- und Forstwirtschaft oder zur Analyse des Klimawandels Anwendung finden.
Was für eine Weltraumforschung findet in Finnland statt?
Forschung, die nicht einfach nur in wissenschaftlichen Zeitschriften landet, sondern größtenteils kommerziell weiterentwickelt wird. Genau genommen sind die meisten neueren privaten Raumfahrtunternehmen Finnlands aus dieser Forschung hervorgegangen.
Die Universität Helsinki ist die größte finnische Weltraumforscherin. Neben der Grundlagenforschung ist sie in Zukunftszweigen wie Nachhaltigkeit in der Raumfahrt aktiv. Die Universität Turku ist leistungsstark in Physik und Astronomie, während die Universität Oulu der Standort für Ionosphärenexperten ist, und die Universität Lappland befasst sich am Institut für Luft- und Weltraumrecht mit Weltraumrecht.
Zu den Regierungsorganisationen, die Weltrauminnovationen entwickeln, gehören das FMI, das sich mit Erd- und Weltraumwetter befasst, und Finnlands technisches Forschungszentrum VTT, das alles, von Sensoren bis hin zu Mikrosatellitenkonstellationen, entwickelt.
Manche sind es vielleicht nicht gewohnt, die Wörter „Weltraum“ und „nachhaltig“ aufeinander bezogen zu sehen. Warum ist Nachhaltigkeit in der Raumfahrt so wichtig?
Etwa 8.000 Tonnen Trümmer kreisen bereits im All, und es werden immer mehr Satelliten in den Weltraum befördert. Das finnische Kompetenzzentrum für nachhaltige Weltraumforschung arbeitet daran, Satelliten langlebiger zu gestalten, damit sie weiter benutzt werden können und nicht zu Weltraumschrott werden. Dort befasst man sich auch mit Wiedereintrittssystemen, der sogenannten Plasmabremse, damit Satelliten sicher in der Atmosphäre verglühen.
„Weltraumrecht“ ist ein weiterer Begriff, auf den manche vielleicht noch nicht gestoßen sind. Worauf bezieht er sich?
Das Weltraumrecht umfasst Verträge, internationale Vereinbarungen und nationale Gesetze, die Aktivitäten im All regeln. Konzeptionell ähnelt es dem Seerecht, da es die Nutzung von etwas umfasst, das der gesamten Menschheit gehört. Finnlands Weltraumgesetz, das 2018 aktualisiert wurde, fördert die nachhaltige und profitable Nutzung des Weltraums.
Welche finnischen Raumfahrtunternehmen gibt es?
Finnland hat eine Vielzahl von Raumfahrtunternehmen. Das Mikrosatellitenunternehmen Iceye ist derzeit, gemessen an der Höhe der privaten Finanzierung, die es erhalten hat, das größte Weltraum-Startup in Europa. Isaware ist Entwickler von Instrumenten zur Messung des Weltraumwetters, und Collective Crunch nutzt KI zur Analyse von Satellitendaten für Firmen. Andere Unternehmen sind auf Kommunikation, Verbundwerkstoffe, optische Hardware und Robotik spezialisiert. Weitere Informationen findet man in der Unternehmensdatenbank von Business Finland. (Anmerkung der Redaktion: Man kann sich auch bei Space Finland informieren, eine Website, die von Business Finland und dem Ministerium für Wirtschaft und Beschäftigung unterhalten wird.)
Gibt es finnische Astronauten?
Noch nicht, aber der pensionierte NASA-Astronaut Tim Kopra ist väterlicherseits finnischer Abstammung
Von David J. Cord, Januar 2023