Die Finnen zahlen hohe Steuern, erhalten aber auch relativ viel im Gegenzug für ihr Geld. Familien mit Kindern werden von der Gesellschaft besonders gut betreut. Ihr Leben erleichtert ein vielförmiges System, das Beistand und Beihilfen gewährt.
Die Familie Tuurala aus Helsinki ist ein gutes Beispiel dafür, das aufzeigt, wie eine Familie mit Kindern von der Unterstützung der Gesellschaft profitieren kann. (Klicken Sie auf die unterstrichenen Wörter, um weitere Informationen zu finden. Einige wenige sind in Englisch.)
Kati und Klaus Tuurala sowie ihre Töchter Freja, 6, und Iiris, 4, leben in Ruoholahti, einem nicht weit von der Helsinkier Innenstadt gelegenen Viertel. Sie führen ein aktives Leben und haben ein Durchschnittseinkommen.
Kati, 36, hat eine Vollzeitbeschäftigung, ihr Mann Klaus, 61, befindet sich bereits im Ruhestand. Er war als Letztes Usability-Experte beim Telekommunikationsunternehmen Sonera. Nach seiner Pensionierung immatrikulierte er sich erneut an der Helsinkier Universität. Ihre Töchter sind in der kommunalen Kita, und Freja besucht zudem die Vorschulklasse.
Der große Tag
Doch bevor wir in die Einzelheiten gehen, lassen Sie uns das Rad der Zeit sechs Jahre zurückzudrehen, als Kati und Klaus im Begriff waren, Eltern zu werden.
Kati durfte wählen, in welcher der drei lokalen Geburtskliniken, die zum gehören, sie entbinden wollte. Sie entschied sich für Kätilöopisto, weil es dort das Haikaranpesä gibt, das kuschelige Storchennest, eine Entbindungsstation besonders für Frauen, die eine natürliche, aktive Geburt vorziehen. Als werdende Eltern der „Storchennest“-Station gingen Kati und Klaus zur Klinik, um die Entbindungsstation in Augenschein zu nehmen und um das dortige Personal im Voraus kennenzulernen.
Das Ehepaar diskutierte die geplante Entbindung mit der Hebamme und machte sich mit den Geburtshilfen- und -methoden vertraut, die in der Klinik angewandt werden, um die Geburt zu erleichtern und die Schmerzen zu lindern. Die beiden nahmen auch zusammen mit anderen werdenden Eltern an einem Geburtsvorbereitungskurs teil, den das Storchennest veranstaltet. Die angehenden Väter hatten ihre eigene Diskussionsgruppe.
Die Geburt verlief wie geplant, und dem Paar sind angenehme Erinnerungen an das Ereignis zurückgeblieben.
Klaus war bei der Geburt dabei, und die ganze Familie verbrachte die Nachtzusammen in ihrem eigenen Zimmer in der Klinik. Die ihnen zugeteilte Hebamme besuchte sie während der ersten Wochen zu Hause, um die Entwicklung des Säuglings zu überwachen und den Eltern u. a. beizubringen, wie das Baby in einem Tragetuch getragen werden sollte.
Zurück zur Arbeit
Ein Jahr nach der Geburt von Iiris wechselte Kati zum WSOY-Verlag, und Iiris durfte zur selben Familientagesbetreung gehen wie Freja. Freja besuchte rund ein Jahr später am Vormittag die Vorschulklasse einer nahegelegenen Kita, und wurde am Nachmittag weiterhin von Riitta umsorgt.
Trautes Heim
Als ihre Töchter noch klein waren, besuchten sie mit ihren Eltern den Säuglingsschwimmunterricht sowie die Mutter- und Kleinkind-Gymnastik. Später nahm Klaus Freja jede Woche zum Märchen-Fitnessstudio und Iiris zur Kinderleihbücherei, wo sie sich Bücher für zu Hause aussuchte. Die Kinder-Freizeitbeschäftigung kostet nicht viel, weil die Einrichtungen von Bürgerorganisationen betrieben werden, die finanzielle Unterstützung erhalten. Die Mädchen verbringen jede Woche auch Zeit im Freien, und zwar im öffentlichen Spielpark in ihrer Nähe, den tagsüber Kinderbetreuer überwachen.
Verschlägt Ihnen die Lektüre den Atem? Es mag aber auch für Sie nichts Besonderes sein. Jedenfalls ließen sich in Finnland noch unzählige weitere Formen sozialer Unterstützung und Dienstleistungen für Familien mit Kindern schildern. Das hier waren bloß die wichtigsten.
Die wirksame Familienpolitik hat zumindest zwei Dinge bewirkt: Finnland hat seit langer Zeit eine der niedrigsten Säuglingssterblichkeit in der Welt, und Mütter haben eine deutlich bessere Chance als in vielen anderen EU-Ländern, im Berufsleben aktiv zu bleiben.
Folgen wir Freja und Iiris zum Schluss noch auf den Eislaufplatz im örtlichen Park, den kommunale Arbeiternehmer zur großen Freude der hiesigen Jugendlichen gerade mit Eis bedeckt haben. Was ein Spaß für die Kinder!
Von Salla Korpela, Juli 2005, aktualisiert im September 2010