Gerade mal einen Katzensprung vom Zentrum der finnischen Hauptstadt entfernt, bietet der Zoo Helsinki auf der felsigen Insel Korkeasaari ein Refugium für bedrohte Tierarten aus exotischen Ländern.
Es ist etwas merkwürdig, im Winter bei einem Besuch auf der Insel Korkeasaari Tiere wie Kamele, Löwen, Tiger und Affen im Schnee zu sehen. Viele Bewohner des Helsinkier Zoos fühlen sich in kalten oder bergigen Regionen wohl, aber selbst solche, die ursprünglich aus wärmeren Gegenden stammen, scheinen sich an der eisigen Brise, die von der Ostsee her bläst, nicht zu stören.
„Das Wohlbefinden unserer Tiere steht bei uns an erster Stelle und damit sie sich natürlicher verhalten können, ist es wichtig, dass sie so viel Zeit im Freien verbringen können, wie sie möchten“, erläutert Nina Trontti, Leiterin der Tierpflegeabteilung des Zoos. „Aus diesem Grund macht es wenig Sinn, hier große afrikanische Tiere wie Elefanten oder Giraffen zu halten. Aber unsere Trampeltiere aus Zentralasien und unsere Berberaffen aus den Bergen ganz im Norden Afrikas sind an kalte Bedingungen gewöhnt. Auch unsere Löwen scheinen gut zurecht zu kommen, und es ist lustig zu sehen, wie gerne ihre Jungen im Schnee spielen – so wie alle Kinder!“
Die Bewahrung der Biodiversität hat heute für alle verantwortungsvollen Zoologischen Gärten ebenfalls höchste Priorität. Der Zoo Helsinki hat sich in internationalen Zuchtprogrammen, deren Ziel es ist, bedrohte Tierarten aus bergigen und nördlichen Regionen vor dem Aussterben zu schützen, einen guten Ruf als vertrauenswürdiger Partner erworben.
Schöne große Katzen aus dem Fernen Osten
Nina Trontti arbeitet selbst in einem internationalen Gremium mit, das sich um die Arterhaltung des weltweit seltensten Leoparden bemüht: des Amur-Leopards aus den Hochlandwäldern Sibiriens und dem Nordosten Chinas. „Es gibt nur noch 60–80 Amur-Leoparden in freier Wildbahn, aber hier in Helsinki ist es uns gelungen, über 20 zu züchten“, sagt sie. „Die hier geborenen Jungen wurden zu anderen an dem Programm beteiligten Zoos geschickt, aber einige der im Zoo gezüchteten Jungen sollten schon bald in der Amur-Region in einem besonderen Auswilderungsgebiet in großen Gehegen untergebracht werden. Und wir hoffen, dass deren Nachkommen dann freigelassen werden, um die wilde Population zu stärken.“
„Seit 1960er Jahren haben wir hier in Korkeasaari im Rahmen eines ähnlichen langfristigen Zuchtprogramms auch über 100 seltene Himalaya-Schneeleoparden gezüchtet – und wir hoffen, dass unsere zwei herrlichen Amur-Tiger auch bald Nachwuchs bekommen“, fügt sie hinzu.
Nina Tronttis persönliche Lieblingsbewohner des Zoos sind die Schraubenziegen. Diese Bergziegen mit ihren auffallend gedrehten korkenzieherähnlichen Hörnern hüpfen munter die steilen felsigen Hänge hoch und überblicken den Landungssteg, an dem im Sommer die meisten der Zoobesucher mit dem Boot ankommen. „Wir freuen uns, dass die Schraubenziegen jeden Sommer Kinder hierher locken, denn in ihrer wilden Umgebung in Pakistan und Afghanistan sind die Schraubenziegen bedroht“, sagt Trontti.
„In Zukunft wollen wir unser hier aufgebautes Know-how verstärkt anbieten, um bei Auswilderungen zu helfen“, ergänzt sie. Das Zoopersonal ist stolz darauf, dass in Helsinki geborene und gezüchtete Wisente und Luchse heute frei in den Wäldern Russlands und Polens umherstreifen.
Lokale Attraktionen
Der Zoo Helsinki beherbergt auch viele wilde finnische Tiere, darunter Bären, Vielfraße, Luchse, Otter, Eulen, Elche und wilde Waldrentiere. Insbesondere Besucher aus dem Ausland, die etwa 10 Prozent der 500.000 jährlichen Besucher des Zoos Helsinki ausmachen, interessieren sich für diese nordischen Tiere. Aber auch viele finnische Stadtkinder, die sonst kaum Gelegenheit haben, diese schönen und beeindruckenden Tiere anderswo zu sehen, erfreuen sich an ihnen.
Ein weitere wichtige Aufgabe des Zoos ist die Bildungsarbeit. Im Januar 2016 wurden die neuen Einrichtungen der Natur-Schule eröffnet und schon bald werden Horden eifriger Schüler die Insel erkunden und Spaß an eigens entwickelten kreativen Aufgaben und tierbezogenen Projekten haben.
„Wir glauben, dass es heutzutage eine Berechtigung für Zoos gibt – nicht nur für die Arterhaltung, sondern auch, um den Menschen einen direkteren emotionalen Kontakt zu Tieren zu ermöglichen“, sagt Trontti. „Im Internet und in Naturdokumentationen im Fernsehen können wir beeindruckende Bilder wild lebender Tiere sehen, aber es ist doch etwas ganz anderes, einem großen Elch oder einem gewaltigen Tiger Auge in Auge gegenüberzustehen!“
Tag im ZooDer Zoo Helsinki eignet sich das ganze Jahr über als schönes Ausflugsziel. Im Winter ist die friedliche Insel von der Endhaltestelle der Buslinie 16, deren Busse die Besucher vom Hauptbahnhof oder der U-Bahnstation Kulosaari nehmen können, über eine Fußgängerbrücke zu erreichen. Im Sommer, wenn vom Marktplatz und dem Hakaniemi-Platz regelmäßig Boote zum Zoo fahren (1. Mai–30. September), wird Korkeasaari noch beliebter. |
Von Fran Weaver, März 2016