Sini Marttinen, eine der 2000 Personen, die per Losverfahren für das finnische Grundeinkommensexperiment ausgewählt wurden, hat einen Magisterabschluss in Sozialwissenschaften. Sie hat eine Anstellung bei einer Stiftung gefunden, die Finanzmittel für Katastrophenhilfe und den Logistiksektor bereitstellt.
„Das ist ein Traumjob“, sagt sie. „Da ich auf Teilzeitbasis arbeite, kann ich nebenher auch meine Freiwilligentätigkeit für Familien mit geringem Einkommen, Häftlinge und Asylsuchende fortführen.“
Sini Marttinen ist Aufsichtsratsmitglied des Kallio-Käpylä-Verbands des finnischen Roten Kreuzes in Helsinki und arbeitet dort ehrenamtlich als Kampagnen-Managerin.
Das Grundeinkommen-Experiment hat sie dazu motiviert, wieder ein eigenes Unternehmen zu gründen. Eine Unternehmensgründung war bislang unter Umständen mit dem Wegfall sämtlicher Sozialleistungen verbunden.
„Früher habe ich geschworen, nie wieder Unternehmerin zu werden, und jetzt bin ich es doch! Das Grundeinkommen hilft mir dabei, die obligatorischen Rentenversicherungsbeiträge zu zahlen, sogar wenn ich mehrere Monate keine Bestellungen oder Aufträge erhalte. Für mich ist dieses Arrangement perfekt. Es ist, als ob man im Lotto gewinnt.
In Finnland macht man die Arbeitslosen oft selbst für ihre missliche Lage verantwortlich. Ich wünschte, die Menschen würden verstehen, dass jeder seinen Job verlieren kann und zwar aus Gründen, auf die man selbst keinen Einfluss hat“, so Marttinen.
Sie glaubt, dass ein allgemeines Grundeinkommen dazu beitragen könne, das Stigma der Arbeitslosigkeit auszuradieren. Es sei in etwa mit dem Kindergeld vergleichbar, das Familien mit Kindern automatisch monatlich ausgezahlt werde.
„Kein Geldbetrag allein kann den sozial Schwächsten helfen, aber durch ein Grundeinkommen-System könnten Sozialarbeiter der Betreuung wirklich hilfebedürftiger Menschen mehr Zeit widmen. Für ehemalige Häftlinge ist das größte Problem zum Beispiel nicht das Geld, sondern neue Lebensgewohnheiten, ein Heim, eine Ausbildung, Arbeit sowie Mittel und Wege zur Suchtbekämpfung und Schuldentilgung zu finden.“
Spitzenleistungen durch ExperimentierenDie Förderung von Pilotprojekten und Experimenten zählt zu den wichtigsten Projekten der derzeitigen finnischen Regierung. Sie will innovative Wege für die Weiterentwicklung der finnischen Gesellschaft und des Dienstleistungssektors finden, um sowohl Empowerment als auch Effizienz zu fördern. Diese Experimentalkultur wird insbesondere im Beschäftigungssektor, für den das Grundeinkommen-Experiment ein gutes Beispiel ist, in der Kreislaufwirtschaft und im Bereich der künstlichen Intelligenz gefördert. Bis 2025 will Finnland dadurch zum Bahnbrecher bei der Ausarbeitung neuer Lösungen werden. Quelle: Experimental Finland |
Von Tuomas Muraja, ThisisFINLAND Magazine 2018