Alvar Aaltos Hocker 60, von dem im Laufe der Jahrzehnte rund acht Millionen Stück verkauft worden sind, feiert 2013 seinen 80. Geburtstag.
Der Name Alvar Aalto steht weltweit für innovative Architektur, wird gleichermaßen aber auch mit spektakulärem Möbeldesign assoziiert. Dazu gehört insbesondere der Hocker 60, der Inbegriff des Funktionalismus.
Aalto leistete Pionierarbeit in der bahnbrechenden Holzbiegetechnik und setzte sie auch bei der Herstellung seines dreibeinigen Hockers ein. Sein Design machte die Sitze leicht stapelbar, und somit benötigten sie weniger Lagerfläche. Er verwendete das Holz der Birke, einer der in Finnland am häufigsten vorkommenden Laubbäume. Erst wurden in die für die L-Beine gedachten Holzplanken Einschnitte gesägt, dann, im nächsten Arbeitsschritt, wurden sie unter Verwendung von Wärme und Dampf zu einem 90-Grad-Winkel gebogen.
Ein Stück Geschichte
Offiziell vorgestellt wurde der Hocker 60 im November 1933 bei einer finnischen Möbelschau in London, und das Publikum war begeistert.
„Damals war das englische Publikum und die Presse überrascht, dass so ein gutes Design aus einem so kleinen, unbekannten Winkel Europas namens Finnland stammen konnte“, sagt Mari Murtoniemi, pädagogische Kuratorin des Alvar-Aalto-Museums. „Seither ist Aalto das Aushängeschild des finnischen Designs.“
Das in Aaltos ehemaliger Heimatstadt Jyväskylä in Mittelfinnland gelegene Museum feiert das 80-jährige Jubiläum des Hockers mit einer Sonderausstellung, die seine Geschichte erzählt.
„Aalto gehörte zu den Designern, die das Image von Qualität und Funktionalität schufen, für das das finnische Design noch heute bekannt ist“, sagt Murtoniemi. „Er war ein Wegbereiter.“
Aalto entwarf Designs, an denen sich alle Menschen erfreuen sollten. Und so finden sich denn auch viel davon in den finnischen Haushalten wieder. Ermöglicht wurde das durch Artek, eine Möbelfirma, die Aalto 1935 mit seiner Frau Aino, Kunstförderin Maire Gullichsen und Kunsthistoriker Nils-Gustav Hahl gegründet hatte. Zur Feier seines 80-jährigen Bestehens kam das Unternehmen mit einer Sonderausgabenserie des Hocker 60 heraus, produziert von verschiedenen namhaften Architekten und Designern. Hocker mit Sitzen in ihren ursprünglichen Farbgebungen wurden ebenfalls wieder ins Sortiment aufgenommen.
Dauerhaftes Design
80 Jahre bedeuten in der Designwelt letztendlich eine lange Zeit. Warum hat dann dieser schlichte Hocker die Zeit so gut überdauert?
„Er war einfach genial“, sagt Timo Penttilä von Artek 2nd Cycle, einer Filiale, die mit recycelten und Vintage-Möbeln von Artek handelt. „Er war damals revolutionär und hat den Test der Zeit gut überstanden. Es gibt viele Worte, ihn zu beschreiben: schlicht, schön, funktionell“.
Im Bemühen, das nachhaltige Design der Artek-Möbel zu behüten, stöbert der Helsinkier Verkaufs- und Ausstellungsladen 2nd Cycle Inneneinrichtungsgegenstände auf Flohmärkten, in Schulen, Pflegeheimen und Garagen auf. Artek offeriert, jedes Möbelstück wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen, wobei der Eigenart eines jeden Gegenstandes großer Respekt gezollt wird.
„Wir lassen die meisten Hocker so, wie wir sie vorgefunden haben“, sagt Penttilä. „Jeder Stuhl entwickelt im Laufe der Zeit seinen eigenen Charakter. Ich persönlich mag Hocker, deren Farbe sich vom regen Gebrauch abgenutzt hat.“
Und angesichts ihrer platzsparenden Lagerung ist Penttilä nicht der Einzige, der bei sich zahlreiche Hocker 60 verstaut hat.
„Wenn wir zu Hause eine Party feiern, finden alle bei uns eine Sitzgelegenheit“, lächelt er. „Einige, die hier arbeiten, erwerben jedes Jahr einen Hocker. Mein Kollege Antti besitzt etwa 15. Oder vielleicht hat er mehr, aber sagt uns nicht, wie viele es sind.“
Von James O’Sullivan, Juli 2013