Finnlands Forstwirtschaft, Teil 1

Wälder – die „Kornkammer“ Finnlands

Was wäre Finnland ohne seine Wälder? Erfahren Sie etwas über die Ursprünge und die Zukunft dieser Branche.

Was wäre Finnland ohne seine Wälder? Die Globalisierung und gesellschaftliche Veränderungen haben die Forstwirtschaft Finnlands im letzten Jahrzehnt stark beeinflusst. In einer dreiteiligen Serie werden wir die Ursprünge und die Zukunft dieser Branche näher beleuchten.

Finnlands Wohlstand ist auf seine Wälder bzw. die dort ansässige Holz verarbeitende Industrie zurückzuführen. Der Forstwirtschaft fiel für Finnland definitiv die wichtigste Rolle bei der Industrialisierung, beim Handel und beim Export zu. Die Forstwirtschaft hat seit Finnlands Unabhängigkeit 1917 mehr Finnen den Lebensunterhalt gesichert als jede andere Branche des Landes.

Die Globalisierung und strukturelle Veränderungen in der Gesellschaft haben die Forstwirtschaft Finnlands radikal beeinflusst. Das gilt insbesondere für das letzte Jahrzehnt. In Finnland hatte die Globalisierung zwei Haupteffekte: Kleinere Unternehmen sind mit den großen Unternehmen fusioniert und die Branche hat einen Großteil der Produktion ins Ausland verlagert.

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Das Werk Sunila in Kotka im Südosten Finnlands wurde von dem weltbekannten finnischen Architekten Alvar Aalto entworfen und nahm 1938 den Betrieb auf. Foto: Stora Enso

Die Forstwirtschaft von heute ist besser dazu in der Lage, bei der Stammernte und der Aufforstung auf umweltbezogene Aspekte und die Artenvielfalt zu achten.

Bio-Energie, Bio-Öl sowie weitere Innovationen schaffen für die Branche bedeutende neue Segmente und stehen gleichberechtigt neben älteren, traditionellen Segmenten wie Papier, Zellstoff, Nutzholz und Holzprodukte.

Den Finnen bieten die Wälder überdies Erholung, Entspannung und eine Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen. Sie haben daher einen großen emotionalen und psychologischen Wert. Die moderne Forstwirtschaft vereint ökonomische, ökologische und Erholung und Freizeit betreffende Überlegungen.

Die Anfänge

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Die Finnen haben ihre Wälder jahrhundertelang geschont, doch im 19. Jahrhundert erlebte die Holz verarbeitende Industrie einen rapiden Aufschwung (Foto mit unbekanntem Datum etwa aus den 1960er Jahren). Foto: T. Kaivola

Bereits im Mittelalter lieferten die Finnen Brennholz ins schwedische Stockholm und nach Tallinn in Estland. Auch der Verkauf von Rundholz in benachbarte Länder reicht bereits weit zurück. Im 17. Jahrhundert war Teer, der bekanntlich aus Holz hergestellt wird, der wichtigste Exportartikel Finnlands. Entdecker aus allen Teilen Europas benötigten ihn für ihre Reisen. Das Teergeschäft begründete eine komplette neue Schicht von Teerhändlern in Finnland.

Die ersten mit Wasser betriebenen Sägemühlen entstanden in Finnland im 16. Jahrhundert und das erste manuell betriebene Papierwerk wurde etwa ein Jahrhundert später gebaut, nämlich 1667.

Richtig Fahrt nahm die Holz verarbeitende Industrie im 19. Jahrhundert mit der Einführung der Dampfkraft auf breiter Ebene auf. Durch die Dampfkraft entwickelten sich die Sägemühlen und die Papierherstellung zu einer derart florierenden Branche, dass es zu Beginn des Ersten Weltkriegs in Finnland etwa 600 Sägemühlen, 25 Papierwerke, 17 Zellstoffwerke und drei Sperrholzfabriken gab.

Als Finnland 1917 seine Selbständigkeit erlangte, entfielen etwa 75 Prozent der Exporte Finnlands auf die Forstwirtschaft.

Im frühen 20. Jahrhundert brachte die Forstwirtschaft dem Land Wohlstand und trug zur Entwicklung weiterer Industriezweige bei.

Kriegsschulden und die globalen Märkte verändern die Forstwirtschaft

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Nordische Kiefern und Fichten liefern das widerstandsfähigste Material für die Papierherstellung und wachsen nur in den nördlichen Breiten. Sie sorgen dafür, dass es in Finnland immer eine Forstindustrie geben wird. (Holzernte im Winter.) Foto: UPM

Der Zweite Weltkrieg führte zu einschneidenden Veränderungen. Finnland war dazu verpflichtet, der Sowjetunion zwischen 1944 und 1952 Kriegsschulden in enormer Höhe zu bezahlen.

Die Sowjets forderten eine Begleichung der Schulden größtenteils in Form von Produkten der Metallindustrie wie Schiffe, Lokomotive, Motoren, Maschinen, Werkzeuge und 30 komplett ausgestattete Fabrikanlagen. Dadurch war die Metallindustrie gezwungen, sich weiterzuentwickeln. Das führte dazu, dass Finnland 1949 über die modernsten Werften und Gießereien in ganz Skandinavien verfügte. So überholte die Metall- und die Chemieindustrie die Forstwirtschaft in den 1980er Jahren sowohl beim Umsatz als auch beim Exportwert. In den späten 1990er Jahren übernahm die Elektronikbranche die Führungsrolle.

Seit 2000 hatten der weltweite Handel und strukturelle Veränderungen in der Gesellschaft umfassende Auswirkungen auf die Forstwirtschaft in Finnland. In den letzten Jahren haben die drei größten Forstunternehmen des Landes – Stora Enso, UPM und die Metsä Group – über die Hälfte ihrer Produktion ins Ausland verlagert, in den 1990er Jahren zuerst nach Mitteleuropa, anschließend in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends in die USA und schließlich einige Jahre später nach Lateinamerika und China.

Obwohl etwa 60 Prozent der Zellstoff- und Papierindustrie ins Ausland verlagert wurden, verbleiben etwa 95 Prozent der Sägewerksindustrie in Finnland. Die Forschung und Entwicklung sowie neue Fertigungsanlagen für Bio-Kraftstoff befinden sich ebenfalls dort. In Finnland befinden sich mit Metso der größte Hersteller von Papiermaschinen und mit Ponsse einer der größten Hersteller von Maschinen für die Forstwirtschaft.

Zum jetzigen Zeitpunkt macht die Forstwirtschaft etwa 20 Prozent aller Exporte aus und ist damit nach der Elektronik- und der Metallbranche die drittgrößte Branche Finnlands. Ebenso entfallen auf die Forstwirtschaft etwa 20 Prozent des gesamten Umsatzes der finnischen Industrie sowie 16 Prozent der inländischen Arbeitsplätze in der Industrie.

Werke folgen den Rohstoffen und den Märkten

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Umsetzen von Setzlingen in einer Baumschule in Guangxi: Finnische Forstunternehmen sind auch in China präsent. Foto: Stora Enso

Zwei logische Gründe erklären, warum Finnlands Forstunternehmen ihre Papier- und Zellstoffproduktion an solch weit entfernte Standorte wie China und Lateinamerika verlagert haben.

Die Gründe sind der Eukalyptus und der Markt. Eukalyptus wächst an beiden Standorten und liefert schnell kostengünstige Holzfasern. Gleichzeitig zählen beide Standorte zu den größten künftigen Märkten für Papierprodukte, wodurch sich auch Einsparungen bei den Transportkosten ergeben.

Die Papier- und Zellstoffindustrie wird jedoch niemals vollständig aus Finnland verschwinden. Die zähen Fasern der nordischen Kiefern und Fichten, die nur in den nördlichen Breiten wachsen, sind das widerstandsfähigste Material zur Papierherstellung.

Freuen Sie sich auf die kommenden Artikel dieser Serie über den nicht industriellen Nutzen der Wälder sowie die aktuellsten innovativen Einsatzmöglichkeiten von Holz und Holzprodukten.

von Vesa Kytöoja, Dezember 2012