Programmiererin dank finnischem Event

Die weltweite Bewegung Rails Girls, die Frauen zum Programmieren von Apps animiert, begann mit einem Event in Finnland.

Eine Veranstaltung in Finnland wollte Frauen ans Programmieren von Web-Apps heranführen und entwickelte sich flugs zu einer weltweiten Bewegung.

Maria Boychenko war neugierig. Um sie herum redeten alle von so interessanten Dingen, dass sie mehr darüber wissen wollte.

„Helsinki ist voller Technologie und Start-up-Unternehmen, die Webanwendungen produzieren“, sagt sie. „Ich bin Studentin und verbringe meine Freizeit in Unternehmerkreisen. Informationstechnologie knistert überall in der Luft. Ich wollte ihre Grundlagen kennenlernen und wissen, wie Webseiten und Apps gemacht werden, ob es schwierig ist oder ob sie eigentlich jeder erstellen kann.“

Boychenko beschloss, die Veranstaltung Rails Girls zu besuchen, ein Non-Profit-Workshop, der Frauen das Programmieren von Webanwendungen und Software näher bringen will. Nach Ruby on Rails benannt, einem quelloffenem Web Application Framework, hat sich Rails Girls aus einem einzigen Event in Finnland mittlerweile zu einer weltweiten Bewegung entwickelt.

In zwei Tagen von Konsumentin zu Designerin

|||Foto: Codecademy

Linda Liukas ist Gründungsmitglied von Rails Girls. Sie will, dass mehr Frauen von der Online-Konsumentin zur Webkreatorin umschwenken. Foto: Codecademy

„Rails Girls ist ein Versuch, jungen Frauen auf spielerische und zugängliche Weise erste Erfahrungen mit dem Software-Metier zu vermitteln“, sagt Linda Liukas, die die Bewegung gemeinsam mit Karri Saarinen gegründet hat. „Ich habe damit eigentlich nur mein eigenes Bedürfnis erfüllt. Ich wollte unbedingt Programmieren lernen, aber in einem behüteten Umfeld.“

An zwei Tagen hören sich die Teilnehmer ihre freiwilligen Coachs an, wobei die diversen Themen von der Konzeption eines Apps bis zur sozialen Kultur rund um die Software-Entwicklung reichen. Programmiererinnen erläutern hier auch ihren beruflichen Werdegang, und die Teilnehmerinnen erhalten eine Einführung in die Programmierung und den kontextbezogenen technischen Fachjargon. Es findet Gedankenaustausch statt, man isst Snacks und hat Spaß. Aber der wichtigste Teil des Events ist das Machen: Bis Veranstaltungsende haben alle teilnehmenden Frauen codiert und eine einfache Webanwendung erstellt.

„Alles in allem bringt der Workshop die Girls auf den Weg, vom Benutzer zum Macher zu werden, vom Online-Konsumenten zum Webentwickler, denn er schafft einen Einstieg, die Sprachen und Layouts des Webs zu verstehen“, sagt Liukas.

Seit dieser ersten Veranstaltung im Oktober 2010 hat sich Rails Girls auf der ganzen Welt verbreitet, von Peking nach Paris, von Lissabon nach Kiew. Leitfäden für lokale Veranstalter stehen jetzt in einer Vielzahl von Sprachen zur Verfügung, ob Japanisch oder Russisch. Bald findet das 100. Event statt.

In Finnland gegründetes Web

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In den Rails-Girls-Workshops lernen die Teilnehmerinnen von Frauen und Männern, die bereits in der Technologiebranche tätig sind. Foto: lynnwallewnstein/flickr cc by-nc-sa 2.0

„Rails Girls benutzt ein quelloffenes Non-Profit-Modell, wodurch wir uns rasch verbreiten konnten“, sagt Liukas. „Es ist eine Bewegung geworden, denn beim Internet geht es total um die gemeinsame Nutzung. Das Grundgerüst des gesamten Webs wurde in Finnland mit Open-Source-Technologien wie MySQL, Git, Linux und SSH gebaut. Es war für uns selbstverständlich, etwas zu schaffen, das allen zugutekommt. Wenn man das mit der skandinavischen Ethik von Gleichstellung und dem erstklassigen Bildungssystem in Zusammenhang bringt, dann können die Rails Girls einfach nur hier in Helsinki entstanden sein.“

Die Organisation wird vom Aalto-Zentrum für Unternehmertum unterstützt. Alle Events werden von lokalen Sponsoren finanziert, und freiwillige, ortsansässige Fachleute bilden das Personal. Henrietta Kekäläinen hilft europäischen Veranstaltern dabei. Sie sagt, es sei wichtig, dass sich die Gemeinschaft vor Ort dafür engagiert.

„Wir haben beobachtet, dass die Ergebnisse besser sind, je stärker die Technologie- und Programmiergemeinschaften vor Ort darin eingebunden sind“, sagt sie. „Rails Girls verfolgt keine selbstsüchtigen, kommerziellen oder nationalen Ziele. Es geht wirklich um das Wohl der Gemeinschaft und darum, mehr Frauen und Einsteiger die technische Seite der Dinge näher zu bringen.“

Und sie haben auf jeden Fall Resultate beobachten können. Kekäläinen zitiert ein Beispiel aus Krakau:

„Letztes Jahr sind wir zur Europäischen Rails-Konferenz Railsberry gereist, und Linda gab dort ihren Vortrag, bei dem sie allen Material zu Rails-Girls vorlegte“, erzählt sie. „Es gab damals auf der 350-köpfigen Konferenz nur fünf Frauen, wenn man von den bewundernswerten Veranstalterinnen absieht. In diesem Jahr betrug der Frauenanteil an der 400 Personen starken Konferenz zehn Prozent. Ich musste beinahe für das WC Schlange stehen.“

http://youtu.be/_rkkFdQeBlA

Schauen Sie sich die Präsentation von Linda Liukas “Was jedes Mädchen übers Programmieren wissen muss” bei Railsberry 2012 an (die Präsentation beginnt bei 1:50).

Von David J. Cord, August 2013