Der vorbildliche, internationale Ruf, den sich Finnland in der Wetterforschung erworben hat, wird bei unserem Treffen mit Petteri Taalas deutlich. Taalas ist ehemaliger Leiter des Finnischen Meteorologischen Instituts und seit Januar 2016 amtierender Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie (WMO).
Ausländische Besucher sind oft erstaunt, dass in Finnland auch bei unwirtlichstem Winterwetter alles zu funktionieren scheint. Einen wesentlichen Beitrag hierzu leisten die ausgezeichneten Wetterprognosen des Finnischen Meteorologischen Instituts (FMI) – einer der ältesten und anerkanntesten nationalen meteorologischen Einrichtungen der Welt.
„Etwa die Hälfte der 720-köpfigen Belegschaft des FMI arbeitet in der Forschung und Entwicklung, aber wir stellen unseren Kunden auch ein breites Spektrum von Wetterprognosen und -warnungen bereit, vor allem im Transportsektor“, veranschaulicht Petteri Taalas, der nach seiner elfjährigen Tätigkeit als Generaldirektor des FIM in den nächsten vier bis acht Jahren die WMO leiten wird.
„Snow Business“
Taalas listed die Spezialgebiete des FMI auf. Hierzu zählen neben der Überwachung der Schnee- und Eisverhältnisse auch Winterwetterprognosen für Eisbrecher und andere Schiffe in der vereisten Ostsee sowie die Unterstützung des finnischen Winterdienstes. „Wir sind stolz darauf, in vielen Bereichen solides Fachwissen erworben zu haben.“ Was die Veröffentlichung wissenschaftlicher Artikel anbelangt, liegen wir unter den meteorologischen Instituten weltweit auf Rang zwei.“
Jetzt hofft Taalas, die WMO bei der weltweiten Umsetzung finnischer Errungenschaften durch den Transfer moderner Fachkompetenz unterstützen zu können. Sie soll anderen meteorologischen Instituten die Bereitstellung kundenorientierter Hightech-Dienstleistungen ermöglichen, insbesondere in Entwicklungsländern.
Das FMI selbst ist heute in mehr als 50 Ländern weltweit tätig. In Nepal leiten finnische Experten ein wichtiges, von der Weltbank finanziertes Projekt, das auf die Optimierung der Beobachtungsdaten nationaler Wetterdienste abzielt. Es soll Prognosen und Warndienste bereitstellen, von denen alle profitieren – von Flughafenbetreibern bis hin zu Farmern im Himalaja.
„Das FMI selbst ist heute in mehr als 50 Ländern weltweit tätig.“
Vom Klimawandel überschattet
„Derartige Tätigkeiten werden heute infolge des Klimawandels und der damit verbundenen Gefahr extremer Wetterereignisse dringender benötigt als je zuvor“, erläutert Taalas. „Auch wenn der Klimawandel nicht das Ende der Welt bedeutet, belegen wissenschaftliche Fakten eindeutig, das er der Menschheit in den kommenden Jahrzehnten große Probleme bereiten wird – und noch lange darüber hinaus, wenn wir nicht entschlossen eingreifen.“
Taalas befürchtet, dass häufigere Überschwemmungen oder Dürren in von der Subsistenzwirtschaft abhängigen Regionen eines Tages zu einem starken Zustrom von Klimaflüchtlingen führen werden. Der globale Anstieg der Meeresspiegel hingegen könne bedeuten, dass tiefliegende Regionen oder sogar ganze Inselstaaten evakuiert werden müssten.
Als Meteorologe mit internationalem Zuständigkeitsbereich betont Taalas, wie wichtig es ist, politischen Entscheidungsträgern die Befürchtungen von Wissenschaftlern wirksam zu vermitteln. Es gehe darum, die Klimabeurteilungen und -Szenarien des von der WMO ernannten Weltklimarates durch eine Schätzung der enormen wirtschaftlichen Kosten zu ergänzen, die mit einer ungebremsten globalen Erwärmung verbunden seien.
Kosteneffiziente Wetterdienste
„Das FMI beschäftigt eigene Ökonomen, die sich auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimaschutzes, auf Anpassungsmaßnahmen und auf die wirtschaftlichen Vorteile unserer Arbeit für die Gesellschaft konzentrieren“, legt er dar. „Wir haben festgestellt, dass nationale Investitionen in Wetterdienste einen fünf bis zehn Mal höheren wirtschaftlichen Gewinn abwerfen können und zwar infolge von Einsparungen, die durch bessere Wetterdaten und Frühwarnsysteme erzielt werden.“
Globale Klimaschutzbemühungen müssen mit einer deutlichen Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energiequellen und mit Energiesparmaßnahmen Hand in Hand gehen. Die Bereitstellung neuer Dienstleistungen für eine optimierte Nutzung von Solarenergie, Wind- und Wasserkraft ist ein weiteres brandaktuelles Thema für das FMI.
Die einschneidenden Auswirkungen des Klimawandels sind zu einem gewissen Grad bereits in der Arktis zu spüren, wo die globale Erwärmung das Eis ehemals zugefrorener Seewege nach und nach zum Schmelzen bringt. Mit einer Zunahme des Seeverkehrs in arktischen Gewässern ist zu rechnen, und finnische Experten haben in Bezug auf Dienstleistungen zur Erhöhung der Navigationssicherheit in den Eismeeren viel zu bieten.
Ein Lichtblick
Die verstärkten globalen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels eröffnen Unternehmen, die Technologien und Dienstleistungen für den Klimaschutz bzw. für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels bereitstellen, neue Möglichkeiten.
Der finnische Klimaführungsrat bringt zahlreiche führende finnische Unternehmen und Forschungsorganisationen an einen Tisch, die sich dafür engagieren, Antworten auf den drohenden Klimawandel zu finden. Gemäß einer kürzlich durchgeführten Studie des Hauptverbandes der finnischen Wirtschaft, sehen knapp 3.000 finnische Unternehmen den Klimaschutz als Geschäftschance.
„Zu den Stärken Finnlands im Rahmen des Klimaschutzes zählen unter anderem neue Technologien für die Optimierung der Energieeffizienz sowie Fachwissen über die nachhaltige Nutzung von Wäldern und Energieerzeugung aus erneuerbarer Forstbiomasse“, hebt er hervor.
Trotz der eindeutigen Gefahr eines katastrophalen Klimawandels sieht Taalas Grund zum Optimismus, solange die internationale Gemeinschaft den politischen Willen aufbringe, gemeinsam zu handeln. In den 1990er-Jahren hatte er seine Dissertation dem Abbau der Ozonschicht gewidmet – eine globale Bedrohung, die nun glücklicherweise unter Kontrolle sei. „Bei der Bekämpfung des sauren Regens und des Abbaus der Ozonschicht konnten wir bereits zwei Erfolge verzeichnen, bei der die Welt auf vordringliche Probleme in der Erdatmosphäre reagierte, nachdem Wissenschaftler darauf hingewiesen hatten.“
„Investitionen in Wetterdienste können einen fünf bis zehn Mal höheren wirtschaftlichen Gewinn abwerfen.“
Überwachung weltweiter KlimawarnungenDie Arbeit des Finnischen Meteorologischen Instituts in Bezug auf den Klimawandel umfasst die detaillierte Überwachung der zunehmenden atmosphärischen Konzentration von Treibhausgasen, welche die globale Erwärmung verursachen. Hierzu gehören unter anderem Kohlendioxid und Methan. „Ergänzend zu unseren Messstationen in Finnland erfassen wir Daten an FMI-Stationen in der Antarktis, in Sibirien, Südafrika und im indischen Himalaja“, zeigt Petteri Taalas auf. Die hochmodernen Wetterstationen des FMI in Pallas und Sodankylä in Finnisch-Lappland sind außerdem ein wichtiges Bindeglied in einem internationalen Messstationsnetz, das Daten zum Programm „Globale Überwachung der Atmosphäre“ (GAW) der WMO beisteuert. Taalas unterstreicht die Bedeutung des Programms für die fortlaufende globale Überwachung der Konzentration von Treibhausgasen in der Erdatmosphäre. „Um Wege für eine wirksame Bekämpfung des Klimawandels zu finden, reicht eine einfache Messungen der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre nicht aus, da wir auch den gesamten Kohlenstoffzyklus verstehen müssen – und wissen müssen, was genau mit weiteren Kohlenstoffemissionen geschieht“, konkretisiert er. Die Kohlenstoffströme zwischen der Erdatmosphäre und Kohlenstoffsenken wie Meeren und Wäldern müssten gemessen werden. Die Meeres- und Atmosphärenforschungsstation des FMI in Utö, einer abgelegenen Insel im Golf von Finnland, setzt hochmoderne Geräte für die Erfassung physikalischer, chemischer und biologischer Echtzeitdaten über und unter Wasser ein. Utö ist eine von vier Atmosphärenmessstationen in Finnland. Die Stationen sind maßgeblicher Bestandteil des integrierten Kohlenstoff-Beobachtungssystems (ICOS). ICOS ist ein europaweites Forschungsnetz, das sich auf Treibhausgasbilanzen und Kohlenstoffzyklen spezialisiert. Es wird von der FMI-Zentrale in Helsinki geleitet, umfasst 50 Stationen in 15 Ländern und spiegelt das ausgeprägte finnische Interesse an internationalen Maßnahmen zur Bekämpfung von Klimaproblemen wider. „Wir erfassen auch Daten in der Antarktis, in Südafrika und im indischen Himalaja.“ |
Und so funktioniert es
Erstklassige meteorologische Instrumente
Präzise meteorologische Echtzeitdaten werden heute dringender benötigt denn je, vor allem in Städten und Regionen, die extremen Wetterereignissen ausgesetzt sind. Der globale Umwelt- und Industriemesstechnikspezialist Vaisala mit Hauptsitz in Finnland bietet ein breites Spektrum meteorologischer Instrumente an – von Wind-, Regen- und Blitzsensoren bis hin zu Wetterradars und komplett automatisierten Wetterstationen. Zu den wichtigsten Kunden des Unternehmens gehören unter anderem Flughäfen, Unternehmen für Straßen- und Schienentransport, Schiffsbetreiber und nationale metereologische Institute auf der ganzen Welt.
Sicherheit für die arktische Seeschifffahrt
Die Klimaerwärmung macht die Nordpolarregion für neue Schiffs- und Handelsrouten zugänglich – und auch für die umstrittene Erforschung natürlicher Ressourcen. Finnland und weitere Mitgliedsstaaten des Arktischen Rates möchten eine sichere und nachhaltige Erschließung der Region sicherstellen. Das Helsinkier Schifffahrtsunternehmen Arctia Ltd. betreibt die finnische Eisbrecherflotte in der Ostsee seit über 100 Jahren und sorgt dafür, dass der Seeverkehr auch im Winter nicht zum Erliegen kommt. Die Bedingungen in den neu erschlossenen arktischen Seerouten sind mit denen der Ostsee vergleichbar. Arctia Ltd. ist mit seiner Eisbrecherflotte schon aktiv im Nordpolarmeer unterwegs, um die dortigen Seewege auf effiziente, sichere und umweltverträgliche Weise schiffbar zu halten und stützt sich dabei auf seine eingehende Erfahrung über das Verhalten des Meereises.
Von Fran Weaver, Januar 2016