Ein wahrgewordener Traum: So beschreibt die Fußballerin Linda Sällström die Qualifikation der finnischen Nationalmannschaft für die UEFA-Frauen-Europameisterschaft 2022 in England.
Angesichts der zahlreichen Verletzungen in ihrer langen Karriere, ist es umso bemerkenswerter, dass sie (zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels im Sommer 2021) mit 48 Toren in 107 Länderspielen Torschützenkönigin der finnischen Frauen ist. Sie will den von Anna Westerlund mit 131 Länderspielen gehaltenen finnischen Rekord bei den Frauen brechen. Für Sällström ist es die zweite Europameisterschaft und sie kann es kaum erwarten.
Sehr homogenes Team
„Ich bin so glücklich, dass wir uns qualifiziert haben“, sagt Sällström. „Wir hatten uns das ganz fest vorgenommen und ich habe lange davon geträumt. Es war klasse zu sehen, wie groß das Interesse der finnischen Medien zunächst an der ersten Qualifikation der Männer für die Europameisterschaft in diesem Sommer war und jetzt an der Turnierteilnahme der Frauenmannschaft im nächsten Jahr.“
Die Frauen-Nationalmannschaft hat sich bisher dreimal für die Europameisterschaft qualifiziert, während die Männer-Nationalmannschaft vor der 2021 ausgetragenen EM noch nie an einer Europameisterschaft teilgenommen hatte.
Sällströms später Siegtreffer im vorletzten Qualifikationsspiel in Helsinki gegen Portugal sicherte Finnland den ersten Platz in der Qualifikationsgruppe. Die Saison 2020-21 ist ihre dritte mit Paris FC in der hart umkämpften französischen Frauenliga, und Sällström ist eine der erfahrensten Spielerinnen im finnischen Team. Als wichtige Spielerinnen nennt sie die Innenverteidigerin Natalia Kuikka, die kürzlich in der National Women’s Soccer League in den USA von Portland unter Vertrag genommen wurde, sowie die Torhüterin Tinja-Riikka Korpela, die für Everton in der englischen Liga spielt. Aber Sällström betont vor allem den Teamgeist der finnischen Mannschaft.
„Unsere Stärke ist, dass wir eine sehr homogene Mannschaft sind und nicht nur ein paar gute Einzelspielerinnen haben. Und als Team bringen wir eine gute Leistung“, sagt sie. „Das macht es der Trainerin schwieriger, die Startelf zu nominieren.“
Große Leistung
Diese Trainerin ist die ehemalige schwedische Spielerin und Ex-Trainerin der schottischen Nationalmannschaft Anna Signeul, und sie ist von Finnlands Erfolg ebenso begeistert. „Es ist in mehrfacher Hinsicht fantastisch“, sagt sie.
„Ich freue mich so sehr für die Spielerinnen, die Mitarbeiter und den Fußballverband. Die harte Arbeit, der Einsatz und das Engagement, die in die Qualifikation gesteckt wurden, waren enorm. Dies war ein außerordentlich anstrengendes Jahr. Viele der Spielerinnen, die im Ausland spielen, konnten nicht zu ihren Familien und Angehörigen reisen, deshalb bin ich sehr froh, dass sich unser Einsatz letzlich ausgezahlt hat“, fügt Signeul hinzu.
„Es war fantastisch, mit diesem Team zu arbeiten – ich bin sehr stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben.“
Hinter der Verpflichtung von Signeul stand das ausdrückliche Ziel, Finnland für die EM zu qualifizieren und sie kann als Teil der erneuerten Strategie des finnischen Fußballverbands gesehen werden, den Männer- und Frauenfußball auf allen Ebenen voranzubringen. Die Zuversicht der Frauen-Nationalmannschaft reflektiert dieses Bestreben nach Weiterentwicklung.
„Die finnischen Spielerinnen haben ein sehr großes Herz“, sagt die Trainerin. „Sie arbeiten extrem hart für den Erfolg. Jeden Tag versuchen sie, besser zu sein, als am Tag zuvor. Sie sind ungemein ehrgeizig. Dieser Durchhaltewille war sehr deutlich in unseren Qualifikationsspielen zu sehen, in denen wir fast mit dem letzten Schuss noch Siegestore erzielten.“
Sicherung der Zukunft
Es gibt aber immer etwas zu tun. „Der finnische Frauenfußball kann gut mithalten mit anderen Nationen in Europa und der Welt. Aber es gibt einige Bereiche, auf die wir uns konzentrieren müssen, um einen fortlaufenden Nachschub an talentierten Spielerinnen zu gewährleisten“, betont Signeul.
„Wir müssen unseren talentiertesten Spielerinnen weiterhin gute Möglichkeiten bieten und wir brauchen eine enge Beziehung zwischen den Vereinen und den Nationalmannschaften. Ein starker Wettbewerb auf Vereinsebene ist der Schlüssel für den Fussball in Finnland, wenn wir die Qualifikation für große Turniere in Zukunft zu einem Teil unserer DNA machen wollen.“
Im Sommer 2021 standen die Herrenmannschaft und ihr eigenes Euro-Abenteuer im Rampenlicht. Wegen der Covid-19-Pandemie werden sowohl die Männer- als auch die Frauen-Europameisterschaft ein Jahr später ausgetragen als ursprünglich geplant.
Die Männermannschaft trägt den Spitznamen Huuhkajat („Uhus“) seit 2007, als ein Uhu während eines Spiels gegen Belgien über das Spielfeld im Olympiastadion von Helsinki segelte. Während das EM-Turnier der Männer im Juni und Juli 2021 stattfand, bereitete sich das Frauenteam weiter auf den Sommer 2022 vor. Auch die Frauen haben ihren eigenen Spitznamen: Helmarit („Raufußkäuze“). Im Herbst 2021 werden die ersten Qualifikationsspiele für die Frauen-WM 2023 ausgetragen.
„Die Auslosung für die [Euro 2022]-Endrunde findet im Herbst in England statt, und wenn wir die Mannschaften in unserer Gruppe kennen, werden wir uns zusammensetzen und die Ziele für unser Team festlegen“, sagt Signeul. „Darauf freuen wir uns schon.“
Von Tim Bird, August 2021