Vor der finnischen Küste findet man an zahlreichen Orten Inselgemeinden, doch ein Blick auf die Landkarte genügt, um festzustellen, dass sich das dichteste Schärengebiet rund um die südwestliche Spitze des Landes bis in die Ostsee erstreckt.
Die gesamte Küsten- und Schärenregion verfügt über jahrhundertealte Traditionen in den Bereichen Fischerei und Handel, ganz zu schweigen von der Landwirtschaft und Jagd. Auch heute noch pflegen die Menschen dort viele dieser Traditionen.
Archipelkenntnisse
Schauen Sie sich an, wie Kinder auf einer südwestfinnischen Insel im Rahmen ihres Schullehrplans etwas über die Natur, Bootfahren und Angeln lernen.Video: Erika Benke/ ThisisFINLAND
Auf einer Insel, etwa 35 Kilometer von Turku und 200 Kilometer westlich von Helsinki entfernt, gibt es eine Gemeinde, die sich auf Schwedisch Nagu und auf Finnisch Nauvo nennt. (Beides sind Amtssprachen in Finnland.) Die örtlichen Kinder besuchen die Kyrkbacken-Schule, die einen neuen Lehrgang eingeführt hat, der das kulturelle Erbe des Archipels an die nächste Generation weitergeben soll.
Die „Archipelkenntnisse“ betitelte Klasse steht ganz im Einklang mit der Notwendigkeit eines nachhaltigen Lebens.
„Was wir lernen werden, ist, wie man Essen zubereitet und wie man in der Natur überlebt“, sagt die 14-jährige Ina, die gerade ein Boot mit einem perfekten Knoten am Steg festgemacht hat.
Edvin, 13, ist am Pier und hilft einer Gruppe Siebenjähriger, sich erstmals im Angeln zu üben. „Wir bereiten aus dem Fisch, den wir fangen, eine Mahlzeit zu“, sagt er. „Ich finde, dass das wirklich etwas Besonderes ist. So etwas kann man nicht überall machen.“
Åsa Sundström, die Direktorin der Kyrkbacken-Schule, sagt, dass in jeder Schulstufe Archipelkenntnisse vermittelt werden. „Die Kinder lernen, ein Boot zu rudern, zu navigieren, Fische zu fangen und im Meer zu schwimmen“. „Das traditionelle Leben im Archipel ist ziemlich nachhaltig, daher stärken wir mit diesen Aktivitäten auch das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Klimawandel.“
Ein besseres Verständnis
Hinter den „Archipelkenntnissen“ steckt der Biologielehrer Peter Rönnberg. Im vergangenen Jahr waren die Fähigkeiten der Kinder, mit einem Boot umzugehen, so weit vorangeschritten, dass sie ohne Eingreifen ihrer Lehrer nach Turku und zurück navigieren konnten.
„Es war eine dreistündige Fahrt hin und zurück, und das im Alleingang durch die Schären“, stellt Rönnberg stolz fest. Während des epischen Ausflugs saß er in einem der Boote, musste den Kindern aber nicht helfen, sich zurechtzufinden. „Sie haben Überlebensfähigkeiten erlernt, die für die hier seit Jahrhunderten lebenden Menschen sehr wichtig sind“, erläutert er.
Ihm zufolge verstehen bereits die Kleinsten, dass sie durch den Fischfang weniger Lebensmittel im Supermarkt kaufen müssen. „Übermäßiger Konsum trägt zum Klimawandel bei, und die Kinder lernen aus erster Hand, was sie dagegen tun können.“
Laut Rektorin Sundström hat der Kurs „Archipelkentnisse“ den Kindern ein größeres Verantwortungsbewusstsein für ihre Region vermittelt. Sie verstehen besser, warum sie recyceln und Müll einsammeln müssen. „Das ist der einzige Weg sicherstellen, dass sie die Natur schützen und Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ergreifen werden“, sagt Sundström.
Von Erika Benke, November 2023