Finnisches Artek-Design ist fast ein Jahrhundert nach Firmengründung immer noch aktuell

Das finnische Designunternehmen Artek feiert sein 90-jähriges Bestehen. Eine kanadische Reporterin schildert, wie die zeitlosen Möbel der Firma ihr Zuhause geprägt haben und warum deren Vermächtnis weiterlebt.

Ich hatte mich schon vor langer Zeit in finnisches Design verliebt.

Als ich kürzlich von Toronto nach Helsinki zog, wollte ich mein Leben vereinfachen. Ich verschenkte den Großteil meines Hausrats und kam mit nur wenigen liebgewonnenen Besitztümern hierher, darunter der Vintage-Artek-Hocker 60.

Dieses Stück wurde zum Ausgangspunkt für die Gestaltung meiner Traumwohnung.

Ich fügte noch ein paar weitere Hocker, eine Aalto-Liege, einen Vintage-Stuhl 611 mit rosa Gurtengeflecht, einige Kori-Pendellampen und einen Lento-Tisch von Harri Koskinen hinzu – alles Artek-Produkte. Als ich meine Fundstücke in den sozialen Medien postete, sah ein Freund die Hocker und scherzte, dass ich bald einen Kindergarten eröffnen könnte.

Die Einrichtung meiner Wohnung bestand also aus diesen Artek-Stücken, ergänzt durch einige Flohmarktschätze und ein paar Gegenstände aus finnischen Designläden.

Eine neue Art des Wohnens

Ein Raum in einem Möbelladen enthält unter anderem Stühle, Glaswaren und an einer grünen Wand aufgehängte Bilder.

Artek kam in den 1920er Jahren als kühnes, neues Konzept auf den Markt, das in seinen Möbeln Idealismus mit Innovation verknüpfte.
Foto: Emilia Kangasluoma

Artek wurde 1935 von den modernistischen Designpionieren Aino und Alvar Aalto, der Kunstmäzenin Maire Gullichsen und dem Kunsthistoriker Nils-Gustav Hahl gegründet. Ihr Ziel war, eine neue Art des Wohnens zu fördern, eine, die Kunst und Technik zu einem funktionalen, eleganten Design vereinte.

Der Name Artek selbst spiegelt die Verschmelzung von Kunst und Technik wider, Konzepte, die für die modernistische Bewegung der 1920er Jahre von zentraler Bedeutung waren. Das Unternehmen stellte eine kühne, neue Idee dar, die Idealismus und Innovation miteinander verband.

Vielerlei Feierlichkeiten

Ein Schwarz-Weiß-Foto zeigt eine Frau und einen Mann, die vor dem Hintergrund einer bewaldeten Küste ein Segelboot steuern.

Modernist design pioneers Aino Aalto and her husband Alvar were two of the cofounders of Artek in 1935. (de translation)Foto: Alvar Aalto Museum

Die modernistischen Designpioniere Aino Aalto und ihr Ehemann Alvar Aalto gehörten 1935 zu den Mitbegründern von Artek.

Anlässlich des 90-jährigen Firmenjubiläums im Jahr 2025 präsentierte Arteks Flagship im Zentrum von Helsinki eine spezielle Jubiläumskollektion, darunter die „Artek + Mumin“-Serie mit den von der finnischen Künstlerin und Autorin, Tove Jansson, geschaffenen Mumin-Figuren. (Das erste Mumin-Buch erschien 1945 und feiert somit im selben Jahr wie Artek 90 wird seinen 80. Geburtstag.)

Die „Artek + Mumin“-Serie umfasst klassische Aalto-Möbel, in die Janssons frühe Zeichnungen und handschriftliche Texte eingraviert sind. Auf einem Hocker steht: „Oh! Wie mutig du bist!“, während ein anderer ausruft: „Schlag mich rosa!“

Im Ausstellungsraum wurde Janssons Atelier nachgebildet, komplett mit Muscheln, einer Staffelei und Vorhängen mit Meeresmotiven. Der Raum enthielt auch ein Gästebuch aus der Villa Mairea, der ikonischen Residenz, die die Aaltos für die Gullichsens entworfen hatten. Es war dort geöffnet, wo Jansson sich in den 1940er Jahren eingetragen und eine Notiz sowie ein Aquarell des Hauses hinterlassen hatte.

Schon früher geliebtes und gelebtes finnisches Design

Ein Mann in einem hellen Pullover sitzt in einem Raum mit Möbeln und Dekorationsgegenständen.

Artek 2nd Cycle-Laden bringt Artek-Möbel wieder in Umlauf und ist mehr als nur ein Geschäft, so sein Leiter, Antti Tevajärvi.
Foto: Emilia Kangasluoma

Arteks Einfluss geht weit über Gedenksammlungen hinaus. Sein Engagement für Nachhaltigkeit und Langlebigkeit von Design wird durch den Artek 2nd Cycle verkörpert, eine 2006 ins Leben gerufene Plattform für die Wiederverwendung gebrauchter, aber noch funktionsfähiger Artek-Möbel. Leiter Antti Tevajärvi sieht darin mehr als nur ein Geschäft. „Artek 2nd Cycle ist eine kontinuierliche Forschungsplattform für die vergangenen 90 Jahre des erfolgreichen Artek-Designerbes“, bekundet er. „Artek wird stets gefeiert, auch wenn es kein Jubiläumsjahr ist.“

Ursprünglich geschaffen, um die Patina und Langlebigkeit von Aalto-Hockern zu präsentieren, eröffnete 2nd Cycle 2010 im Design-Viertel von Helsinki seinen eigenen Laden. Für Liebhaber finnischen Designs kann sich ein Besuch wie eine Pilgerreise anfühlen. Der riesige unterirdische Laden beherbergt eine eklektische Mischung aus Artek-Originalen, manche liebevoll benutzt, andere selten.

Immer noch in Produktion

Ein Mann in einem Möbelladen trägt einen gelben Hocker an einem langen Tisch vorbei, der von Stühlen und anderen Möbeln flankiert wird.

Der riesige unterirdische Raum des Artek 2nd Cycle beherbergt eine eklektische Mischung aus Artek-Originalen.
Foto: Emilia Kangasluoma

Neben den Klassikern wie dem Hocker 60 können Besucher auch Maire Gullichsens elegante Glaslampe, Maija Heikinheimos Kaffeekanne aus Messing und Kupfer oder Yrjö Kukkapuros skulpturalen Loungesessel „Karuselli“ in Augenschein nehmen. Das ständig wechselnde Sortiment des Ladens erzählt die Geschichte finnischer Wohnkultur und deren Ästethik über Generationen hinweg. Artek „nimmt einen ganz besonderen Platz in der Geschichte des internationalen Modernismus ein“, so Tevajärvi.

Fast 100 Jahre nach der Gründung von Artek werden zahlreiche der von den Gründungsmitgliedern und ihren nachfolgenden Designern entworfenen Einrichtungsgegenstände noch immer produziert. Das Unternehmen ist nach wie vor relevant – nicht nur in kuratierten Museumsausstellungen oder eleganten Innenräumen, sondern auch im Alltag derjenigen, die seine Designprodukte benützen.

„Vielleicht ist es die organische, moderne Form, die Verwendung natürlicher Materialien, die innovative Technik mit menschlicher Note oder eine Kombination von all diesem, die unsere Anhängerschaft weiterhin besticht“, stellt Tevajärvi fest.

Von Karen MacKenna, Juli 2025

Das Aalto2-Zentrum des Alvar Aalto Museums präsentiert bis zum 14. September 2025 Artek-Designer in der Ausstellung „Visibly Invisible: Artek’s Drawing Office 1936–2004“ („Sichtbar unsichtbar: Arteks Zeichnungsstudio 1936–2004“).