Wie finnische Innovationen helfen, die maritime Industrie nachhaltiger zu gestalten

Zur Erreichung klimaneutraler Ziele muss die Nachhaltigkeit im Seefahrtbereich unbedingt verbessert werden. Wir berichten über die Fortschritte zweier finnischer Unternehmen: Norsepower, gegründet 2012, und Wärtsilä, dessen Anfänge bis ins Jahr 1834 zurückreichen.

Etwa 80 Prozent des weltweiten Warenhandels werden auf dem Seeweg abgewickelt, doch 98,8 Prozent der Schiffe fahren laut der UN-Handels- und Entwicklungsorganisation immer noch mit fossilen Brennstoffen. Das bedeutet, dass es von enormer Bedeutung ist, diese wichtige Industrie nachhaltiger zu gestalten, wenn wir unsere Netto-Null-Ziele erreichen wollen.

Das junge finnische Unternehmen Norsepower entwickelt Segel, allerdings nicht die Art von Segeln, die man auf Segelbooten sieht.

Es stellt Rotorsegel her, hohe rotierende Säulen, die sich den Magnus-Effekt zunutze machen. Das ist die gleiche Kraft, die es Fußballspielern ermöglicht, einen Ball zu kicken und ihn durch die Luft zu bugsieren.

Durch Elektromotoren drehen sich die Rotoren. Wenn der Wind von der Seite auf die Rotoren trifft, wird vorne eine Kraft erzeugt, mit der das Schiff vorwärtsgetrieben wird. Der Vorwärtsschub sollte die zum Drehen der Rotoren erforderliche Energie weitaus übersteigen.

„Frachtschiffe sind unser Hauptmarkt“, sagt Jarkko Väinämö, COO von Norsepower. „Wir haben unsere Segel aber auch auf Passagierschiffen montiert. Sie können auf dem Deck eines alten Schiffes installiert werden, aber sie funktionieren besser auf Schiffen, deren Rumpf speziell für Windkraft ausgelegt ist.“

Reduzierung von Kosten und Emissionen

Ein Frachtschiff mit drei ungewöhnlichen zylindrischen Masten liegt vor einem baumbestandenen Hügel vor Anker.

Die „Chinook Oldendorff“, ein Schiff, das mehr als 100.000 Tonnen transportieren kann, ist mit drei Rotorsegeln von Norsepower ausgestattet.Foto: Norsepower

Wie bei herkömmlichen Stoffsegeln hängt die Leistung der Rotorsegel von den Windverhältnissen und der richtigen Handhabung der Ausstattung ab. Normalerweise ergänzen Rotorsegel vorhandene Motoren, aber unter perfekten Bedingungen können Rotorsegel ein Schiff auch alleine vorwärtstreiben.

„Rotorsegel reduzieren gewöhnlich den Treibstoffverbrauch und die Emissionen um fünf bis 20 Prozent“, so Väinämö. „Wir arbeiten an einem Airbus-Transportschiff mit 6 Segeln und voraussichtlichen Einsparungen von 50 Prozent. Kürzlich fuhr ein französisches Schiff mit 50.000 Tonnen Tragfähigkeit mit nur zwei Rotorsegeln durch uns acht Knoten.“

Ein geringerer Treibstoffverbrauch senkt die Kosten, so dass Rotor-Segel für Reedereien zu einem überzeugenden Geschäftskonzept geworden sind. Strengere Vorschriften wie die „FuelEU Maritime“-Direktive für Treibstoffe fördern ebenfalls die Nachfrage nach saubereren Lösungen.

„Wir glauben, dass weltweit 20.000 Schiffe von Rotor-Segeln profitieren könnten“, sagt Väinämö. „Dies stellt eine potenzielle 60-Milliarden-Euro-Industrie dar.“

Ungehinderte Fahrt mit Akkus

Eine Frau mit Schutzhelm und blau-orangenfarbener Arbeitskleidung nimmt Einstellungen an einer Maschine vor.

Eine Angestellte arbeitet in der finnischen Westküstenstadt Vaasa in der Produktionshalle des Nachhaltigen Technologie-Hubs von Wärtsilä.Foto: Wärtsilä

Motoren in Personenkraftwagen haben sich von fossilen Brennstoffen über Hybride zu vollelektrischen Motoren entwickelt. Der gleiche Prozess findet in der Schifffahrt statt, und das finnische Unternehmen Wärtsilä steht im Zentrum dieser Umwälzung. Wärtsilä, 1834 gegründet, ist auf die Energie- und Schifffahrtsindustrie ausgerichtet.

„Die Resonanz auf diese Technologie verzeichnet ein exponentielles Wachstum“, sagt der Direktor des Geschäftsbereichs Elektro- und Energiesysteme bei Wärtsilä Marine, Torsten Büssow. „Wir haben bereits über 1.000 batteriebetriebene Schiffe ausgeliefert.“

Während Rotorsegel bei anhaltenden Winden auf Hochseefahrten am besten funktionieren, sind Batterien bei vielen Schiffstypen beliebt, die in Küstengewässern und auf kürzeren Strecken unterwegs sind. Dazu gehören Kreuzfahrtschiffe, Autofähren, Frachtschiffe und Hafenarbeitsboote. Eine Kategorie, die expandiert, ist der Elektroantrieb von RoPax-Schiffen, die Passagierschiffe und Autofähren in einem sind und häufig auf den Routen zwischen Helsinki und Stockholm in Schweden oder Tallinn in Estland verkehren.

„Wir haben kürzlich mit Finnlines an einem neuen RoPax-Schiff mit einem Hybridantriebssystem und 5 Megawatt Energiespeicher gearbeitet“, erläutert Büssow. „Sie könnten zum Manövrieren im Hafen oder in Sichtweite von Land beispielsweise den Elektroantrieb benutzen und auf See normale Motoren.“

Klimaneutralität bis 2050, aber wie

Auf einer Wasserfläche ist ein langes, schlankes weißes Schiff mit spitzem Bug zu sehen.

Das größte Elektroschiff der Welt, eine neue 130 Meter lange Hochgeschwindigkeitsfähre, die zwischen Argentinien und Uruguay verkehrt, verfügt über ein batterieelektrisches Antriebssystem und einen Wasserstrahlantrieb von Wärtsilä.Foto: Incat Tasmania/Wärtsilä

Das Endziel besteht natürlich nicht darin, den Kohlendioxidausstoß lediglich zu reduzieren, sondern ihn vollständig zu eliminieren. Dies ist mit vollelektrischen Schiffen erst dann möglich, wenn die Akkus mit Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne und Wasserkraft aufgeladen werden. Wärtsilä hat bereits sein elektrisches Antriebssystem für mehrere vollelektrische Schiffe geliefert und arbeitet derzeit an einer 130 Meter langen Hochgeschwindigkeitsfähre, die zwischen Argentinien und Uruguay verkehren wird. Es soll das größte Elektroschiff der Welt werden und von 40 Megawatt starken Batterien angetrieben werden.

Es gibt auch andere Möglichkeiten, Schiffe emissionsfrei zu betreiben, beispielsweise durch die Verwendung von Biokraftstoffen oder synthetischen Treibstoffen. Büssow glaubt, dass keine Universalerfindung, sondern eine Mischung aus Kraftstoffen und verschiedenen Technologien die maritime Industrie nachhaltig gestalten wird. Doch uns läuft die Zeit davon.

„Ein Schiff hält (sagen wir mal) 25 Jahre, und wir wollen bis 2050 klimaneutral werden, damit sind wir nur noch eine ‚Schiffslebensdauer‘ von unserer Frist entfernt“, stellt Büssow fest. „Wir müssen schnell handeln.“

Von David Cord, Dezember 2024