Durch das Artemis-Programm der NASA sollen zum ersten Mal seit 1972 wieder Menschen auf dem Mond landen. Für dieses enorme Projekt hat die NASA Mitarbeit aus der ganzen Welt angeworben. Organisationen wie die Europäische Weltraumorganisation und private Unternehmen beteiligen sich am Vorhaben.
Die Nokia of America Corporation, eine Tochtergesellschaft des finnischen Unternehmens Nokia, wurde 2020 ausgewählt, am NASA-Programm Tipping Point teilzunehmen, in dessen Rahmen Technologien für den Einsatz im Weltraum entwickelt werden. Nokia plant, 4G/LTE-Funkverbindungsausrüstungen auf der Mondoberfläche zu testen. Die Mission trägt den Namen IM-2 (IM steht für Intuitive Machines).
Errichtung eines lunaren Mobilfunknetzes
Die NASA will auf der Mondoberfläche ein Kommunikationssystem aufbauen, das die dauerhafte Präsenz von Menschen und Unternehmungen in großem Maßstab begünstigt. Menschen und angeschlossene Geräte müssen sich gegenseitig Informationen übermitteln können. Astronauten werden per Sprache und Video kommunizieren, die Rover werden Befehle empfangen sowie Sensordaten übermitteln, und wissenschaftliche Instrumente werden die Informationen weiterleiten, die sie gesammelt haben. Andere Technologien, wie das geplante LunaNet, würden die Interaktionen zwischen Erde und Mond übernehmen, doch die Kommunikation auf dem Mond könnte über ein 4G-System erfolgen.
„Auch wenn es bis zur Realisierung wahrscheinlich noch einige Zeit dauert, steckt dahinter der Gedanke, soll mit dieser Vision vor Augen eine Mondinfrastruktur entwickelt werden“, sagt Bernie Edwards, stellvertretender Cheftechnologe für Kommunikation und Navigation im Space Technology Mission Directorate der NASA.
Die Apollo-Astronauten kommunizierten auf dem Mond mit Very High Frequency (VHF) und S-Band-Systemen, aber diese Technologien werden für Artemis einfach nicht ausreichen.
„Herkömmliche Funkgeräte verfügen nicht über die erforderliche Datengeschwindigkeit und den notwendigen Datendurchsatz zur Unterstützung von Video-, Bild- und Datenübertragungen auf der Mondoberfläche“, erläutert Edwards.
„Anders als alle Mobilfunknetze auf der Erde.“
Der erste Schritt ist für Ende 2024 geplant. Eine SpaceX Falcon 9 Rakete mit der IM-2 Mission an Bord soll von Florida aus starten und in der Nähe des Mondsüdpols landen, wo die NASA die Astronauten niedersetzen will. Der Lander von Intuitive Machines wird mit Nokias 4G/LTE „Network in a Box“ und dessen Antenne ausgestattet sein, während die Rover über Benutzerausrüstungen und Rundstrahlantennen von Nokia verfügen werden.
„Obwohl es sich im Kern um ein 4G/LTE-System handelt, ist es mit keinem anderen Mobilfunknetz auf der Erde vergleichbar“, sagt Thierry E. Klein, Präsident von Bell Labs Solutions Research von Nokia. „Wir haben die Größe, das Gewicht und den Stromverbrauch des Netzsystems für den Betrieb im Weltraum optimiert und dabei die Netzkomponenten sorgfältig so konzipiert, dass sie den harschen Bedingungen auf der Mondoberfläche und den extremen dynamischen Belastungen der Raumfahrt standhalten.“
Man fragt sich vielleicht, wer das Netz installieren wird? „Das Netz wird sich autonom installieren, konfigurieren und autonom operieren sowie fernüberwacht und ferngesteuert werden“, so Klein.
Edwards erklärt, dass man sich für 4G statt für 5G entschieden habe, weil die Infrastruktur auf dem Mond den Entwicklungen auf der Erde weitgehend entsprechen sollte.
„5G befindet sich noch im Aufbau, und die Netzbetreiber sammeln immer noch Wissen und Erfahrung in Bezug auf die beste Vorgehensweise zu diesem Ziel“, stellt er fest. „Wir haben auf der Erde viel Erfahrung mit 4G, und ein Upgrade von 4G zu 5G ist ziemlich unkompliziert.“
Lunar Rover werden 4G benutzen
Sobald sie sicher auf dem Mond gelandet sind, werden sich die beiden Rover an die Arbeit machen. Der Rover Lunar Outpost MAPP (Mobile Autonomous Prospecting Platform) wird sich autonom bewegen, um die Oberfläche zu kartieren, Proben einzusammeln und zu untersuchen.
Der Micro-Nova Hopper von Intuitive Machines wird mit Hilfe von Raketen in schwer zugängliche Bereiche wie Krater springen, um dort nach Wassereis zu suchen. Es ist geplant, dass die Rover ihre Daten mit Hilfe der Technologie von Nokia an den Lander zurücksenden. Dies gleicht in der Funktion dem Internet der Dinge hier auf der Erde und soll ein wichtiger Test und Beweis dafür sein, dass es auch im Weltraum funktionieren könnte.
„Die Nokia 4G Tipping Point Demonstration wird die Eignung des Einsatzes von 4G-Kommunikationsstandards und -technologien auf der Mondoberfläche unter Beweis stellen“, sagt Edwards. „Die Demonstration wird die mit Hilfe von Hochfrequenzmodellen erstellten Leistungsprognosen validieren.“.
Das ist alles Teil eines Lernprozesses. „Wir werden lernen, wie gut das System in der einzigartigen Mehrwegeumgebung des Mondes funktioniert“, erklärt Edwards. „Wir werden Erfahrungen mit dem Aufbau fern der Erde und der Fernsteuerung eines lunaren 4G-Netzes sammeln.
Nokias Rolle in der zukünftigen Mondwirtschaft
Dieses Video zeigt, wie es aussehen wird, wenn ein Rover auf der Mondoberfläche stationiert wird.Video: Nokia Bell Labs
Die IM-2-Mission stellt nur einen Bruchteil von Nokias den Mond betreffenden Ambitionen dar. Gemeinsam mit der NASA führte das Unternehmen eine Studie über ein 3GPP-basiertes (Third Generation Partnership Project) Mondoberflächennetz für künftige Artemis-Missionen durch, und Nokia arbeitet dabei mit der U.S. Defence Advanced Research Projects Agency an der Entwicklung einer integrierten Multiservice-Architektur zur Unterstützung einer künftigen Mondökonomie.
„Die Menschheit war schon immer vom Weltraum fasziniert, und dieses Interesse hat sich im 21. Jahrhundert noch verstärkt“, sagt Klein. „Wir schicken immer mehr Menschen und Maschinen in den Weltraum, um ihn zu erkunden, zu studieren und sogar neue Geschäftsunternehmungen zu verfolgen.“
„Wo auch immer Menschen und Maschinen im Sonnensystem unterwegs sind, werden sie Kommunikationsmittel benötigen. Nokia ist darauf vorbereitet, diese Reise mit ihnen gemeinsam anzutreten.“
NASAs Zeitplan für die Rückkehr zum Mond
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Weiß jemand eigentlich, dass die Weltraumforschung für Finnland kein Fremdwort ist?Finnland blickt auf eine reiche Geschichte der Weltraumwissenschaft und -forschung zurück, die bis heute andauert. Geomagnetismus, Ionosphäre und Weltraumwetterstudien gehörten seit jeher zu den finnischen Stärken. Finnland hat sich auch der Zusammenarbeit verschrieben; in den 1980er Jahren stellte es einen Plasmaanalysator für die Marssonde Phobos 1 der Sowjetunion bereit und trat 1987 Gruppen wie der Europäischen Weltraumorganisation bei. Bell Labs, das mit der Übernahme von Alcatel-Lucent durch Nokia 2016 Teil von Nokia wurde, verfügt ebenfalls über außerirdische Erfahrungen. Bell Labs arbeitete mit der NASA zusammen, um Telstar 1, den ersten Kommunikationssatelliten zur Übertragung von Fernsehsignalen, 1962 zu starten, und half bei den Programmen Mercury, Gemini und Apollo. Die Bell Labs-Forscher Arno Penzias und Robert Wilson entdeckten 1964 die vom Urknall übrig gebliebene Hintergrundstrahlung, wofür sie 1978 den Nobelpreis für Physik erhielten. |
Von David J. Cord, Juni 2024